Das Bundesamt für Energie hat als zuständige Behörde die Sanierung der Restwasserstrecke zwischen der Staumauer Punt dal Gall und dem Speicherkraftwerk Livigno-Ova Spin verfügt. Mit der Sanierung wird die minimale ständige Abflussmenge im Sommer neu bei 1,45 Kubikmeter Wasser pro Sekunde festgesetzt. Die Abflussmenge im Winter bleibt wie bisher bei 0,55 Kubikmeter pro Sekunde. Die Wasserführung des Spöl, der nach dem Durchfluss des Lago di Livigno die Schweizergrenze überquert, beträgt heute auf der Strecke zwischen der Staumauer Punt dal Gall und dem Kraftwerk Ova Spin je nach Jahres- und Tageszeit zwischen 0,55 und 2,47 Kubikmeter Wasser pro Sekunde. Damit genügt sie den Vorgaben der Restwasservorschriften gemäss Wasserschutzgesetz aus dem Jahre 1992 nicht vollumfänglich und muss angepasst werden. Gestützt auf die seit 2000 durchgeführten Restwasserversuche soll neu im Sommer ständig eine minimale Wassermenge von 1,45 Kubikmeter fliessen, im Winter wird die bereits seit 1969 gültige Menge von 0,55 Kubikmeter beibehalten. Diese Massnahme wurde unter Einbezug von Vertretern Italiens, des Kantons Graubünden, der Kraftwerksbetreiber, des Nationalparks sowie verschiedener Bundesstellen einvernehmlich beschlossen. Zusätzlich sind weitere ökologische Optimierungen vorgesehen. Das Bundesamt für Energie hat eine entsprechende Verfügung erlassen, die per sofort in Kraft tritt. Innert 30 Tagen kann dagegen beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde erhoben werden.
Überblick über die Entwicklung bis zur Restwassersanierung - Die Wasserkräfte des Inn und seiner Zuflüsse, darunter der Spöl, werden von der Engadiner Kraftwerke AG (EKW) genutzt. Das Einzugsgebiet ist insgesamt 1638 Quadratkilometer gross. Über zehn Wasserfassungen wird den Flüssen Wasser entnommen und in drei Stufen - Livigno-Ova Spin, Schanf-Pradella und Pradella-Martina - verarbeitet. - Der Bund hat der EKW 1962 die Konzession für die Wasserkraftwerknutzung des Spöl im Speicherwerk Livigno-Ova Spin erteilt. Die Kompetenz für die Konzessionserteilung liegt beim Bund, weil der Spöl beim Speicherwerk Livigno die Landesgrenze berührt. Für die Nutzung der beiden anderen Stufen liegt diese Kompetenz beim Kanton Graubünden. - Die Konzession sah vor, dass die EKW aus der Speicheranlage Livigno dem Spöl eine durchschnittliche Restwassermenge von 1 Kubikmeter pro Sekunde oder im Jahr maximal 31,5 Millionen Kubikmeter abzugeben hatte. 1969 wurde die Regelung mit Verfügung des Eidgenössischen Amtes für Wasserwirtschaft konkretisiert. Im Sommer sollte die Restwassermenge am Tag 2,47, in der Nacht 1 Kubikmeter pro Sekunde betragen. Im Winter sollten ständig 0,55 Kubikmeter fliessen. - Im Jahr 1992 hiess das Schweizer Stimmvolk das neue Gewässerschutzgesetz mit neuen Vorgaben betreffend Restwassermengen gut. Fluss-Kraftwerke wurden verpflichtet, bestimmte Mindestwassermengen im Gewässer zu belassen. Gemäss Gesetz sollen dafür nötige Restwassersanierungen bis Ende 2012 abgeschlossen werden. Wenn das internationale Verhältnis betroffen ist werden die Massnahmen im Einvernehmen mit dem Ausland festgelegt. - 1999 beschlossen das damalige Bundesamt für Wasser und Geologie in Zusammenarbeit mit der Regierung des Kantons Graubünden, die Gewässerökologie des Spöl bei Punt dal Gall zu verbessern. Dazu wurden ab dem Jahr 2000 versuchsweise jährlich zwei bis drei künstliche Hochwasser (10 bis 30 Kubikmeter pro Sekunde während 6 bis 9 Stunden) simuliert. Die Massnahme hatte den erhofften Erfolg und brachte die natürlichen Prozesse wie Hangerosion und Gewässerdynamik wieder in Gang. - 2005 präsentierte ein externes Expertenbüro Vorschläge für die Restwassersanierung bei Punt da Gall. Die bisherige provisorische Regelung der Restwassermengen sowie die künstlichen Hochwasser sollen beibehalten werden. - Im September 2011 erlässt das heute zuständige Bundesamt für Energie im Einvernehmen mit Italien, dem Kanton Graubünden, der Kraftwerksbetreiberin, dem Nationalpark sowie verschiedenen Bundesstellen die Verfügung über eine entsprechende Restwassersanierung zwischen Punt dal Gall und dem Speicherwerk Livigno-Ova Spin.
