Die durchschnittliche Bezugsdauer von Sozialhilfe hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Der Anteil der Fälle, die länger als fünf Jahre Sozialhilfe beziehen, liegt in den meisten Städten bereits bei 20 bis 30 Prozent. Ein Langzeitvergleich zeigt, dass sich das Umfeld der Sozialhilfe stark verändert hat: Sowohl die Revisionen bei ALV und IV wie auch der Strukturwandel der Wirtschaft und gesellschaftliche Trends haben Einfluss auf die Sozialhilfezahlen. Die Städteinitiative Sozialpolitik plädiert für eine Gesamtbetrachtung der sozialen Sicherheit und für innovative Massnahmen für die Risikogruppen. Seit 15 Jahren publizieren 13 Städte, die Berner Fachhochschule und die Städteinitiative Sozialpolitik den "Kennzahlenvergleich zur Sozialhilfe in Schweizer Städten". Aus diesem Anlass wurden erstmals die Entwicklungen und Trends in der städtischen Sozialhilfe über mehrere Jahre analysiert. Dabei zeigt sich, dass sich die Sozialhilfe für immer mehr Personen von einer vorübergehenden Hilfe in Not.lagen zu einer langfristigen Existenzsicherung wandelt. Die Bezugsdauer von Sozialhilfe steigt laufend: 2006 betrug die durchschnittliche Bezugsdauer 32 Monate - 2013 bereits gut 38 Monate. Sozialhilfe trägt - auch nach Revisionen von IV und ALV Insbesondere Personen mit beruflichen oder gesundheitlichen Einschränkungen sind heute häufiger und länger auf Sozialhilfe angewiesen als vor 15 Jahren. Denn lange Arbeitslosigkeit und gesundheitliche Risiken sind heute (nach verschiedenen Revisionen von IV und ALV) schlechter abgesichert als früher. Auch führte der Strukturwandel der W irtschaft dazu, dass der Zugang zum Arbeitsmarkt für Personen mit geringer beruflicher Qualifikation oder mit Leistungsbeeinträchtigungen schwieriger geworden ist. Die Sozialhilfe muss also immer mehr strukturelle Risiken auffangen. Innovative Massnahmen für Risikogruppen der Sozialhilfe Es lassen sich schweizweit dieselben Gruppen mit einem hohen Sozialhilferisiko identifizieren: Alleinerziehende und deren Kinder, Paare mit mehr als 3 Kindern, Personen mit geringer beruflicher Qualifikation, Ausländer/innen (insbesondere ohne anerkannte Berufsbildung), arbeitslose und ausgesteuerte Personen ab 55 Jahren. Die Städte unterscheiden sich in ihrer Bevölkerungsstruktur und dem Anteil von Risikogruppen merklich, was zum Teil die unterschiedlich hohen Sozialhilfequoten erklärt. Die grossen Herausforderungen in der Sozialhilfe rufen nach einer gemeinsamen, risikogruppenspezifischen Massnahmenplanung. Zu denken wäre an eine bessere Absicherung von Langzeitarbeitslosigkeit, an spezifische Massnahmen für Kinder in der Sozialhilfe, an Ergänzungsleistungen für Familien oder an Bildungsmassnahmen. Die regelmässige Kennzahlenberichterstattung der Städte ist ein Instrument, um Problemlagen frühzeitig zu erkennen und gemeinsam über zielgerichtete Massnahmen zu diskutieren. Sozialhilfe-Kosten gerechter verteilen Die organisatorische und finanzielle Last der Sozialhilfe tragen zu einem wesentlichen Teil die Städte: In den 13 Städten des Kennzahlenvergleichs werden 28 Prozent aller durch Sozialhilfe unterstützten Personen der Schweiz betreut. In diesen 13 Städten leben jedoch nur rund 15 Prozent der schweizerischen Bevölkerung. In vielen Kantonen sind die Gemeinden für die Finanzierung der Sozialhilfe verantwortlich und tragen ganz unterschiedliche Belastungen. Die Diskussion um breiter abgestützte Finanzierungslösungen in der Sozialhilfe muss jetzt geführt werden. Gesamtschau der sozialen Sicherung notwendig Ein Rahmengesetz zur Sozialhilfe auf Bundesebene könnte ebenfalls dazu beitragen, dass die Sozialhilfe explizit als Teil der sozialen Sicherheit wahrgenommen wird und die auftretenden Probleme nicht nur lokal in jeder Gemeinde oder jedem Kanton betrachtet werden. Denn sinnvoll ist, das Gesamtsystem der Sozialen Sicherung zu betrachten, die Schnittstellen und die Finanzierung gesamtheitlich und im Verbund von Bund, Kantonen, Gemeinden und Städten weiterzuentwickeln. Die Kennzahlen zur Sozialhilfe 2013 in den Städten in Kürze Im aktuellen Kennzahlenbericht Sozialhilfe, der auf der schweizerischen Sozialhilfestatistik des Bundesamtes für Statistik (BFS) basiert, sind unverändert 13 Städte vertreten: Basel, Bern, Biel, Lausanne, Luzern, St. Gallen, Schaffhausen, Schlieren, Uster, Wädenswil, Winterthur, Zug und Zürich. - 2013 nahm die Zahl der Sozialhilfefälle über alle untersuchten Städte hinweg gegenüber demVorjahr um knapp 2,5 Prozent zu. - Eine geringe Fallzunahme verzeichneten Zürich, Basel, Lausanne, Bern und Schlieren. In Zugund Wädenswil sind die Fallzahlen gesunken. - Die vier mittelgrossen Städte Luzern, St. Gallen, Biel und Schaffhausen hatten ein mittleres Fallwachstum. Ein überdurchschnittliches Wachstum gab es in Winterthur und Uster. - Bei der Sozialhilfequote zeigte sich keine einheitliche Entwicklung, sie stieg in sieben Städten(überdurchschnittlich in Biel und Winterthur), sank in vier Städten und blieb in Zürich und Bernkonstant. - Die höchste Sozialhilfequote haben Biel (11.7 Prozent), Lausanne (10.2%) und Basel (6.5 Prozent). Am tiefsten ist sie mit je 1.5 Prozent in Uster und in Zug.
Die Städteinitiative Sozialpolitik vertritt die sozialpolitischen Interessen von rund 60 Schweizer Städten aus allen Regionen und setzt sich für ein kohärentes System der sozialen Sicherung und eine gute Zusammenarbeit von Städten, Bund und Kantonen ein.
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