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Arktis Eis- und Klimaforschung
Arktis-Forschungsexpedition MOSAiC 2019
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Eis- und Klimaforschung in der Arktis
MOSAiC die grösste Arktis-Forschungsexpedition aller Zeiten

Kaum eine Region hat sich in den vergangenen Jahrzehnten so stark erwärmt wie die Arktis. Gleichzeitig fehlen ganzjährige Beobachtungen aus dem eisbedeckten Nordpolar-Meer. Die MOSAiC-Expedition bringt nun zum ersten Mal einen modernen Forschungseisbrecher für ein ganzes Jahr in die Eisdrift und ermöglicht Wissenschaftlern dadurch auch im arktischen Winter Forschung in der Nähe des Nordpols. Die Klimaprozesse dort sind ein Puzzleteil, das ihnen fehlt, um bessere Prognosen zum globalen Klimawandel zu erstellen. Denn es wird vermutet, dass die starke Erwärmung in der Arktis enorme Auswirkungen auf die gemässigten Breiten hat.

Die MOSAiC-Expedition unter Leitung des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) ist verbunden mit noch nie dagewesenen Herausforderungen. Eine internationale Flotte von 4 Eisbrechern, Helikoptern und Flugzeugen versorgt das Team auf dieser extremen Route. Insgesamt 600 internationale Teilnehmer, davon die Hälfte Wissenschaftler, werden die Mission begleiten.

Eine Delegation aus Wissenschaft und Politik, darunter die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Anja Karliczek, verabschiedet am 20. September 2019 um 20:30 Uhr Ortszeit das FS Polarstern im Hafen von Tromsø, gefolgt von der Akademik Fedorov, die um 21:00 Uhr ausläuft.

Die beiden Eisbrecher werden in Sichtkontakt über die Barents- und Karasee Kurs auf die Zentralarktis nehmen. Nach etwa zwei Wochen erreichen sie voraussichtlich die Zielregion bei 130 Grad Ost und 85 Grad Nord. Das erste von insgesamt sechs Teams wird dort eine geeignete Eisscholle suchen, um darauf ein komplexes Forschungscamp zu errichten. Dabei befinden sich die Wissenschaftler in einem Wettlauf mit der Zeit, denn schon wenige Tage nach ihrer Ankunft steigt die Sonne nicht mehr über den Horizont. Eine weitere Herausforderung wird die kritische Meereissituation in der Zielregion. Die Ausdehnung des Meereises ist in diesem Jahr dort weit zurückgegangen. Auch zeigen Satellitenbilder bisher kaum mehrjähriges Eis mehr, sondern hauptsächlich dünneres einjähriges Eis.

Das Forschungscamp verbinden die Expeditionsteilnehmer mit einem Netz von Messstationen, welche ein Teil der Wissenschaftler mit dem Begleiteisbrecher Akademik Fedorov im Umkreis von 50 Kilometern einrichten. 20 Nachwuchspolarforscher, Studierende und Doktoranden, haben mit der MOSAiC School auf der Akademik Fedorov die einmalige Gelegenheit, an der Startphase der Expedition teilzunehmen und die Durchführung von Polarexpeditionen aus erster Hand zu lernen. Sobald das sogenannte Distributed Network fertiggestellt ist, treffen sich die beiden Eisbrecher für einen letzten Austausch von Crew und Material, bevor Akademik Fedorov nach Tromsø zurückkehrt, wo sie voraussichtlich am 30. Oktober 2019 eintreffen wird. Die Wissenschaftler auf Polarstern bleiben bis Mitte Dezember 2019 an Bord und werden dann durch das zweite Team abgelöst. Weitere Versorgungen und Teamwechsel folgen im nächsten Jahr.

Für das Frühjahr 2020 ist zudem eine begleitende Flugkampagne geplant, für die eine Landebahn auf dem Meereis errichtet werden soll. Die Polarstern wird sich im Spätsommer 2020 zwischen Grönland und Spitzbergen aus dem Meereis befreien und nimmt anschliessend Kurs auf ihren Heimathafen in Bremerhaven, Deutschland, wo sie Mitte Oktober 2020 erwartet wird.

