Das
an Berufsbildern orientierte Modell des schweizerischen Bildungswesens
war bis vor kurzem ein Erfolgsmodell. Technik und Wissenschaft geben
allenfalls Impulse für Innovationen. Sie alleine genügen jedoch
nicht. Innovationen sind für alle Beteiligten ein Prozess des Lernens
und des Wandels. Dafür muss das vorhandene Bildungspotential optimal
mobilisiert werden. Dabei
spielen sozio-kulturelle Aspekte wie ethnische Herkunft, Geschlecht, Muttersprache
und sozialer Status der Familien eine grosse Rolle. Entscheide über
berufliche Karrieren sind in starkem Masse pfadabhängig, d.h. jeder
ist stark an seinen sozio-kulturellen Kontext gebunden. Dieser spielt in
der Schweiz eine im internationalen Vergleich überdurchschnittlich
grosse Rolle. Frühe
Selektion (NFP 43 Studien: Herzog; Oser; Schräder-Nef; Meyer): Entscheidende
Weichenstellungen geschehen im Elternhaus, dann im Kindergarten und in
der Primarschule. Karrierechancen werden nicht erst in Berufsausbildung
oder im Studium vergeben. Gesellschaftliche 'Fehllenkungen' können
nur in diesen frühen Phasen wirksam und nachhaltig beeinflusst werden. Einmal getroffene Weichenstellungen lassen sich später nur schwer
noch korrigieren. In der Schweiz sind diese Zubringerverhältnisse 'stabil und suboptimal' (Meyer, Haeberlin): Das Schul- und Berufssystem in der Schweiz stabilisiert die sozio-kulturellen Herkunftsverhältnisse. Es besteht eine nach Leistungskriterien suboptimale Zuteilung der Schüler auf die Schultypen. Deshalb bleiben Talente brach. Die Schülerschaft als Ganze ist weniger leistungsfähig, als dies aufgrund individueller Begabungen möglich wäre. Dies hat Folgen bis in den universitären Bereich, wo die soziale Durchmischung im Vergleich mit anderen Ländern relativ gering ist. Dieses Phänomen fällt wegen der hohen Ausländerquote (bei den Jugendlichen klar über 20%) besonders ins Gewicht. Was
ist zu tun? Dazu wird bereits einiges unternommen, aber mit bisher bescheidener Wirkung. Anstrengungen zur Integration der fremdsprachigen Jugendlichen in Bildung und Beruf ohne Nivellierung nach unten. Reformen früh ansetzen, z.B. im Vorschulbereich wie etwa früher einschulen, vgl. OECD 'early childhood' Sek I als Orientierungsstufe konzipieren und damit die Selektion auf später verschiebe
Innovation bedeutet Lernen und Wandel in interaktiven sozialen Systemen. Schule, Berufs- und Weiterbildung können die Menschen intellektuell auf die Höhe der Anforderungen der Arbeitswelt bringen oder sie dort halten. Dies ist notwendig, alleine aber nicht hinreichend für hohe Innovationsfähigkeit. Bei vielen Innovationen besteht keine Arbeitsteilung mit einer spezialisierten F&E-Abteilung. Jeder ist an seinem Arbeitsplatz in Innovationsprozesse einbezogen und sollte dazu beitragen. Wichtiger geworden sind methodische und soziale Kompetenzen wie Fähigkeiten zur Zusammenarbeit (Teamfähigkeit), zur Problem- und Konfliktlösung, zur Kommunikation oder Fähigkeiten, mit Unsicherheiten umzugehen. Was
ist zu tun? Praxis-
und Berufserfahrungen in Bildungsgänge aller Stufen einbauen; Berufsbildung
als
Firmen
nutzen Weiterbildung nicht gezielt, um bei Innovationsprojekten kurzfristig
auftretenden Wissensbedarf zu decken. Vielmehr beschaffen sie Wissen über
'learning on the job' oder Kooperationen mit Zulieferern und Partnerfirmen
sowie über gezielte Rekrutierung am Arbeitsmarkt. Berufliche Weiterbildung ist ein Instrument, um die Beschäftigten langfristig auf der Höhe der Arbeitsmarktanforderungen zu halten und erworbenes Wissen zu konsolidieren. Damit trägt sie zur Arbeitsmarktfähigkeit, zur Mobilität und Flexibilität sowie zur mittel- und langfristig optimalen Versorgung des Arbeitsmarktes bei. Was
ist zu tun? Entwicklung
von kurzen, modularisierten Weiterbildungsangeboten zu spezialisierten Entwicklung und Vermittlung von firmenspezifischen Angeboten Sensibilisierung von Unternehmen, damit sie den Zusammenhang zwischen Weiterbildung und Innovationspotential bewusster herstellen.
