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Rhein 15. Rhein-Ministerkonferenz 2013
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Künftige Herausforderungen an nachhaltiges Gewässermanagement im Rheineinzugsgebiet

15. Rhein-Ministerkonferenz 2013

Vorsorge und Anpassung

Die für den Schutz des Rheins zuständigen Ministerinnen und Minister sowie der Vertreter der Europäischen Union sind am 28. Oktober 2013 in Basel zusammengekommen, um über die bisherige Zusammenarbeit zum Schutz des Rheins, seiner Nebenflüsse und des gesamten Einzugsgebiets Bilanz zu ziehen und die Leitlinien für die künftige Zusammenarbeit festzulegen.

An der Konferenz haben teilgenommen:

Für Deutschland, Herr Helge WENDENBURG, Ministerialdirektor, in Vertretung für Herrn Peter ALTMAIER, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit;

Für Frankreich, Herr Laurent ROY, Direktor für Wasser und Biodiversität, in Vertretung von Herrn Philippe MARTIN, Minister für Ökologie und für nachhaltige Entwicklung und Energie;

Für Liechtenstein, Frau Marlies AMANN-MARXER, Ministerin für Infrastruktur und Umwelt sowie Sport;

Für Luxemburg, Herr Jean-Paul LICKES, stellvertretender Wasserdirektor, in Vertretung für Herrn Jean-Marie HALSDORF, Minister des Innern und für die Grossregion;

Für die Niederlande, Frau Elaine ALWAYN, Direktorin, in Vertretung für Frau Melanie SCHULTZ VAN HAEGEN-MAAS GEESTERANUS, Ministerin für Infrastruktur und Umwelt;

Für Österreich, Herr Karl SCHWAIGER, geschäftsführender Wasserdirektor, in Vertretung für Herrn Niki BERLAKOVICH, Minister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft;

Für die Schweiz, Frau Bundesrätin Doris LEUTHARD, Vorsteherin des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation;

Für Wallonien, Herr Didier CADELLI, Berater in Vertretung für Herrn Philippe HENRY, Minister für Umwelt, Raumordnung und Mobilität;

Für die Europäische Union, Herr Peter GAMMELTOFT, Direktor, in Vertretung für Herrn Janez POTOCNIK, Kommissar für Umwelt;

Für die Internationale Kommission zum Schutz des Rheins, Herr André WEIDENHAUPT, Präsident der Kommission.

Als Beobachter

Vertreter von zwischenstaatlichen Organisationen sowie Nichtregierungsorganisationen

Präambel

1. Die Vereinten Nationen haben 2013 als Internationales Jahr der Wasserkooperation ausgerufen. Die Zusammenarbeit im Rheineinzugsgebiet ist insoweit ein herausragendes Beispiel, auch für die Umsetzung des seit über 20 Jahren bestehenden UNECE-Übereinkommens zum Schutz und zur Nutzung grenzüberschreitender Wasserläufe und internationaler Seen, des sog. Helsinki-Übereinkommens. Der Rhein gibt somit anderen internationalen Flussgebieten neue Impulse, in Europa und weltweit.

2. Die Vertragsparteien der Internationalen Kommission zum Schutz des Rheins (IKSR) blicken auf eine mehr als 60jährige, stetig gewachsene und vertrauensvolle Zusammenarbeit im Gewässerschutz zurück. Seit über 10 Jahren arbeiten sie zudem mit den anderen Staaten im Einzugsgebiet dieses grossen Stroms im Rahmen des Koordinierungskomitees Rhein erfolgreich zusammen, um die gewässerbezogenen Richtlinien der EU umzusetzen. Die bisher erzielten Erfolge wurden im September 2013 mit dem ersten European Riverprize gewürdigt.

3. Das 2001 beschlossene Programm "Rhein 2020" konkretisiert die Ziele der Zusammenarbeit im Hinblick auf eine nachhaltige Entwicklung des Rheins. Der erste Bewirtschaftungsplan nach der WRRL1 für das gesamte internationale Rheineinzugsgebiet (2009) ist eines auf der Basis der Leitlinien der gemeinsamen europäischen Strategie zur Umsetzung der WRRL erstellten Produkte. Die vorgesehenen Massnahmen zur Wiederherstellung der Durchgängigkeit und von sich selbst erhaltenden Wanderfischbeständen im exemplarischen Masterplan Wanderfische Rhein sind in den Bewirtschaftungsplan eingeflossen.

1EU-Wasserrahmenrichtlinie - Richtlinie 2000/60/EG

2EU-Hochwasserrisikomanagementrichtlinie - Richtlinie 2007/60/EG

4. Die Hauptsorge in den 1970er Jahren betraf die Verbesserung der Wasserqualität. Vor allem bedingt durch den Sandoz-Störfall in den 1980er Jahren richtete sich die Aufmerksamkeit verstärkt auf die ökologische Qualität. Leitmotiv ist die Rückkehr des seit Mitte der 1950er Jahre verschwundenen Lachses. Die Hochwasserereignisse in den 1990er Jahren führten zu einer Verstärkung der integrierten Gewässerbewirtschaftung.