Das Budget der Expedition beträgt rund 140 Millionen Euro. Im Laufe des Jahres werden ca. 300 Wissenschaftler aus 17 Ländern an Bord sein. Sie kommen aus Belgien, China, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Grossbritannien, Japan, Kanada, den Niederlanden, Norwegen, Polen, Russland, Schweden, Schweiz, Spanien und den USA. Dabei werden sie landseitig auch von Wissenschaftlern aus Österreich und Südkorea unterstützt. Die Fragen, denen die Forscher während der Expedition nachgehen wollen, sind eng miteinander verknüpft. Zusammen wollen sie zum ersten Mal das gesamte Klimasystem in der Zentralarktis erforschen. Sie erheben Daten in den fünf Teilbereichen Atmosphäre, Meereis, Ozean, Ökosystem und Biogeochemie, um die Wechselwirkungen zu verstehen, die das arktische Klima und das Leben im Nordpolar-Meer prägen.

Neuigkeiten direkt aus der Arktis gibt es über die MOSAiC-Kanäle auf Twitter (@MOSAiCArctic) und Instagram (@mosaic_expedition) über die Hashtags #MOSAiCexpedition, #Arctic und #icedrift. Weitere Informationen zur Expedition auf: www.mosaic-expedition.org. In der MOSAiC-Web-App kann die Driftroute der Polarstern zudem live mitverfolgt werden: follow.mosaic-expedition.org

Anja Karliczek, Bundesministerin für Bildung und Forschung:

"Der Klimawandel ist die grösste Herausforderung für die Menschheit. Die MOSAiC-Mission zeigt, dass trotz aller Rückschläge im weltweiten Klimaschutzprozess auf internationaler Ebene der Wille vorhanden ist, diese Herausforderung anzunehmen. Es ist ein ermutigendes Signal für den Klimaschutz, dass Wissenschaftler aus 17 Nationen gemeinsam im arktischen Nordmeer das Epizentrum des Klimawandels erforschen werden. Dass Forscher des Alfred-Wegener-Instituts an Bord der Polarstern die Mission leiten werden und Deutschland die Hälfte der Kosten trägt, ist Ausdruck des Einsatzes Deutschlands für die Bewahrung des Weltklimas. Ich wünsche den Teilnehmern der Expedition alles Gute. Mit grossem persönlichen Einsatz werden die Wissenschaftler einen herausragenden Beitrag leisten, dass die Menschheit die Herausforderung des Klimawandels besteht und unsere Welt, wie wir sie kennen, den nächsten Generationen erhalten bleibt. Alle Teilnehmer der Expedition, aber auch diejenigen, die in der Heimat bleiben und sie von dort aus unterstützen, sind Helden unserer Zeit."

Antje Boetius, Direktorin des Alfred-Wegener-Instituts:

"Seit 2011 arbeiten unsere Wissenschaftler an der Idee, eine grosse Mission in die Nordpol-Region zu ermöglichen. Die Polarstern wird dazu ins Eis eingefroren, um sie als sichere Unterkunft zu nutzen, wenn draussen auf dem Meereis unter extremen Bedingungen geforscht wird. Wir haben die weltweit besten Arktisforscher aus vielen Disziplinen vernetzt, um diese Mission auf die Beine zu stellen. Noch in 2011 hätten wir uns nicht vorstellen können, wie dünn das Meereis und wie warm die Winter geworden sind. Es ist also höchste Zeit für die Expedition aufzubrechen und Daten und Bilder einer Region zu ermitteln, die sich schneller verändert als wir sie erforschen können."

Markus Rex, Expeditionsleiter MOSAiC, Alfred-Wegener-Institut:

"Diese Expedition ist bahnbrechend. Niemals zuvor gab es eine derart komplexe Arktisexpedition. Erstmals werden wir die Klimaprozesse der Zentralarktis im Winter vermessen können. Erstmals wird es uns gelingen, diese Region zu verstehen und in Klimamodellen korrekt abzubilden. Die Arktis ist das Epizentrum der globalen Erwärmung mit dramatischen Veränderungen schon heute. Und sie ist die Wetterküche für unser Wetter in Europa. Extremwetterlagen wie winterliche Ausbrüche arktischer Kaltluft bis zu uns oder extrem heisse Phasen im Sommer hängen mit den Veränderungen der Arktis zusammen. Gleichzeitig sind die Unsicherheiten unserer Klimamodelle nirgends so gross wie in der Arktis. Es gibt keine verlässlichen Prognosen, wie sich das Klima der Arktis in der Zukunft weiter entwickeln wird und was das für das Wetter bei uns bedeutet. Es ist unsere Mission, das zu ändern."

