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Erste globale Datenbank zur Vegetation der Erde 2018
Von der Arktis bis zu den Tropen: Forscher präsentieren einmalige 2018
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Erste globale Datenbank zur Vegetation der Erde

Die erste globale Vegetationsdatenbank enthält über 1,1 Millionen Vegetationsaufnahmen. Damit können die Folgen des Klima- und Landnutzungswandels künftig besser vorhergesagt werden, wie eine internationale Studie mit Beteiligung von Forschenden der ZHAW, der WSL sowie der Universität Zürich in der Fachzeitschrift «Nature Ecology & Evolution» zeigt.

Um die Vielfalt der globalen Vegetation zu beschreiben, braucht es nur wenige Merkmale jeder Pflanzenart. Dies zeigt ein internationales Forscherteam unter Leitung des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig, an dem auch Schweizer Forschende von der ZHAW, der Eidgenössischen Forschungsanstalt WSL sowie der Universität Zürich beteiligt sind. In einer neuen, in der Fachzeitschrift "Nature Ecology & Evolution" publizierten

Studie präsentieren sie die erste globale Vegetationsdatenbank mit über 1,1 Millionen kompletten Vegetationsaufnahmen für alle Ökosysteme auf dem Festland. Die Datenbank soll kontinuierlich wachsen und dabei helfen, die Folgen des globalen Klima- und Landnutzungswandels oder von invasiven Arten besser vorhersagen zu können. Zudem lassen sich damit zahlreiche Fragestellungen der Artenvielfalt erstmals global erforschen.

Pflanzen leben in Gemeinschaften

Egal ob Gräser, Sträucher oder Bäume: Alle Pflanzen haben die gleichen Herausforderungen zu bewältigen. «Einerseits müssen sie effizient Photosynthese betreiben, um sich mit Energie zu versorgen. Anderseits kämpfen sie mit Nachbarpflanzen um Wasser oder Nährstoffe aus dem Boden», so ZHAW-Vegetationsökologe Jürgen Dengler. Jede Art hat im Laufe der Zeit sehr unterschiedliche Eigenschaften entwickelt, um auf äussere Bedingungen zu reagieren. Dazu gehören zum Beispiel die Grösse einer Pflanze, die Dicke ihrer Blätter oder Blattinhaltsstoffe. Diese sogenannten funktionellen Merkmale beeinflussen beispielsweise, wie viel Biomasse Pflanzen produzieren oder wie viel Kohlenstoffdioxid sie aus der Luft binden. Bisher wurde vor allem auf der Ebene von einzelnen Pflanzenarten erforscht, welche Kombinationsmöglichkeiten es von diesen funktionellen Merkmalen gibt. «In der Realität kommt eine Pflanzenart aber fast nie allein vor. Denn Pflanzen leben in Gemeinschaften», ergänzt Dirk Karger von der Eidgenössischen Forschungsanstalt WSL. Mit sogenannten Vegetationsaufnahmen werden deshalb für definierte Probeflächen von bis zu 1'000 Quadratmetern Grösse aufgelistet, welche Pflanzenarten in welchen Mengenanteilen vorkommen.

Schweizer Beteiligung an Datenbank

Während in den letzten Jahren zunehmend regionale und nationale Vegetationsdatenbanken entstanden, fehlte eine übergeordnete Datenbank. Deshalb wurde am Forschungszentrum iDiv die Initiative «sPlot» gestartet, in deren Rahmen die erste globale Vegetationsdatenbank entwickelt und aufgebaut wurde. In aufwändiger Detailarbeit wurden die bereits existierenden Datensätze vereinheitlicht und zusammengeführt. ZHAW-Forscher Jürgen Dengler koordinierte diese Arbeiten in den ersten gut drei Jahren des Projektes. Dirk Karger von der Forschungsanstalt

WSL steuerte das globale Klimamodell «CHELSA» bei, welches für die Auswertung der Datenbank zentral ist. Die Vegetationsdatenbank «sPlot» beinhaltet aktuell mehr als 1,1 Millionen Vegetationsaufnahmen von allen Kontinenten der Erde, die von Hunderten von Forschern aus aller Welt in den vergangenen Jahrzehnten erhoben wurden. Beispielsweise steuerte Michael Kessler von der Universität Zürich zwei Vegetationsdatenbanken aus kaum untersuchten tropischen Regenwaldgebieten bei.