Für
die Durchsetzung von Innovationen braucht es mehr als nur Technik, Wissenschaft
und Bildung. Auch soziokulturelle Aspekte spielen laut Prof. Beat Hotz-Hart
(BBT, Universität Zürich) eine Rolle. Wenn diese mehr berücksichtigt
würden, liesse sich das intellektuelle Potential der Bevölkerung
besser nutzen. Eine wirkungsvolle innovationspolitische Massnahme besteht
aus der Sicht von Hotz-Hart darin, die fremdsprachigen Jugendlichen besser
zu integrieren.
Berufliche
Weiterbildung ist dann erfolgreich (Emery, Budde, Delaly), wenn ... die
Beschäftigten sie aus eigener Motivation wählen und sich engagieren.
Weiterbildung muss generell an das Eigeninteresse appellieren. Die
Zielpersonen muss über ein solides Fundament aus der Erstausbildung verfügen. Es
liegt an den Unternehmen, für Weiterbildung Anreize zu setzen und
günstige Voraussetzungen zu schaffen, z.B. Aufstiegschancen. Die Rate der Erwerbstätigen, die in der Schweiz an berufsorientierter Weiterbildung teilnimmt, ist in den letzten 10 Jahren deutlich gestiegen. Sie ist aber international noch kein Spitzenwert. Sie sollte zumindest so hoch bleiben, evtl. noch weiter steigen. Besonders Mitarbeiter in kleinsten Unternehmen haben Schwierigkeiten, an Weiterbildung teilzunehmen. Was
ist zu tun? Die
individuellen Anreize zur Weiterbildung erhöhen. In der Erstausbildung
ein gutes Fundament legen. Information, Transparenz und Qualitätsmanagement
beim Weiterbildungsangebot verbessern; z.B. über die Ermöglichung
von Akreditierung und Bildungszertifizierung, auch im Sinne des Konsumentenschutzes. Formale
Anerkennung von informellen Bildungsleistungen; ist heute teilweise schon
vorhanden resp. im Aufbau (vgl. die sog. Nachholbildung in der Berufsbildung)
Die Hochschulen stellen einen Biotop dar, das die Realisierung von Innovationen über Neugründungen begünstigen kann und das teilweise heute schon tut. Geniale Studienabbrecher oder Jungakademiker, die erfolgreiche eigene Firmen gründen, sind aber die seltene Ausnahme, nicht die Regel (Rütter et al.). Studien (Marmet, KOF ETHZ, Sample 1996/97 mit 7100 Gründungen) zeigen, dass der Neugründer in der Schweiz im Durchschnitt 38 Jahre alt ist und 10 Jahre Berufserfahrung hat. Der Netto-Beschäftigungseffekt nach mehreren Jahren ist per Saldo gering. Was
ist zu tun? Aufbau eines breiten Angebots von Unternehmerschulung im tertiären Bereich und Begleitung von start up Projekten, vgl. die KTI-Initiative venturelab Mit Jungunternehmerförderung wesentlich auch auf berufserfahrene Erwachsene zielen und ein optimales Umfeld schaffen: administrativ einfache Wege, geringe Auflagen, fiskalisch günstiger Rahmen für Gründungen.
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