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Bildung und Beschäftigung - Nationales Forschungsprogramm
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Nationales Forschungsprogramm (NFP43) Bildung und Beschäftigung
Wie man die Beschäftigten fit hält für den Wande
Übergang Sekundarschule I in Sekundarschule II
Voraussetzung der Innovationsfähigkeit
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Bildung: Voraussetzung der Innovationsfähigkeit
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Das Schweizer Bildungswesen braucht mehr Profil

Das an Berufsbildern orientierte Modell des schweizerischen Bildungswesens war bis vor kurzem ein Erfolgsmodell. Ob dies so bleibt, ist aber ungewiss. Wie Mitglieder der Leitungsgruppe des Nationalen Forschungsprogrammsanlässlich der Abschlusstagung am 8. September 2004 in Bern betonten, müsste eine zukunftsweisende Ausbildung berufsunabhängige Fähigkeiten wie das Projektmanagement oder selbständige Lösen neuer Aufgaben stärker gewichten als bisher und mit einheitlichen Leistungstests in Schlüsselbereichen eine landesweit vergleichbare Minimalqualifikation garantieren. Akademikermangel und -schwemme sorgen immer wieder für Schlagzeilen, was naheliegend ist, handelt es sich dabei doch um teure Fachleute, deren Ausbildung im Wesentlichen die Steuerzahler finanzieren. Neu ins Blickfeld gerückt ist in den letzten zehn Jahren jedoch auch das Berufsbildungssystem.

Die duale Berufslehre gibt zu reden, weil das Lehrstellenangebot mit der Nachfrage nicht mehr mithält. Informatiklehrstellen wurden derart knapp, dass manche für einen solchen Ausbildungsplatz gerne bezahlen würden. Ein dringendes Problem stellt seit den 90er Jahren auch die Arbeitslosigkeit dar. Sorgenkinder sind dabei die Ungelernten. Es zeigt sich, dass Arbeitslosigkeit und Lehrstellenkrise nicht nur konjunkturelle Probleme sind, sondern mit dem strukturellen Wandel von der Industrie- zur Wissensgesellschaft zusammenhängen. Aus Sicht der Leitungsgruppe des NFP 43 stellt diese Entwicklung die Gesellschaft vor drei Herausforderungen: Wie ist auf den Wandel der Qualifikationsanforderungen zu reagieren? Wie lassen sich die heutigen Probleme beim übergang in weiterführende Ausbildungen, besonders ins Berufsbildungssystem, lösen? Auf welche strategisch wichtigen Themen müsste sich die Bildungspolitik konzentrieren? Ausgehend von diesen Fragen präsentierten an einer Medienkonferenz am 8. September in Bern Mitglieder der Leitungsgruppe des NFP 43 ihre Synthesen.

Prof. George Sheldon (Universität Basel) stellte in seinem Beitrag die Folgen des Qualifikationswandels ins Zentrum. Kann der Weiterbildungsmarkt Schweiz das Qualifikationsprofil der Erwerbsbevölkerung nach den Anforderungen der Arbeitswelt weiterentwickeln? Sheldon gibt dem Weiterbildungsmarkt gute Noten. Er warnt deshalb vor einer breitflächigen staatlichen Förderung der Weiterbildung. Damit würden in erster Linie jene Leute und Institutionen gefördert, die bereits heute weiterbildungsaktiv seien. Staatlichen Handlungsbedarf sieht Sheldon bei den Ungelernten. Auf deren Probleme, eine Stelle zu finden, reagiere heute zwar die Arbeitslosenversicherung mit Weiterbildungsmassnahmen, der Staat müsste aber eine präventive Strategie entwickeln. Es gelte zu verhindern, dass weiterhin 10 bis 15 Prozent aller Jugendlichen das Bildungssystem ohne einen nachobligatorischen Abschluss verlassen.

Unsicherer Weg zur nachobligatorischen Ausbildung

Prof. Fritz Osterwalder (Universität Bern) legte das Augenmerk auf die Unsicherheiten beim Übergang von der obligatorischen Schule (Sekundarstufe I) in weiterführende Ausbildungen. Das Bildungssystem habe sich derart verästelt, dass die traditionellen Auslesekriterien nicht mehr genügen. Betriebe, die Lehrlinge auswählen, greifen deshalb zu Eignungstests. Als Verbindungsglied zur Sekundarstufe II entwickelte sich zudem ein bunter Strauss an Zwischenlösungen. Ihnen fehlt ein genau umrissener Bildungsauftrag. Die unklaren übergänge stellen nach Osterwalder ein Gerechtigkeitsproblem dar. Speziell bei Frauen, bestimmten Immigrantenkindern und Schulschwachen kämen universalisierbare Auswahlkriterien wie Mathematiknoten zu kurz. Die Bildungspolitik müsse die Anschluss- und Zuweisungskriterien für die Sekundarstufe II klarer definieren und kommunizieren.

