Schule und Bildung
Schule Schweiz - Bildung Schweiz
Schule & Qualität
Schulleitungen - Eine geleitete Schule
letzte Seite
end
Bildungsreformen Schweiz
LCH-POSITION ZU SCHULLEITUNGEN
Links
Bildungsforschung u. Bildungsreformen
LCH-POSITION ZU SCHULLEITUNGEN
SCHULEN BRAUCHEN EINE VERFASSTE LEITUNG

An Schulen ist immer schon Leitung ausgeübt worden. Es fallen ständig zahlreiche Prozesse an, in denen jemand das Thema setzen, die Verhandlungsregeln bestimmen und hüten, die Beteiligten zum Zuge kommen lassen, Ergebnisse zusammenfassen und Entscheide herbeiführen oder kurzfristig Entscheide ohne Aushandlung fällen muss - um nur einige der vielen Leitungsfunktionen zu nennen. An allen Schulen sind solche Leitungsfunktionen schon immer ausgeübt worden, oft eben informell, zufällig, durch die «heimliche Hierarchie» im Kollegium, durch «älteste» oder durch sonst wie Engagierte.

Schulen brauchen eine verfasste Leitung, die nach anerkannten Regeln funktioniert, einen Auftrag und geklärte Zuständigkeiten hat und deshalb in ihrem Tun verantwortlich gemacht werden kann, verhandelbar und Veränderungen zugänglich ist. Der LCH ist entschieden der Auffassung, dass ungeklärte und angemasste Leitungsverhältnisse weder aufgabengerecht noch würdig sind. Die Verfassung von Schulleitung muss den Besonderheiten des pädagogisch ausgerichteten Betriebs Schule voll Rechnung tragen. Speziell am Betriebstypus Schule ist unter anderem: ein hoch qualifiziertes Personal, das fachlich - bezüglich des Kernauftrags Unterrichtsführung - gleich oder höher qualifiziert ist wie die Chefs; über mehrere Ebenen überlappende und oft diffuse Verantwortlichkeiten; die multiple und oft widersprüchliche Auftragssituation der Lehrpersonen (Ansprüche des Lehrplans, der Lernenden in den Klassen, der Eltern, der Behörden, der Profession), welche von den Lehrpersonen täglich und mit viel Eigenverantwortung in (Unterrichts-) Führungsentscheide umgesetzt werden muss; schliesslich das Fehlen allgemein anerkannter Technologien, Standards und Begriffe für viele Fragen der Schul- und Unterrichtsqualität. Schulleitung kann deshalb nur in einer angemessenen Verbindung von Führungswillen, Respekt und dialogischer Haltung bei allen Partnern gelingen. Von Führungserfahrungen und -modellen aus anderen betrieblichen Umständen lässt sich zwar für die Schulleitung viel lernen, sie sind jedoch - ganz abgesehen vom oft plakativen Charakter sich jagender Management-Moden - kritisch auf ihre Schultauglichkeit hin zu prüfen. Und: Schulleitung ist mehr als «der/die Schulleiter/in». Eine gut geleitete Schule pflegt eine ausgebaute Partizipationskultur und lässt die besonderen fachlichen Spezialitäten und Führungsfähigkeiten im Kollegium zum Zuge kommen.
1. DEM BILDUNGSAUFTRAG UND EINEM GUTEN ARBEITSKLIMA VERPFLICHTET

Die Lehrpersonen und deren Schulen haben einen Bildungsauftrag an den Lernenden zu erfüllen. Dieser wird direkt vom kantonalen oder interkantonalen Lehrplan vorgegeben und von den Lehrpersonen als Fachleute ihres Gebiets interpretiert und umgesetzt, auf die je besonderen Klassensituationen und Förderansprüche einzelner Lernender hin adaptiert. Lehrpersonen sind in diesem Sinne nicht «Mitarbeiter» der Schulleitung (wie etwa das Sekretariatspersonal), sondern Mitarbeitende am Bildungsauftrag. In erster Linie und in den Grenzen, welche durch die Arbeitsbedingungen gesetzt werden, sind die Lehrpersonen für die Qualität der Auftragserfüllung zuständig. Der Schulleitung kommen hierfür jedoch wichtige subsidiäre Aufgaben zu.