Stefan Schwarze, Kapitän RV Polarstern, Reederei F. Laeisz:

"Die Polarstern wird nun bald 40 Jahre alt - und ist nicht nur ein hervorragender Eisbrecher, sondern besitzt zugleich ein exzellentes Seegangsverhalten. Oftmals sind gute Eisbrecher schlechte Seeschiffe. Doch dies gilt nicht für die Polarstern, und das macht sie einzigartig. Die Polarstern ist das Zentrum der MOSAiC-Expedition: worum sich alles dreht, und wohin auch alle zurückkehren, sollte irgendetwas schief gehen. Die Polarstern ist sozusagen unser Fels in der Brandung. Selbst wenn alles schief gehen sollte, ist Polarstern noch da - und dafür zu sorgen ist meine Aufgabe als Kapitän."

Forschungsschwerpunkte

Atmosphäre
Komplexe Wolkenprozesse und Schneefall, Sonnen- und Wärmestrahlung, Zirkulation und kleinste Verwirbelungen, Lufttemperaturen von bis zu minus 40 Grad Celsius und darunter der vergleichsweise warme Ozean, nur durch eine dünne, rissige Eisschicht von der Atmosphäre getrennt. MOSAiC erforscht, wie dies und vieles Weitere zusammengenommen die Wärmebilanz und das Klima der Arktis bestimmt.

Meereis
Das arktische Meereis verändert sich. MOSAiC vermisst ein ganzes Jahr lang den Lebenszyklus des Eises - wie es sich bildet, sich verformt, driftet und reisst, wie es taut und wie es dabei die Energieflüsse zwischen Luft und Wasser bestimmt.

Ozean
Der Arktische Ozean ist kein isolierter Wasserkörper. MOSAiC erforscht, welche Strömungen und Verwirbelungen im Ozean Wärme in die Arktis und dort an die Oberfläche tragen, wie Ozean, Atmosphäre und Eis dort in Beziehung stehen und wie sie sich im Laufe eines ganzen Jahres gegenseitig beeinflussen.

Ökosystem
Wie überstehen die arktischen Lebewesen extreme Kälte, eine geschlossene Eisdecke und die monatelange Dunkelheit der Polarnacht, welchen Stoffwechsel haben sie dann noch? Diesem Rätsel von Leben, das unter scheinbar feindlichsten Bedingungen fortbesteht, geht MOSAiC während des vollen Jahreszyklus nach.

Biogeochemie
Was sich im Arktischen Ozean befindet, bleibt nicht im Arktischen Ozean: Ständig tauscht das Meer mit Eis und Atmosphäre Gase aus, wo sie unter anderem Wolkeneigenschaften verändern. MOSAiC misst während des vollen Jahreszyklus kontinuierlich diese Gase und andere wichtige chemische Verbindungen im Wasser, im Eis und in der Luft.

Quelle: Text Alfred-Wegener-Institut AWI,Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung, 20. September 2019
Arktis 2015-16
Video
Meereisentwicklung im Arktischen Ozean 2015-2016
Quelle: NASA Goddard's Scientific Visualization Studio/C. Starr
Im September 2016 kühlt sich die Luft über der arktischen Regionen bereits ab. In diesen Wochen verliert das Meereis an der Oberfläche nur noch wenig Material. Die NSIDC-Wissenschaftler erklären daher die ausserordentlich hohe Abschmelzgeschwindigkeit mit einer starken Wärmezufuhr in den oberen Meerwasserschichten.

Den stärksten Meereisrückgang wurde in den Meeresflächen nordwestlich von Alaska und in der Chukchisee beobachtet. Anfangs September 2016 durchquerten zwei starke Stürme diese Meergebiete. Diese Stürme haben möglicherweise den Meereisrückgang beschleunigt.

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