Männer und Frauen: andere Perspektiven

Dr. Martine Chaponnière (Genf) evaluierte das Programm im Hinblick auf die Berücksichtigung der Geschlechterperspektive. Sie musste feststellen, dass sich diese immer noch nicht von selbst versteht. Verschiedene Projekte des NFP43 zeigen, dass die unterschiedlichen Bildungs- und Beschäftigungsbiografien von Frauen und Männern fortbestehen. Die Arbeitswelt schiebe die Verantwortung für die Privatsphäre weiterhin den Frauen zu. Nur die Gratisarbeit der Frauen erhalte die heutige Arbeitsorganisation aufrecht. Es brauche hier ein Umdenken. Vor allem sei Teilzeitarbeit endlich gleich wie Vollzeitarbeit zu behandeln und die Weiterbildung von Personen, die eine Familienpause einlegen, zu fördern.

Für die Durchsetzung von Innovationen braucht es mehr als nur Technik, Wissenschaft und Bildung. Auch soziokulturelle Aspekte spielen laut Prof. Beat Hotz-Hart (BBT, Universität Zürich) eine Rolle. Wenn diese mehr berücksichtigt würden, liesse sich das intellektuelle Potential der Bevölkerung besser nutzen. Eine wirkungsvolle innovationspolitische Massnahme besteht aus der Sicht von Hotz-Hart darin, die fremdsprachigen Jugendlichen besser zu integrieren.

Bildungspolitische Schlussfolgerungen

Das an Berufsbildern orientierte Modell des schweizerischen Bildungswesens war bis vor kurzem ein Erfolgsmodell. Dessen Zukunft sei aber nicht gesichert, betont Prof. Karl Weber. Der moderne Arbeitsplatz verlange vor allem im Dienstleistungsbereich nicht nur nach traditionellen Berufsleuten; die Ausbildungen sollten vermehrt auch das selbständige Lösen neuer Aufgaben oder Tätigkeiten wie das Projektmanagement trainieren. Handlungsbedarf sieht Weber auch bei der Definition einer landesweit einheitlichen Minimalqualifikation (in Sprachkenntnissen, Computer-Literacy, Mathematik, sozialen Kompetenzen), damit der Anschluss an die Weiterbildung sicherstellt sei. Weiter wünscht sich Weber einen Stopp der Ausdifferenzierung des Bildungswesens. Auch die fortgesetzte Spezialisierung in der beruflichen Weiterbildung sei zu hinterfragen. Die Bildungsinstitutionen müssten sich ein unverwechselbares Profil geben. Dabei gelte es unter anderem, die Aufgabenverteilung zwischen Universitäten, Fachhochschulen und Höheren Fachschulen zu überprüfen.

Das seit dem Jahr 2000 laufende Nationale Forschungsprogramm "Bildung und Beschäftigung" (NFP43) hat zum Ziel, die Zusammenhänge zwischen Bildung und Beschäftigung zu untersuchen. Das vom Bundesrat in Auftrag gegebene Programm umfasst 31 Projekte aus den Disziplinen Pädagogik, Soziologie, ökonomie, Wirtschaftsgeschichte, Psychologie, Ethnologie und Politologie. über die Informationplattform "Forum Bildung und Beschäftigung" (www.nfp43.unibe.ch) diskutierten die Forschenden ihre Resultate jeweils direkt mit Vertretern aus der Praxis und mit anderen Forschenden. Auch haben verschiedene Projekte zu praktischen Anwendungen geführt. So etwa hat das Team von Prof. Fritz Oser ein Lehrmittel entwickelt, das Schülerinnen und Schülern hilft, den Frust über abgelehnte Bewerbungen zu bewältigen. Das mit acht Millionen Franken dotierte NFP43 ist am 8.September 2004 offiziell abgeschlossen, es erscheinen jedoch noch einige Publikationen. Sämtliche NFP43-Projekte und -Publikationen sind im Internet dokumentiert.

Quelle: Schweizerischer Nationalfonds 2004

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