Vom 31. August bis 1. Dezember 2018 führte der Regierungsrat eine Anhörung zur Projektvorlage "Führungsstrukturen der Aargauer Volksschule" durch. Sie umfasste drei Themenfelder:
Mehrheit für Beibehaltung von Erziehungsrat, Berufsbildungskommission und Schulräten Im Rahmen der Anhörung gingen 374 Rückmeldungen von politischen Parteien, Gemeinden, Schulpflegen und Schulleitungen, Sonderschulen und Heimen, Lehrerverbänden und -organisationen, Vertretungen aus Wirtschaft und Gewerkschaft sowie weiteren Organisationen und Verbänden ein. Eine Mehrheit befürwortet eine strukturelle Bereinigung der kommunalen Führungsstrukturen und hält eine Erhöhung der Schulleitungspensen für angezeigt. Eine Neuorganisation der kantonalen Räte wird hingegen deutlich abgelehnt, was den Regierungsrat veranlasst, dieses Themenfeld nicht weiterzuverfolgen und Erziehungsrat, Berufsbildungskommission sowie die Schulräte der Bezirke unverändert beizubehalten. Allfällige Anpassungen in der Organisation und Arbeitsweise der Gremien, die keine gesetzgeberischen Änderungen bedingen, können jederzeit zur Diskussion gestellt und aufgenommen werden. Zwei getrennte Vorlagen an den Grossen Rat Die beiden Themen "Neuorganisation der kommunalen Führungsstrukturen" sowie "Erhöhung der Schulleitungspensen" sollen weiterverfolgt werden. Da eine Erhöhung der Schulleitungspensen jedoch in keinem direkten Zusammenhang mit der Diskussion um die Neuorganisation der kommunalen Führungsstruktur steht, sollen die beiden Themenfelder unabhängig voneinander in den parlamentarischen Prozess gebracht und diskutiert werden können. Der Regierungsrat unterbreitet dem Grossen Rat die Anpassungen im Bereich der kommunalen Führungsstruktur und die Erhöhung der Schulleitungspensen daher als separate Vorlagen. Finanzielle und strategische Führung in einer Hand Mit der vorgeschlagenen Teilrevision der Kantonsverfassung und des Schulgesetzes sollen die kommunalen Führungsstrukturen der Volksschule verschlankt und die Aufgaben und Kompetenzen der Schulbehörden in Übereinstimmung gebracht werden. Dazu beabsichtigt der Regierungsrat, die bisherigen Aufgaben der Schulpflegen neu den Gemeinderäten zu übertragen und die Schulpflegen aufzuheben. Der Gemeinderat wird zum obersten politischen Führungsorgan der Schule, dem die Verantwortung für die strategische und finanzielle Führung der Schule obliegt, so wie dies bei sämtlichen anderen kommunalen Aufgaben auch der Fall ist. Die Schulleitung ist verantwortlich für die operative Führung der Schule und dem Gemeinderat unterstellt. Der Gemeinderat kann ihr Entscheide im schulischen Bereich erstinstanzlich delegieren. Damit kann die Schulführung gestärkt, die Steuerung vereinfacht und die Qualität und Effizienz der Bildung gesteigert werden. Durch die Verschlankung der Führungsstrukturen der Volksschule auf kommunaler Ebene, entfällt auf Seiten der Gemeinden der Aufwand für die Schulpflegen im Umfang von rund 6,5 Millionen Franken jährlich. Diese frei werdenden Mittel können die Gemeinden bei Bedarf für die gemeinderätlichen Mehraufgaben, für die Führung einer unterstützend tätigen Kommission oder zur Pensenerhöhung bei den Schulsekretariaten einsetzen. Damit die neue Führungsstruktur im Hinblick auf das Ende der nächsten Amtsperiode der Schulpflegen auf den 1. Januar 2022 umgesetzt werden könnte, sind die Beratungen des Geschäfts durch den Grossen Rat im 2. und 4. Quartal dieses Jahrs vorgesehen. Bei Zustimmung durch das Parlament würde die Volksabstimmung zur Verfassungsänderung im Mai 2020 stattfinden. Verpflichtungskredit zur Erhöhung der Schulleitungspensen Seit Einführung der geleiteten Schulen ab 2003 nehmen die Schulleitungen eine Schlüsselfunktion im Schulsystem des Kantons Aargau ein. Neben der Führungsverantwortung für die ihnen unterstellten Lehrpersonen, der Verantwortung für die lokale Qualitätsentwicklung und -sicherung, der Organisation der Administration des Schulbetriebs sowie der Information und Kommunikation, stehen die Schulleitungen auch in der Führungsverantwortung für die Umsetzung kantonaler Reformmassnahmen und lokaler Schul- und Unterrichtsentwicklungsprojekte. Verschiedene Aufgaben haben sich seither von den Schulpflegen weg zu den Schulleitungen verlagert. Die Anforderungen an die Schulen und ihre Leitungen sind aufgrund des sich erhöhenden Gestaltungsraums gestiegen. Entsprechend befürwortet eine grosse Mehrheit der Anhörungsteilnehmenden eine Erhöhung der Schulleitungspensen ebenso wie die Einführung eines neuen Berechnungsmodells, welches die strukturellen und soziokulturellen Rahmenbedingungen der Schule vor Ort berücksichtigt. Aufgrund den empirischen Befunden einer Arbeitsplatzanalyse im Jahr 2016 und den Ergebnissen der Anhörung erscheint dem Regierungsrat eine Erhöhung der Schulleitungspensen um kantonal durchschnittlich zehn Prozent angemessen. Die Erhöhung soll auf das Schuljahr 2021/22 erfolgen. Damit wird die effektive Arbeitszeit adäquat abgegolten und die Attraktivität der Schulleitungstätigkeit bleibt gewährleistet. Insgesamt führt dies zu einer Erhöhung des Bruttoaufwands um jährlich 4,76 Millionen Franken, wobei 65 Prozent oder 3,1 Millionen Franken auf den Kanton entfallen und 35 Prozent oder 1,67 Millionen Franken auf die Gemeinden. Entsprechend beantragt der Regierungsrat dem Grossen Rat einen jährlich wiederkehrenden Verpflichtungskredit ab dem 1. August 2021.