Temperatur und Niederschlag nicht massgebend

Den umfangreichen Datensatz der Vegetationsdatenbank «sPlot» kombinierte die Forschergruppe mit der «TRY»-Datenbank, der weltweit grössten Datenbank für Pflanzenmerkmale. «Dadurch lassen sich ökologische Fragestellungen erforschen, für die bislang die Datengrundlage fehlte», so der ZHAW-Forscher. Das Forscherteam wollte zum Beispiel wissen, ob globale Faktoren die funktionellen Merkmale von Pflanzengemeinschaften beeinflussen. Dabei zeigte sich, dass Temperatur und Niederschlag entgegen der gängigen Meinung einen relativ geringen Einfluss haben. Stattdessen fanden die Forscher eine enge Beziehung der Klimavariablen zur Phosphor-Versorgung im Blatt. Je länger die Vegetationsperiode ist, desto geringer wird der Phosphorgehalt im Blatt - und dadurch wird auch die Blattdicke beeinflusst. Auch die Landnutzung durch den Menschen oder Interaktionen verschiedener Pflanzen - wie Konkurrenz um Nährstoffe, Wasser und Licht - haben einen deutlich grösseren Einfluss als angenommen. Künftige Berechnungen der Pflanzenproduktion in einer Region können also nicht allein anhand einfacher Temperatur-Niederschlags-Modelle durchgeführt werden.

ZHAW startet Initiative

Die Grundlage für diese Studie legten Geobotanikerinnen und Geobotaniker, die über mehr als ein Jahrhundert sogenannte Vegetationsaufnahmen erhoben und veröffentlich haben. Diese Methode wurde vom Schweizer Geobotaniker Josias Braun-Blanquet entwickelt, daher gibt es viele historische Daten aus der Schweiz. «Leider wurde die Ausbildung an Schweizer Hochschulen in vegetationsökologischer Datenerhebung in den letzten Jahrzehnten stark reduziert», so Dengler. An der ZHAW wurde deshalb eine Initiative gestartet, um die vegetationsökologischen Datensätze der Schweiz zu digitalisieren und in einer nationalen Datenbank zusammenzuführen. Damit können künftig etwa detaillierte Studien zu Biodiversitätsveränderungen und deren Ursachen in der Schweizer Vegetation durchgeführt werden.

Studie:
Nature Ecology & Evolution (2018). doi: 10.1038/s41559-018-0699-8
Publikation zur Datenbank:
Bruelheide, H., Dengler, J. et al. sPlot - a new tool for global vegetation analyses. Journal of Vegetation Science (in press).

Quelle: Text ZHAW, 19. November 2018

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Von der Arktis bis zu den Tropen: Forscher präsentieren einmalige Datenbank zur Vegetation der Erde

In einer neuen Studie in der Fachzeitschrift Nature Ecology & Evolution präsentieren Forscher mit sPlot die weltweit erste, globale Vegetationsdatenbank mit über 1,1 Millionen kompletten Pflanzenartenlisten für alle Ökosysteme auf dem Festland.

Welche Pflanzenart wächst wo, mit welcher anderen zusammen - und warum? Um die Vielfalt der globalen Vegetation sinnvoll zu beschreiben, braucht es nur wenige Eigenschaften jeder Art. Das zeigt ein Forscherteam unter Leitung der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) und des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv). In einer neuen Studie in der Fachzeitschrift Nature Ecology & Evolution präsentieren sie die weltweit erste, globale Vegetationsdatenbank mit über 1,1 Millionen kompletten Pflanzenartenlisten für alle Ökosysteme auf dem Festland. Die Datenbank könnte dabei helfen, die Folgen des globalen Klimawandels besser vorherzusagen.

Egal ob kleine Gräser, Sträucher oder Bäume. Alle Pflanzen haben die gleichen Herausforderungen zu bewältigen: "Zum Beispiel müssen sie einen effizienten Weg finden, Photosynthese zu betreiben, um sich mit Energie zu versorgen. Gleichzeitig kämpfen sie mit ihren Nachbarpflanzen um begrenzte Ressourcen, wie Wasser oder Nährstoffe aus dem Boden", sagt Professor Helge Bruelheide vom Institut für Geobotanik der MLU und Co-Direktor von iDiv.

