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Myonen - Elementarteilchen und Magnetismus |
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Was
beim Computer im Kopf vorgeht |
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Ein
Forscherteam unter der Leitung von Alan Drew (Univ. Freiburg, Schweiz und
Queen Mary College, London, England) und Elvezio Morenzoni (Paul Scherrer
Institut, Villigen, Schweiz) hat als erstes im Detail die magnetischen
Vorgänge in einem Lesekopf - ähnlich dem, der Daten von der Festplatte
eines Computers liest - verfolgt. Darüber berichteten die Wissenschaftler
am 24. November 2008 in der Online-Ausgabe der Zeitschrift Nature Material.
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In
ihrem Experiment brachten die Forscher in das Bauteil gezielt Myonen ein
- Myonen sind Elementarteilchen, die Magnetfelder an ihrem Aufenthaltsort anzeigen
können indem sie selbst wie kleine Magnete wirken. Die Myonen für
das Experiment werden am Teilchenbeschleuniger des PSI erzeugt und anschliessend
für das Experiment stark abgebremst - mit einem Verfahren, das weltweit
nur am PSI zur Verfügung steht. Auf lange Sicht werden solche
Experimente helfen, die Vorgänge in den Leseköpfen von magnetischen
Speichern genauer zu verstehen und so Ingenieuren zeigen, worauf sie bei
der Optimierung der Köpfe achten müssen.
Dass
Computer so viele Daten speichern können und MP3-Player in den letzten
zehn Jahren so klein werden konnten, liegt zu einem grossen Teil an einem
Effekt, den Physiker Riesenmagnetowiderstand nennen. |
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Dank dieses Effekts, für dessen Entdeckung es 2007 den Nobelpreis
für Physik gab, kann man elektronische Bauteile herstellen, deren
elektrischer Widerstand sehr empfindlich auf äussere Magnetfelder
reagiert.
Nutzt
man diesen Effekt in magnetischen Leseköpfen, kann man die magnetisch
kodierten Daten sehr dicht packen und so die Festplatten sehr klein machen. Ohne diesen Effekt wäre es nicht möglich, in einem Gerät
von der Grösse einer halben Zigarettenschachtel soviel Daten zu speichern
wie auf über 100 CD.
Spintronik
- Elektronik mit Spin |
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"Anders
als in den meisten elektronischen Bauteilen, wird in den Leseköpfen
nicht nur die elektrische Ladung der Elektronen, die den Strom transportieren,
genutzt, sondern auch deren Spin - die Eigenrotation, die die Elektronen
zu winzigen Magneten werden lässt. So gehören die Leseköpfe
zu dem wachsenden Gebiet der Spintronik." erklärt der Initiator des
Forschungsprojekts Alan Drew von der Universität Freiburg (Schweiz)
und der Queen Mary, University of London. Das Fachwort für dieses
Bauteil ist Spin Valve,
was man mit "Spin-Ventil" übersetzten könnte. So ein
Ventil besteht aus mindestens drei Schichten: zwei magnetischen äusseren
Schichten und einer unmagnetischen Zwischenschicht.
Eine der magnetischen Schichten ist in eine feste Richtung magnetisiert,
die Magnetisierung der anderen passt sich dem äusseren Magnetfeld
an.
Fliesst
ein Strom zwischen beiden Magnetschichten, so erfährt er weniger Widerstand,
wenn beide Schichten gleich magnetisiert sind, weil die erste Schicht den
Elektronenspins eine Ausrichtung aufzwingt, die sie in der zweiten Schicht
behalten können.
Sind
die Schichten verschieden magnetisiert, kommen die Elektronen mit der "falschen"
Spinausrichtung an der zweiten Schicht an. Behalten sie ihre Spinausrichtung,
kommen sie kaum voran; klappt der Spin um, so kostet das Energie - beides
erscheint als zusätzlicher elektrischer Widerstand.
Instabile
Teilchen berichten von Magnetfeldern |
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Das
funktioniert aber nur so lange, wie nicht allzu viele Spins unterwegs von
selbst umklappen, sie also nicht mir zufälliger Ausrichtung an der
zweiten Schicht ankommen.
Drew
wollte wissen wie wichtig dieser Effekt für die Qualität von
Leseköpfen ist und führte dafür mit Kollegen vom PSI eine
Reihe von Experimenten durch. Dabei wollten sie beobachten, wie viele der Elektronenspins auf dem Weg durch die mittlere Schicht zufällig umklappen. Dabei nutzten
sie aus, dass die Spins gemeinsam ein Magnetfeld erzeugen, das umso stärker
ist, je einheitlicher sie geordnet sind. Als Sonden, die das Magnetfeld im Inneren messen sollten, nutzten sie Myonen
- instabile Elementarteilchen, die den Elektronen ähneln, aber viel
schwerer sind. Bringt man ein solches
Myon in ein Magnetfeld so beginnt es zu rotieren und zwar umso schneller
je stärker das Feld ist. Nach einigen Millionstel Sekunden zerfällt
das Myon in mehrere Teilchen, von denen eines vorzugsweise in die Richtung
des Myonenspins fliegt und in einem Detektor nachgewiesen
werden kann. Beobachtet man für Millionen solcher Zerfälle diese
Zerfallsrichtung, kann man die Rotationsgeschwindigkeit der Myonen und daraus das lokale Magnetfeld bestimmen.