Der LCH sieht den Kernauftrag der Schulleitung in der Schaffung guter Rahmenbedingungen für die Auftragserfüllung der Lehrpersonen und für die Unterrichtsbedingungen der Lernenden. Die Schulleitung sorgt für notwendige pädagogische Hausnormen und Absprachen; sie unterstützt die Lehrpersonen in deren Weiterbildung und bezüglich räumlicher und medienmässiger Ausstattung der Schulen; sie verlangt und fördert die unterrichtsbezogene Zusammenarbeit innerhalb der Stufen und zwischen den Stufen zwecks Koordination der Lernbiografien der Lernenden und zwecks voller Nutzung der individuellen Stärken der Lehrpersonen; sie begünstigt ein gutes Arbeitsklima, welches in wechselseitiger Weise von Respekt, Wertschätzung, Feedback, Herausforderung und Unterstützung geprägt ist; sie betreibt eine gute Öffentlichkeitsarbeit im Inneren und zur Umgebung der Schule; sie sorgt für eine professionelle pädagogische Qualitätspolitik der Schule. Werden erhebliche Qualitätsmängel nicht von den Lehrpersonen selbst angegangen und behoben, führt die Schulleitung diese einer Bearbeitung und Lösung zu.

2. DER ORGANISCHEN UND VERLäSSLICHEN SCHULENTWICKLUNG VERPFLICHTET

Die Lehrpersonen kennen und beachten die geltenden Vorschriften (Gesetze, Lehrplan, Verordnungen, schulinterne Regelungen). Im Zweifels- oder Missachtungsfall hat die Schulleitung die Pflicht und das Recht, zu intervenieren. Überdies ist die Schulleitung schützend und vermittelnd gefordert, wenn vom System her angelegte Interessenkonflikte (z.B. zwischen Behörden und Lehrerschaft, zwischen Eltern und Lehrpersonen) für die Beteiligten schwierig werden.

Der LCH sieht die Rolle der Schulleitung in der Unterrichts- und Schulentwicklung als kluge Mischung von Herausforderung, Planungshilfe, Insistieren auf Verbindlichkeit und Nachhaltigkeit, Vermittlung von internen und externen Ressourcen und Schutz vor überforderung durch überbordende innere oder äussere Impulse. Die Schulleitung sorgt insbesondere für eine mittel- bis langfristige Planung (Entwicklungsprogramm), welche Synergien zwischen den Entwicklungsvorhaben, Berechenbarkeit und Machbarkeit gewährleistet.

3. VORSCHRIFTEN HüTEN UND ZWISCHEN DEN INTERESSEN VERMITTELN

Die Lehrpersonen kennen und beachten die geltenden Vorschriften (Gesetze, Lehrplan, Verordnungen, schulinterne Regelungen). Im Zweifels- oder Missachtungsfall hat die Schulleitung die Pflicht und das Recht, zu intervenieren. überdies ist die Schulleitung schützend und vermittelnd gefordert, wenn vom System her angelegte Interessenkonflikte (z.B. zwischen Behörden und Lehrerschaft, zwischen Eltern und Lehrpersonen) für die Beteiligten schwierig werden.

Der LCH sieht die Schulleitung als subsidiäre Hüterin des Rechts und als Vermittlerin in Interessenkonflikten. Sie ist weder vor allem «Dienstmagd und Speerspitze des Kollegiums», noch «Executor der Behörde», noch «Anwältin der Eltern» oder «Fürsprecherin der Schülerschaft». Vielmehr ist die Schulleitung dem gesetzlichen und durch Hausnormen konkretisierten Auftrag verpflichtet, den sie zwischen den verschiedenen Loyalitäten, durch sorgfältige Würdigung der Ansprüche und in verantwortungsvoller Autonomie aktiv wahrnimmt. Für dieses Dazwischensein (lat. inter esse) braucht sie das Mandat, die Erlaubnis bzw. das Vertrauen sowie das mitverantwortliche Engagement namentlich der beiden Anspruchsgruppen Behörde und Kollegium. Die Schulleitung überprüft diese Balance, mahnt bei einseitigen Anspruchshaltungen und lässt sich von den Partnern bezüglich krasser oder chronischer Einseitigkeiten in Frage stellen. Voraussetzung dieser Art von Führungsverständnis ist die allseitige Verpflichtung auf eine reife Dialogkultur.