Rund 390'000 Pflanzenarten sind heute bekannt. Jede Art hat im Laufe der Zeit sehr unterschiedliche Eigenschaften entwickelt, um auf die jeweiligen äusseren Bedingungen vor Ort zu reagieren. Dazu gehören zum Beispiel die Grösse einer Pflanze, die Dicke ihrer Blätter oder Blattinhaltsstoffe. Diese Eigenschaften werden auch als funktionelle Pflanzenmerkmale bezeichnet. "Diese funktionellen Eigenschaften beeinflussen direkt die Ökosystemfunktionen von Pflanzen, also etwa wie viel Biomasse sie produzieren oder wie viel Kohlenstoffdioxid sie aus der Luft binden können", so Bruelheide.

Forscherinnen und Forscher untersuchten bisher vor allem auf der Ebene von einzelnen Pflanzenarten, welche verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten es von diesen funktionellen Merkmalen gibt. "In der Realität kommen Pflanzenarten aber selten allein vor. Pflanzen leben in Gemeinschaften", sagt der Geobotaniker Bruelheide. Deshalb benötigt man so genannte Vegetationsdatenbanken, in denen die Angaben zu allen Pflanzen versammelt sind, die an einem bestimmten Untersuchungsort zu finden sind. An der MLU wird die Deutsche Vegetationsdatenbank von Dr. Ute Jandt in der Arbeitsgruppe von Helge Bruelheide betreut. Sie umfasst etwa 200'000 Vegetationsaufnahmen, die aus veröffentlichten und unveröffentlichten Vegetationsstudien stammen. Auch in vielen anderen Ländern wurden und werden ähnliche Projekte durchgeführt.

Bislang mangelte es aber an einer übergeordneten Datenbank, die all diese verschiedenen Datensätze vereinheitlicht und zusammenführt. Aus diesem Grund wurde am Forschungszentrum iDiv die Initiative sPlot gestartet, in deren Rahmen die erste globale Vegetationsdatenbank entwickelt und aufgebaut wurde.

In mühevoller Detailarbeit arbeitete das Team daran, die bereits existierenden Datensätze zu vereinheitlichen und zusammenzuführen. sPlot beinhaltet zum heutigen Stand mehr als 1,1 Millionen Vegetationsaufnahmen von allen Kontinenten der Erde, die von Hunderten von Forschern aus aller Welt in den vergangenen Jahrzehnten erhoben wurden. "Jeder Punkt in unserer Datenbank ist ein realer Ort mit genauen Koordinaten und Angaben über alle Pflanzenarten, die dort zusammen leben", erklärt Bruelheide.

Diesen riesengrossen Datensatz kombinierte die Forschergruppe mit der TRY-Datenbank, der weltweit grössten Datenbank für Pflanzenmerkmale, ebenfalls eine Datenbank-Plattform des iDiv. "Dadurch können wir Fragen klären, die bislang noch niemand stellen konnte", so Bruelheide weiter. Das Forscherteam wollte zum Beispiel wissen, ob es globale Faktoren gibt, die die funktionellen Merkmale von Pflanzengemeinschaften beeinflussen. Dabei zeigte sich, dass Temperatur und Niederschlag entgegen der gängigen Meinung einen relativ geringen Einfluss hierauf haben. "Diese beiden Makrofaktoren können erstaunlich wenig erklären.

Unsere Analyse zeigte, dass zum Beispiel die Blätter aller Pflanzen in einem Bestand mit steigender Temperatur, also von der Arktis zum tropischen Regenwald, nicht automatisch dünner werden", so der Geobotaniker Bruelheide. Stattdessen fanden die Forscher eine enge Beziehung der Klimavariablen mit dem Zustand der Phosphor-Versorgung im Blatt, die sich im Verhältnis der beiden Nährstoffe Stickstoff und Phosphor widerspiegelt. So nimmt die Phosphor-Versorgung ab, je länger die Vegetationsperiode ist - und dadurch wird auch die Blattdicke beeinflusst. Auch die lokalen Nutzungsbedingungen durch den Menschen oder die Interaktionen verschiedener Pflanzen an einem Ort hätten einen deutlich grösseren Einfluss, so ein weiteres Ergebnis der Studie. Diese Befunde zeigen, dass künftige Berechnungen der Produktion von Pflanzen in einer Region nicht allein anhand einfacher Temperatur-Niederschlags-Modelle bestimmt werden können, so Bruelheide.