Warum macht der Bund Restwassersanierungen? Im Mai 1992 hat das Schweizer Stimmvolk das neue Gewässerschutzgesetz angenommen. Dieses schreibt unter anderem eine Mindestrestwassermenge vor, die unterhalb einer Wasserentnahme (Wasserfassung) im Fluss belassen werden muss. Diese Menge wird aufgrund der natürlichen Niederwassermenge sowie unter Berücksichtigung verschiedener Kriterien zum Schutz von Wasserqualität, Grundwasser, Tieren und Pflanzen bestimmt. Neue Wasserentnahmen werden von der Konzessionsbehörde nur bewilligt, wenn sie die neuen Kriterien des Gewässerschutzes erfüllen. Für bestehende Wasserentnahmen wurde eine Übergangsregelung getroffen, welche die Konzessionsbehörden verpflichtet, die Sanierungsmassnahmen bis Ende 2012 umzusetzen. Der Bund ist zuständig für die Konzessionen zur Wassernutzung an Flüssen, welche die Landesgrenze berühren. Entsprechend ist er auch zuständig für die Restwassersanierungen der dortigen Kraftwerke. Welche Kraftwerke sind neben Livigno-Ova Spin noch betroffen? Der Bund plant bis 2012 neben der Restwassersanierung am Spöl noch vier weitere Sanierungen. Es betrifft die Kraftwerke Emosson im Kanton Wallis, Rheinau im Kanton Zürich, Val di Lei im Kanton Graubünden und Wunderklingen im Kanton Schaffhausen. In allen Fällen ist auch die Zustimmung der jeweiligen Anrainerstaaten erforderlich; nach europäischem Recht (Wasserrahmenrichtlinie) muss eine Restwassersanierung bis 2014/2015 erfolgen. Wo stehen die einzelnen Sanierungsprojekte? - Emosson: Das Sanierungsverfahren ist hängig. Seit 2004 sind verschiedene Sanierungsvorschläge vom Bundesamt für Energie (BFE) und Bundesamt für Umwelt (BAFU) erarbeitet worden, deren Resultat allerdings von der Betreiberin Emosson SA teilweise angezweifelt werden. Die Emosson SA hat ihrerseits eine Gegenstudie in Auftrag gegeben, die nun vom Bund geprüft wird. Das Verfahren sollte jedoch bis 2012 abgeschlossen werden können. - Rheinau: Aufgrund der grossen Anzahl beteiligter Akteure mit teils stark widerstreitenden Interessen, hat das laufende Sanierungsverfahren Verzögerungen erfahren. Die Suche nach ausgewogenen Lösungen läuft jedoch weiter. Die Sanierung soll bis 2012 abgeschlossen sein. - Val di Lei: Die Sanierungsverfahren sind im Kanton Graubünden zur Zeit blockiert. Umweltverbände haben die kantonale Sanierungsverfügung für die Misoxer Kraftwerke ans Bundesgericht weitergezogen. Der Kanton hat sich entschieden, diesen Fall als Präjudiz zu behandeln und erst nach einem rechtskräftigen Urteil weitere Restwasserverfügungen zu erlassen. Die Restwassersanierung für das Kraftwerk Val di Lei soll aber zusammen mit der technischen Sanierung der Kraftwerksanlagen an die Hand genommen und abgeschlossen werden. - Wunderklingen: Das Sanierungsverfahren ist hängig. Es sieht ein Umgehungsgewässer des Stauwehrs vor, welches die Durchgängigkeit des Wehrs garantiert und mit zusätzlich Restwasser versorgt wird, damit die Strecke zwischen Stauwehr und Kraftwerk ökologisch aufgewertet werden kann. Weil diese Massnahmen die Wirtschaftlichkeit des Kraftwerks gefährden könnte, prüfen der Bund und die Gemeinde Hallau als Betreiberin derzeit verschiedene Möglichkeiten, wie die Sanierung bis 2012 umgesetzt werden könnte.
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