5. Angesichts der katastrophalen Hochwasserereignisse im Mai/Juni 2013 im Donau- und Elbeeinzugsgebiet wird für das Rheineinzugsgebiet erneut deutlich, dass die Anstrengungen in den Staaten zur Reduzierung des Hochwasserrisikos und der potenziellen Hochwasserschäden - auch mit Blick auf die Erstellung des 1. Hochwasserrisikomanagementplans nach der HWRM-RL2 - nicht nachlassen dürfen.

6. Die fruchtbare Zusammenarbeit wird sich mit Blick auf neue Herausforderungen bewähren müssen. Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Gewässer und ihre Nutzungen sind künftig in die Bewirtschaftung mit einzubeziehen.

7. Für die weitere Umsetzung des EU-Gewässerschutzrechts auch im Rheineinzugsgebiet werden die im November 2012 getroffenen europäischen Ratsschlussfolgerungen zu den Bewertungen und Vorschlägen der Europäischen Kommission für den Schutz der europäischen Wasserressourcen (Blueprint) mit ausschlaggebend sein.

8. Die heutige Ministerkonferenz knüpft mit neuen richtungweisenden Beschlüssen an die 14. Rhein-Ministerkonferenz 2007 in Bonn an, insbesondere im Hinblick auf stoffliche Belastungen einschliesslich Mikroverunreinigungen, die Durchgängigkeit des Stroms und seiner Zuflüsse, das Hochwasserrisikomanagement sowie auf die Auswirkungen des Klimawandels auf den Wasserhaushalt und die Wassertemperatur. Hierzu liegen wichtige Ergebnisse aus der IKSR-Arbeit der letzten Jahre vor.

Chemische und ökologische Qualität

Reduzierung der Stoffbelastung

9. Die Ministerinnen, Minister sowie der Vertreter der Europäischen Union begrüssen, dass …

a. sich die Wasserqualität des Rheins und vieler seiner Nebengewässer - trotz unverändert intensiver Nutzung des Rheineinzugsgebiets - dank der Verringerung der Schad- und Nährstoffeinträge aus Industrie und Kommunen deutlich verbessert hat;

b. Meldungen über den Warn- und Alarmplan Rhein seit 2008 erkennbar abgenommen haben, auch dank erhöhter Kontrollen und zunehmender Vorsorge durch Industriebetriebe und die Schifffahrt;

c. die Aktivitäten der Vertragsparteien des CDNI-Übereinkommens3, der Binnenschifffahrt, der Wasserschutzpolizei und der europäischen Ether-Kraftstoffproduzenten (EFOA4) zu einem Rückgang der Verschmutzung durch illegale MTBE-ETBE5 - Einleitungen aus der Schifffahrt geführt haben;

3Übereinkommen über die Sammlung, Abgabe und Annahme von Abfällen in der Rhein- und Binnenschifffahrt (CDNI) vom 9. September 1996 (http://www.cdni-iwt.org); Vertragsparteien: Schweiz, Frankreich, Luxemburg, Belgien, Deutschland, Niederlande

4EFOA=European Fuel Oxygenates Association

5MTBE=Methyl-tert-butylether, ETBE=Ethyl-tert-butylether: Verwendung als Kraftstoffzusätze

d. zwischenzeitlich 8 der im Sedimentmanagementplan Rhein (2009) identifizierten 22 Risikogebiete saniert worden sind. Im Ketelmeer-West (Niederlande) erfolgte die umfangreichste Sanierung. Seitens Deutschland und Frankreich werden im Rahmen der Ständigen Kommission weitere Untersuchungen zur Hexachlorbenzol (HCB) - Problematik am Oberrhein durchgeführt.

10. Sie stellen fest, dass ...

a. die Gehalte ubiquitärer Stoffe wie Dioxine, Furane und dioxinähnliche PCB in einigen Fischen, insbesondere in Aalen des Rheins und seiner Zuflüsse, nahezu flächendeckende Überschreitungen des lebensmittelrechtlichen Summen-Höchstwerts aufweisen, die mit weiteren Sanierungsanstrengungen nicht verringert werden können. Daher sind in einigen Staaten Einschränkungen für die Fischerei, das In-Verkehr-Bringen, die kostenlose Abgabe und den Fischkonsum erlassen worden;

b. Mikroverunreinigungen, z. B. Rückstände von Arzneimitteln, Röntgenkontrastmitteln oder Körperpflegeprodukten im Rheinwasser vorkommen und sowohl im Hauptstrom als auch in den Nebenflüssen in messbaren Konzentrationen nachgewiesen werden, wobei …

(i) im Unterlauf des Rheins und in Gewässern des Einzugsgebietes mit hohem Abwasseranteil aus Kläranlagen verhältnismässig hohe Konzentrationen von Mikroverunreinigungen nachgewiesen werden;

(ii) bei einzelnen Mikroverunreinigungen die nachgewiesenen Maximalkonzentrationen vorgeschlagene Umweltqualitätsnormen überschreiten oder in der Grössenordnung ökotoxikologisch relevanter Werte liegen;

(iii) für viele der betrachteten Mikroverunreinigungen Haushalte, Industrie und Gewerbe die wichtigsten Emissionsquellen sind und kommunales Abwasser - trotz Reinigung in einer Kläranlage - der massgebliche Eintragspfad ist;

(iv) in einigen Staaten im Rheineinzugsgebiet bereits technische Lösungen für die Umsetzung von konkreten Massnahmen zur Reduktion der Einträge von Mikroverunreinigungen aus der Siedlungsentwässerung erarbeitet werden. Dies gilt insbesondere für (Pilot)Anlagen in Deutschland, Luxemburg, den Niederlanden und der Schweiz.

