Erdbeben - Earthquake - Tsunami
Erdbeben - Tsunami
vorangehende Seite
end
Tsunami in Pazifischen Ozean
Erdbeben und Tsunamis Chile
Chile Chiloé-Erdbeben 2016 Vergleich mit dem Valdivia-Beben 1960 2017
Erdbeben - Tsunamis Weitere Informationen
Weitere Informationen und Links
Erdbeben Tsunami Links
Erdbeben Tsunami - Entstehung
RAOnline Erdbeben
Naturwissenschaften - Technik Erdkunde Klima
Erdbeben in Chile
Chiloé-Erdbeben am 25. Dezember 2016

Ein Vergleich mit dem Valdivia-Beben 1960 - Rest-Spannung trotz Megabeben

Sogar das stärkste jemals gemessene Erdbeben hinterliess Energie für das Folgebeben

Am ersten Weihnachtstag 2016 bebte in Südchile die Erde. In der gleichen Region ereignete sich 1960 das stärkste jemals gemessene Erdbeben überhaupt. Ein Vergleich von Daten aus seismischen Messungen und Landvermessungen beider Erdbeben ergab, dass ein Teil der freigesetzten Energie des 2016er Bebens älter als 56 Jahre sein muss. Demnach hatte das Beben im Jahr 1960 trotz seiner immensen Stärke nicht alle Spannungen im Untergrund abgebaut. Die Studie von Forschenden des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel und der Universidad de Chile ist jetzt in der Fachzeitschrift Geophysical Journal International erschienen.

Am 22. Mai 1960 erschütterte ein Erdbeben den südchilenischen Kontinentalrand entlang einer Länge von rund 1'000 Kilometern. Schätzungen gehen von rund 1'600 Toten als direkter Folge des Bebens und des folgenden Tsunamis aus, rund zwei Millionen Menschen wurden obdachlos. Mit einem Wert von 9,5 auf der Momenten-Magnituden-Skala steht das Valdivia-Beben von 1960 bis heute auf Platz eins der stärksten jemals gemessene Erdbeben.

Als Folge dieses Ereignisses, das über 500 Todesopfer vor allem als Folge des dabei verursachten Tsunami forderte, hatte der chilenische Staat begonnen, ein landesweites Netz von seismologischen und GPS-Stationen aufzubauen. Pate stand hier das in gemeinsamer Arbeit mit dem Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ und französischen Partnern aufgebaute Erdbebenobservatorium IPOC in Nordchile (ipoc-network.org). "Dieses hat zum Ziel, neue Beobachtungstechnologien zu erproben und Erdbeben- sowie Vulkanprozesse zu erforschen", sagt dazu Professor Onno Oncken (GFZ). "Der dort entwickelten Typ einer Beobachtungs- und Messstation diente als 'Blaupause' für ein Netz, das inzwischen nahezu die gesamte chilenische Küste mit einer Länge von 4'000 Kilometern abdeckt."

Dieses Observatoriensystem, das von einer eigens dazu neu gegründeten staatlichen Organisation betrieben wird, konnte nun erstmals seine Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen.

Mehr als ein halbes Jahrhundert später, am 25. Dezember 2016, bebte die Erde in dieser Region erneut, diesmal vor der südchilenischen Insel Chiloé. Dank einer - für chilenische Verhältnisse - eher durchschnittlichen Stärke von 7,5 fielen die Schäden sehr gering aus. Doch die Tatsache, dass dabei der gleiche Abschnitt des Untergrundes gebrochen ist wie 1960, macht das Ereignis für die Wissenschaft interessant. Wie Forscherinnen und Forscher des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel und der Universidad de Chile jetzt in der Fachzeitschrift Geophysical Journal International veröffentlichen, stammte ein Teil der Energie des 2016er Bebens offenbar noch aus der Zeit vor 1960. "Das würde bedeuten, dass sich damals trotz der gewaltigen freigesetzten Energie nicht alle Spannungen im Untergrund gelöst haben", sagt der Geophysiker Dr. Dietrich Lange vom GEOMAR, Erstautor der Studie.

Um zu verstehen, warum Chile so häufig von schweren Erdbeben heimgesucht wird, muss man auch den Meeresboden vor der Küste betrachten. Er gehört zur sogenannten Nazca-Erdplatte, die sich im Bereich des südlichen Chile mit rund sechseinhalb Zentimetern pro Jahr Richtung Osten bewegt. Vor der chilenischen Küste trifft sie auf die südamerikanische Erdplatte und schiebt sich unter sie. Bei diesem als "Subduktion" bezeichneten Prozess bauen sich Spannungen zwischen den Platten auf - so lange, bis der Untergrund in einem Abschnitt bricht und die Erde bebt.

Während eines Erdbebens wird die aufgebaute Spannung innerhalb von Minuten wieder freigesetzt. So verschoben sich die Platten während des 1960er Erdbebens um mehr als 30 Meter gegeneinander. Damit einhergehend fanden Hebungen oder Senkungen der Landmasse statt, die eine Höhe von mehreren Metern hatten und damit zu dauerhaften Veränderungen der Küstenlinie führten. "Dieser Versatz sagt auch etwas über die im Untergrund aufgestaute Energie aus", erklärt Dr. Lange.

Aus dem zeitlichen Abstand (56 Jahre), der bekannten Geschwindigkeit der Nazca-Platte und weiteren Kenntnissen über die Subduktionszone hat das deutsch-chilenische Team den seit 1960 angestauten Versatz auf etwa 3,4 Meter berechnet. Der mit Hilfe von Erdbebendaten und GPS gemessene Versatz des 2016er Bebens betrug aber deutlich mehr als vier Meter. "Es haben sich also Spannungen abgebaut, die sich länger als 56 Jahre angestaut haben und sich vor dem letzten grossen Erdbeben 1960 aufgebaut haben", betont Dr. Lange.

Ein ähnliches Verhalten wurde in jüngster Vergangenheit auch an der Subduktionszone vor Ecuador beobachtet. Diese Beispiele zeigen, dass bei der Risikoabschätzung in Erdbeben-gefährdeten Gebieten nicht nur ein einziger seismischer Zyklus seit dem letzten grossen Beben betrachtet werden sollte. "Die Energie kann grösser sein, als sich aus bisher üblichen Rechnungen ergibt. Das kann zum Beispiel Auswirkungen auf Empfehlungen zu erdbebensicherem Bauen haben", sagt Dr. Lange.

Originalarbeit:
Lange, D. J. Ruiz, S. Carrasco, and P. Manríquez (2017): The Chiloé Mw 7.6 earthquake of 25 December 2016 in Southern Chile and its relation to the Mw 9.5 1960 Valdivia earthquake. Geophysical Journal International, https://doi.org/10.1093/gji/ggx514

Quelle: Text GEOMAR, 13. Dezember 2017
Chile Illapel-Erdbeben 2015
Chile Iquique-Erdbeben 2014

nach oben

Erdbeben: Hintergrundinformationen
Erdbeben - Tsunami
Inseln im Pazifik u. Indischen Ozean
Erdbeben-Intensitätsskalen
Erdbeben-Echtzeitabfragen
Informationen über Tsunamis
RAOnline: Weitere Informationen über Länder
Bilder
Videos Länder-Informationen Karten Klima
Links
Externe Links
GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel
GEOFON Global Seismic Network Erdbebenobservatorium IPOC in Nordchile
Tsunami Startseite top Erdbeben Startseite
vorangehende Seite