Rechte der Lehrpersonen wahren! Der Erhöhung der Schulleitungspensen stimmt der alv voll und ganz zu. Mit der Einführung der Schulleitungen wurde die Schule in den letzten Jahren zunehmend professionalisiert. Dass die Schule durch zwei Gremien geführt wird (Schulpflege strategisch, Gemeinderat finanziell), hat immer wieder unnötige Konflikte zur Folge, sowohl innerhalb der Schule wie auch zwischen Schulpflege und Gemeinderat. Da der Gemeinderat über die Finanzen befindet, ist es folgerichtig, dass er auch die strategische Führung der Schule übernimmt, wie er dies in allen anderen Ressorts tut. Die Befürchtung, die Schule verliere an Bedeutung, wenn es die Schulpflege nicht mehr gäbe, kann der alv nicht teilen, im Gegenteil, er ist überzeugt, dass die Übernahme der Verantwortung für die Schule durch den Gemeinderat den Schulanliegen mehr Gewicht verleiht. Es ist vorgesehen, dass der Gemeinderat seine Kompetenzen teilweise oder ganz an die Schulleitung delegieren kann. Jede Gemeinde kannn dazu ein eigenes Reglement erstellen. Diese Freiheit würde dazu führen, dass die Rechtssituation bei Beschwerdefällen je nach Gemeinde unterschiedlich ausfällt, was aus Sicht des alv die Situation verkompliziert und unübersichtlich macht. Neu soll die Möglichkeit bestehen, dass der Gemeinderat beschwerdefähige Entscheide teilweise oder ganz an ein einzelnes Gemeinderatsmitglied oder an die Schulleitung delegieren kann. Die Lehrerinnen und Lehrer könnten sich im Konfliktfall mit der Schulleitung nicht an den Gemeinderat wenden zur Überprüfung der Situation, allen anderen Gemeindeangestellten steht diese Option jedoch offen. Der alv fordert daher dezidiert die Möglichkeit, den Gemeinderat im Konfliktfall beiziehen zu können und somit eine Gleichbehandlung der Lehrpersonen mit den Verwaltungsangestellten. Die Arbeitsplatzbewertung hat deutlich gezeigt, dass die Schulleitungen für ihre vielfältigen Aufgaben über zu wenig Zeit verfügen. Für den alv ist klar, dass hier eine Anpassung der Pensen notwendig ist.
Gemeinderat als oberstes politisches Führungsgremium der Schule An ihrer letzten Sitzung hat die Kommission für Bildung, Kultur und Sport (BKS) den regierungsrätlichen Anträgen zu den neuen Führungsstrukturen an der Volksschule zugestimmt. Eine Mehrheit der Kommissionsmitglieder spricht sich dafür aus, dass der Gemeinderat neben der finanziellen neu auch die strategische Führung der Schule übernimmt. Die Vorteile von schlanken Strukturen und klaren Zuständigkeiten werden in diesem Zusammenhang hervorgehoben. Eine Unterstützung der Gemeinden, zum Beispiel in Form von Weiterbildungsangeboten oder Handreichungen und Empfehlungen in der Umsetzungsphase, wird als sehr wichtig erachtet, damit der Systemwechsel gelingen kann. Der Zeitplan wird als ambitioniert, aber richtig eingeschätzt. Die neuen Führungsstrukturen sollen im Hinblick auf das Ende der nächsten Amtsperiode der Schulpflegen auf den 1. Januar 2022 in Kraft treten. Delegationsregelungen Die Fragen im Zusammenhang mit der Delegation von Entscheidungsbefugnissen führen zu kontroversen Diskussionen. Es zeigt sich, dass die Kommissionsmitglieder zwar mit der Regelung einverstanden sind, dass der Gemeinderat seine arbeitsrechtlichen Kompetenzen (zum Beispiel Anstellungen) delegieren kann, jedoch die Freistellung und Trennung von Lehrpersonen davon ausschliessen wollen. In diesen Fällen soll der Entscheid nicht bei der Schulleitung oder einem Mitglied des Gemeinderats, sondern beim Gesamtgemeinderat liegen. Ein entsprechender Änderungsantrag wird gutgeheissen. Der Grosse Rat wird die Botschaft zu den neuen Führungsstrukturen der Volkschule voraussichtlich am 18. Juni 2019 diskutieren.
|