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Politik und Social Media: Wie beeinflusst uns der Algorithmus? 2022
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Politik und Social Media: Wie beeinflusst uns der Algorithmus?

Demokratie funktioniert nur, wenn Bürgerinnen und Bürger informierte Entscheidungen treffen können. Doch was, wenn der Newsfeed so personalisiert ist, dass niemand mehr so genau weiss, welche Informationen wir eigentlich vorgesetzt bekommen - und von wem? Was die User/innen tatsächlich sehen, ist durch Algorithmen für den einzelnen, aber auch für die Wissenschaft teilweise zu einer Black Box geworden. Daher starten die Kommunikationswissenschafterin Sophie Lecheler und ihr Team an der Universität Wien einen "Datenspendeaufruf". So wollen sie politische Diskurse in Zeiten der Digitalisierung verstehen. Auch zum sogenannten Mikrotargeting im Wahlkampf bei der anstehenden Bundespräsidentschaftswahl in Österreich gibt die Expertin ihre Einschätzung.

Der freie Zugang zu Medien ist für eine "gesunde" Demokratie essentiell - schliesslich benötigen wir ausgewogene Informationen, um unsere (Wahl-)Entscheidungen treffen zu können. Doch was passiert eigentlich mit der Demokratie, wenn wir mehr und mehr in individualisierten Informationswelten leben und nur das konsumieren, was uns Google oder Facebook serviert? Wenn ich die Themen des Tages nicht mehr mit der Nachbarin diskutieren kann, weil "ihre" Neuigkeiten ganz andere sind als meine? Oder wenn Menschen Nachrichten komplett vermeiden, zum Beispiel weil sie diese zu negativ finden?

Wo Algorithmen bestimmen, welche Beiträge in unserem Newsfeed auftauchen - zugeschnitten auf unsere Profile, auf unser Verhalten im Netz - ist es für die Wissenschaft teilweise zur Black Box geworden, was die User/innen zu lesen bekommen. Forscherinnen und Forscher wie Sophie Lecheler, Expertin für politische Kommunikation an der Universität Wien, greifen daher auf sogenannte "Datenspenden" aus der Bevölkerung zurück, um durch die "digitale Brille" der Nutzer/innen blicken zu können. Etwa um zu verstehen, wie Wähler/innen auf neue Formen des digitalen Wahlkampfs reagieren oder welche Medien User/innen wählen, um sich politisch zu informieren. In ihrem aktuellen "The Good News Project" wollen Lecheler und ihr Team von den Österreicher/innen wissen, welche Nachrichten sie besonders gut finden - und suchen dafür noch nach engagierten Datenspender/innen.

Gezielter Wahlkampf in den sozialen Medien - auch bei der aktuellen Bundespräsidentschaftswahl

In dem inhaltlich ähnlichen Forschungsprojekt DATADRIVEN untersucht ein internationales Team unter Beteiligung von Lecheler und ihren Kolleginnen und Kollegen die gewollten und ungewollten Konsequenzen von datengestützten Wahlkampagnen für die Demokratie erstmals in einem internationalen Vergleich. In der modernen Wahlwerbung nutzen politische Parteien Social Media gezielt, um personaliserte Wahlbotschaften passgenau bei der gewünschten Zielgruppe zu platzieren, dabei spricht man vom sogenannten Mikrotargeting. Anhand von sozialen Daten wie Alter, Geschlecht und Wohnort, aber auch basierend auf den Seiten, die wir liken, oder Posts, die wir teilen, erhalten wir die massgeschneiderte Wahlwerbung per Algorithmus direkt in unsere Newsfeeds, z.B. auf Facebook.

Auch österreichische Parteien verwenden Mikrotargeting, zum Beispiel im aktuellen Bundespräsidentschaftswahlkampf. Hierzulande wird politische Werbung vorwiegend auf Facebook ausgespielt - nach wie vor die meistgenutzte soziale Plattform in Österreich. "Das darf man sich natürlich nicht wie eine 'silver bullet' vorstellen, die unsere Sichtweisen, sprich unser Wahlverhalten, um 180 Grad dreht", so Lecheler: "Aber aus der Werbeforschung wissen wir, dass Wiederholung funktioniert, und in den sozialen Netzwerken 'erwischt' uns die Werbung oft in unerwarteten Momenten, wo wir vielleicht empfänglicher sind." Hauptsächlich wird die Algorithmen-basierte Werbestrategie eingesetzt, um Menschen zu erreichen, die in ihrer politischen Entscheidung noch unentschlossen sind.

Vorteile von Mikrotargeting

Das hat durchaus auch seine guten Seiten: Mit Mikrotargeting auf Social Media können auch kleinere politische Parteien ohne millionenschwere Budgets effektiv Wahlwerbung betreiben und dadurch die Vielfalt in der Parteienlandschaft erweitern. Zum anderen können "oftmals vergessene" Gruppen adressiert und gezielt über politische Agenden informiert werden, etwa Migrant/innen, jüngere oder ältere Menschen. "Digitale Technologien haben starkes demokratisches Potenzial, da sie es allen Bürgerinnen und Bürger ermöglichen, an einem politischen Diskurs teilzuhaben", sagt Lecheler: "Das muss man natürlich erstmal nutzen."

Forscherinnen und Forscher geben vorerst Entwarnung vor Manipulation

Fest steht, dass viele Ängste um das Thema Mikrotargeting kreisen, vor allem in Bezug auf eine mögliche Manipulation von Wähler/innen vor den Wahlen. Die ersten Ergebnisse von Lecheler und Co. geben - vorerst - Entwarnung: vom perfekten Targeting sind wir noch weit entfernt. Gut gemacht verfehlt es seine Wirkung nicht, aber das Matching der Werbungen ist oft ungenau oder eher grob. Fühlen sich die Bürgerinnen und Bürger falsch angesprochen, z.B. wenn eine eingefleischte ÖVP-Wählerin eine Werbung der SPÖ angezeigt bekommt, oder zu einem Thema, das sie nicht interessiert, dann kann die Wirkung auch gegenteilig sein. "Das kann zur Folge haben, dass sich Wähler/innen von der Partei abwenden oder demobilisiert werden und nicht mehr wählen wollen", erklärt Lecheler.

Mehr über die Arbeit von Sophie Lecheler und ihrem Team finden Sie im Wissenschaftsmagazin Rudolphina der Universität Wien.

Quelle: Text Universität Wien, Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft, 5. Oktober 2022
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