Die Studie in Nature Ecology & Evolution ist die erste aus einer ganzen Reihe von bevorstehenden Publikationen aus dem "sPlot"-Konsortium. Denn mit Hilfe der neuen Datenbank lassen sich zahlreiche Fragestellungen der Forschung zur Artenvielfalt erstmals global bearbeiten. Dazu gehören auch Fragen zur Verbreitung gebietsfremder Arten oder zu den Gemeinsamkeiten und Unterschieden verschiedener Erdteile. Die Datenbank soll künftig auch weiteren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zur Bearbeitung ihrer eigenen Themen zur Verfügung stehen.

Originalpublikation

Helge Bruelheide, Jürgen Dengler, Oliver Purschke, Jonathan Lenoir, Borja Jiménez-Alfaro, Stephan M. Hennekens, Zoltán Botta-Dukát, Milan Chytrý, Richard Field, Florian Jansen, Jens Kattge, Valério D. Pillar, Franziska Schrodt, Miguel D. Mahecha, Robert K. Peet, Brody Sandel, Peter van Bodegom, Jan Altman, Esteban Alvarez-Dávila, Mohammed A. S. Arfin Khan, Fabio Attorre, Isabelle Aubin, Christopher Baraloto, Jorcely G. Barroso, Marijn Bauters, Erwin Bergmeier, Idoia Biurrun, Anne D. Bjorkman, Benjamin Blonder, Andraž Čarni, Luis Cayuela, Tomáš Černý, J. Hans C. Cornelissen, Dylan Craven, Matteo Dainese, Géraldine Derroire, Michele De Sanctis, Sandra Díaz, Jiří Doležal, William Farfan-Rios, Ted R. Feldpausch, Nicole J. Fenton, Eric Garnier, Greg R. Guerin, Alvaro G. Gutiérrez, Sylvia Haider, Tarek Hattab, Greg Henry, Bruno Hérault, Pedro Higuchi, Norbert Hölzel, Jürgen Homeier, Anke Jentsch, Norbert Jürgens, Zygmunt Kącki, Dirk N. Karger, Michael Kessler, Michael Kleyer, Ilona Knollová, Andrey Y. Korolyuk, Ingolf Kühn,, Daniel C. Laughlin, Frederic Lens, Jacqueline Loos, Frédérique Louault, Mariyana I. Lyubenova, Yadvinder Malhi, Corrado Marcenò, Maurizio Mencuccini, Jonas V. Müller, Jérôme Munzinger, Isla H. Myers-Smith, David A. Neill, Ülo Niinemets, Kate H. Orwin, Wim A. Ozinga, Josep Penuelas,, Aaron Pérez-Haase, Petr Petřík, Oliver L. Phillips, Meelis Pärtel, Peter B. Reich, Christine Römermann, Arthur V. Rodrigues, Francesco Maria Sabatini, Jordi Sardans, Marco Schmidt, Gunnar Seidler, Javier Eduardo Silva Espejo, Marcos Silveira, Anita Smyth, Maria Sporbert, Jens-Christian Svenning, Zhiyao Tang, Raquel Thomas, Ioannis Tsiripidis, Kiril Vassilev, Cyrille Violle, Risto Virtanen, Evan Weiher, Erik Welk, Karsten Wesche, Marten Winter, Christian Wirth, and Ute Jandt (2018): Global trait-environment relationships of plant communities. Nature Ecology & Evolution. doi: 10.1038/s41559-018-0699-8

Weitere Informationen:

sPlot – The Global Vegetation Database
https://www.idiv.de/en/sdiv/working_groups/wg_pool/splot.html

TRY - Plant Trait Database
https://www.idiv.de/research/platforms_and_networks/try_plant_trait_database.html

Quelle: Text Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) , 20. November 2018

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