4. IN GEKLäRTEN ZUSTäNDIGKEITEN BALANCIERTE MACHT WAHRNEHMEN

Führungsleute, welche ihre Zuständigkeiten nicht wahrnehmen, sind ebenso unerwünscht wie solche, welche Macht ausüben, die ihnen nicht zusteht. In pädagogischen Berufen und hoch komplexen Systemen mit Einmischung von allen Seiten, wie das für Schulen typisch ist, wird der Umgang mit Macht zu einem sensiblen Thema. Es lauern die Gefahren der über- oder Unterregelung, der Anmassung und der Lähmung. Die Folgen wären Energieverpuffung, ein schlechtes Arbeitsklima, schädliche Personalfluktuation und sinkende Schulqualität.

Der LCH verlangt, dass jede Schule über ein ausgehandeltes Organisationsstatut verfügt, welches die Zuständigkeiten der verschiedenen Akteure in den Schlüsselfragen des Schulbetriebs (nicht in allen Details!) regelt. Diese Zuständigkeiten sind dann, geleitet durch Führungsgrundsätze, von allen Beteiligten auch wahrzunehmen und gegenseitig zu respektieren. In diesem Sinne ist die Schulleitung auch Hüterin der notwendigen Verbindlichkeiten sowohl bezüglich Vorschriften als auch bezüglich der schulintern ausgehandelten Regelungen. Fest eingerichtete Feedback- und Bestätigungsstrukturen sowie Notbremsen (z.B. Veto-Regeln oder Beanspruchung professioneller externer Intervention) müssen als Sicherungen gegen Machtmissbrauch und Machtvakuum vorgesehen sein. Besondere Sorgfalt ist im Umgang mit beurteilender Personalführung (Qualifikation, Umgang mit Sorgenfällen) geboten. Es müssen dabei Lösungen getroffen werden, welche die Schulleitung von fachlich nicht gerechtfertigten Rollenzumutungen (z.B. summative Unterrichtsbeurteilung mit Rangierung der Lehrpersonen) frei halten, damit sie für ihren breiten Auftrag glaubwürdig und handlungsfähig bleibt.

5. KOMPETENT UND ENTLASTEND DANK AUSREICHENDER RESSOURCEN

Manchmal ist Schulleitung allseitig gut gemeint, scheitert aber trotzdem an fehlenden Ressourcen. Vor allem für die «weichen» Leitungsfunktionen (z.B. Anteilnahme an der Unterrichtsarbeit der Lehrpersonen, Personalgespräche, Moderation von Konferenzen, Vermittlung in Konflikten, Öffentlichkeitsarbeit, Feedback und Beurteilung, Reflexion und Vorausplanung) werden oft ungenügende personelle und zeitliche Mittel bereitgestellt. Meist übertreffen dann sehr hohe Folgekosten für eintretende Mängel und Konflikte die vermeintliche Einsparung.

Der LCH verlangt, dass Schulleitungen - auf der Basis ihrer schulpädagogischen Grundausbildung und Lehrerfahrung - eine professionelle (EDK-akkreditierte) Ausbildung und ständige Weiterbildung in ihren Leitungsfunktionen erhalten. Für besondere Aufgaben müssen sie überdies auf Fachpersonal in- und ausserhalb der Schule zählen können. Der Umfang der zeitlichen Dotation von Schulleitung muss sich - neben der Anzahl Lernende und Klassen und der Art der zugewiesenen Aufgaben - in erster Linie an der Anzahl der zu betreuenden Lehrpersonen orientieren (denn Teilzeitkräfte geben mindestens gleich viel Arbeit wie Vollzeitlehrkräfte). Hinzu kommt der Ressourcenbedarf auf Seiten der Lehrerschaft: Zwar muss Schulleitung im Endeffekt eine Entlastung der Lehrpersonen zwecks Konzentration auf die Unterrichtsarbeit bewirken, trotzdem ist auch bei der Arbeitszeitbemessung der Lehrpersonen die üblicherweise steigende Beanspruchung durch Sitzungen, Besprechungen, Gruppenarbeiten und Projekte realistisch einzuberechnen. Bei ungenügender Dotation ist nicht Genügsamkeit zu üben; vielmehr muss über eine Verbesserung der Ressourcen oder aber über eine Reduktion des Leistungsauftrags der Schulleitung, der Schule und der Lehrpersonen verhandelt werden.

Quelle: Text LCH, Dezember 2005

Links
Externe Links
Lehrerinnen und Lehrer Verband Schweiz LCH
Vereinigung des Schulleitungsbeauftragten
Search RAOnline Suche
top
letzte Seite