Für
ihre Experimente bauten die Forscher einen besonderen Lesekopf mit einer
organischen Zwischenschicht - bestehend aus einem leitfähigen Kunststoff.
"Solche Kunststoffe sind biegsam und leicht zu verarbeiten, so dass sie
in der Zukunft die Elektronik revolutionieren könnten." erklärt
Drew "Ausserdem haben sie unser Experiment erst möglich gemacht, weil
die Spins in einem solchen organischen Leiter wesentlich langsamer umklappen
als in einem herkömmlichen, so dass wir genug Zeit hatten, um das
Magnetfeld zu beobachten".
Nur
in der Schweiz langsam genug |
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Was
im Prinzip einfach klingt, erfordert einen immensen technischen Aufwand.
"Solche Experimente kann man nur am PSI durchführen, denn nur wir
können die sehr langsamen Myonen erzeugen, die in den dünnen Schichten unseres Lesekopfes steckenbleiben.
Die Myonen an anderen Experimenten sind so schnell, dass sie einfach durch unsere
Probe hindurchfliegen würden" erklärt der Physiker Elvezio Morenzoni,
der die Myonenanlage am Paul Scherrer Institut betreibt. Aber auch am PSI
sind die Myonen zunächst sehr schnell. Sie entstehen am Protonenbeschleuniger des Paul Scherrer Instituts, wo zunächst ein Strahl von Protonen auf drei Viertel der Lichtgeschwindigkeit beschleunigt wird und dann
auf eine "Kohlenstoffplatte" prallt. Dabei entstehen Teilchen, die
schliesslich zu Myonen zerfallen. Die Myonen bremst man zunächst in einem einzigartigen Verfahren in einer dünnen
Schicht aus gefrorenem Edelgas, um sie anschliessend wieder auf die
gewünschte niedrige Geschwindigkeit zu beschleunigen. Indem man diese
Geschwindigkeit variiert, kann man sogar festlegen, in welcher Tiefe die Myonen in der Probe steckenbleiben sollen und so die Magnetfelder an verschiedenen
Stellen bestimmen.
Ergebnis:
Unordnung schadet |
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Diese
Experimente haben gezeigt, dass tatsächlich das Mass, in dem die Elektronen ihre Spinausrichtung verlieren, auch darüber entscheidet, wie
gut ein Lesekopf funktioniert, also wie stark der elektrische Widerstand
vom Magnetfeld abhängt. Vor allem wurde aber deutlich, dass Myonenexperimente
tatsächlich helfen können, die Vorgänge in spintronischen
Bauteilen zu verstehen. "Wahrscheinlich
wird die Industrie dies nie zu einer ihrer Standardmethoden für die
Untersuchung von Bauteilen machen. Dazu ist das Verfahren zu aufwändig"
betont Morenzoni "Es wird aber sicher helfen, grundsätzliche Fragen
zu verstehen und so der Industrie Hinweise geben, wie sie die Bauteile
weiterentwickeln kann".
Das Paul
Scherrer Institut entwickelt, baut und betreibt grosse und komplexe
Forschungsanlagen und stellt sie der nationalen und internationalen Forschungsgemeinde
zur Verfügung. Eigene Forschungsschwerpunkte sind Festkörperforschung
und Materialwissenschaften, Elementarteilchenphysik, Biologie und Medizin,
Energie- und Umweltforschung. Mit 1'300 Mitarbeitenden und einem Jahresbudget
von rund 260 Mio. CHF ist es das grösste Forschungsinstitut der Schweiz.
Queen
Mary ist eines der grössten Colleges der University of London
mit ca. 15'000 Studierenden und Forschungsaktivitäten in 21 wissenschaftlichen
Fakultäten und Instituten, die sich auf drei Gebiete verteilen: Natur-
und Ingenieurwissenschaften; Geistes-, Sozial- und Rechtswissenschaften;
Medizin und Zahnmedizin.
Die Universität
Freiburg,
Schweiz - Rund 10'000 Studierende und über 200 Professorinnen
und Professoren aus 100 Ländern lernen, lehren und forschen an den
fünf Fakultäten der Universität Freiburg. An der Mathematisch-
Naturwissenschaftlichen Fakultät besteht eine lange Tradition in der
Nanomaterial-Forschung, deren herausragende Vertreter das Freiburger Zentrum
für Nanomaterialien (Frimat) und das Adolphe Merkle Institute sind.
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Quelle:
Text Paul Scherrer Institut PSI , November 2008 |
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Synchrotron
Lichtquelle Schweiz (SLS) im Paul Scherrer Institut (PSI) |
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