11. Sie nehmen zur Kenntnis, dass …

a. das 2009 im Bewirtschaftungsplan für die internationale Flussgebietseinheit Rhein gemäss WRRL definierte Ziel der weiteren Abnahme der Stickstofffracht um 15% - 20% bis 2015 in den Staaten im Rheineinzugsgebiet voraussichtlich erreicht wird und dass diese Abnahme gleichzeitig wesentlich zur Umsetzung des Ziels der MSRL6 beiträgt;

6EU-Meeresstrategierahmenrichtlinie - Richtlinie 2008/56/EG

7PAK, Tributylzinnverbindungen (TBT) u.a.

b. im Rheineinzugsgebiet die diffusen Stoffeinträge nach wie vor ein Problem darstellen. Es handelt sich dabei vor allem um Stickstoff und regional auch um Phosphor, um Pflanzenschutzmittel wie zum Beispiel Isoproturon, um PCB, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) sowie um die Schwermetalle Zink und Kupfer;

c. der gute chemische Zustand gemäss WRRL in vielen Gewässern des Rheineinzugsgebiets nicht erreicht wird. Trotz der umfassenden Sanierungsmassnahmen sind die Konzentrationen einiger ubiquitärer Substanzen7 zu hoch.

12. Sie erinnern daran, dass ...

a. die Massnahmenprogramme des 1. Bewirtschaftungszyklusses gemäss WRRL (2009-2015) auf eine weitere Reduzierung der in die Gewässer eingetragenen Substanzen abzielen;

b. weitere Massnahmen existieren wie die Optimierung des Einsatzes von Düngern und Pflanzenschutzmitteln sowie die Förderung des ökologischen Landbaus/Biolandbaus;

c. Stoffe im Rheinwasser keine nachteiligen Auswirkungen auf die Lebensgemeinschaften von Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen haben dürfen, weder für sich genommen noch in Wechselwirkung miteinander, und die Wasserqualität derart sein muss, dass die Gewinnung von Trinkwasser nicht erschwert wird.

13. Sie bekräftigen ihren Willen, sofern bis 2015 nicht alle Reduzierungsziele erreicht werden, den stofflichen Eintragsreduzierungsmassnahmen und ihren Wechselwirkungen mit anderen Politikbereichen im Zuge des 2. Bewirtschaftungsplans (2016-2021) gemäss WRRL und der weiteren Umsetzung des Programms "Rhein 2020" verstärkt Aufmerksamkeit zu widmen.

14. Sie unterstützen die Zielsetzung der CDNI- Vertragsparteien, die Entstehung von Schiffsabfällen zu vermeiden und…

a. soweit noch erforderlich - Sorge dafür zu tragen, dass das Netz der Annahmestellen für Schiffsabfälle möglichst zügig ausgebaut und im Internet soweit wie möglich veröffentlicht wird;

b. einen besseren Informationsaustausch (etwa über Vorschriften und Rechtsinstrumente, Ladungen, Schiffsbewegungen) vorzusehen, beispielsweise zur Verbesserung der Datenspeicherung, um illegale Einleitungen zu verhindern, zu reduzieren und ggf. zu sanktionieren.

15. Sie bekräftigen die im Sedimentmanagementplan Rhein vorgeschlagenen Massnahmen und haben die feste Absicht, diese Vorschläge für alle Risikogebiete umzusetzen.

16. Sie beauftragen die IKSR, über vergleichbare Bestimmungsmethoden vergleichbare Untersuchungsergebnisse für die Kontamination von Fischen/Biota für das gesamte Rheineinzugsgebiet zu schaffen. Dies ermöglicht, die Anforderungen aus dem Lebensmittel-, Gesundheits- und dem Wasserrecht so weit wie möglich gleichzeitig abzudecken. Sie unterstützen damit das Bemühen der Staaten, möglichst einheitliche Verzehrempfehlungen für die Bevölkerung zu erarbeiten.

17. Sie sind sich einig, dass auf nationaler und internationaler Ebene Massnahmen zur Vermeidung und Verringerung von Einträgen von Mikroverunreinigungen zu ergreifen sind. Diese Massnahmen können insbesondere folgende sein:

a. Massnahmen an der Quelle z.B. Einschränkung der Anwendung von Stoffen;

b. Anforderungen an Produktionsprozesse und betriebliche Abwasserreinigung, insbesondere Anwendung der besten verfügbaren Techniken ;

c. Förderung der Entwicklung und Umsetzung innovativer Verfahren zur Reduktion der Emissionen von Mikroverunreinigungen;

d. Einsatz von weitergehenden Verfahren zur Eliminierung von Mikroverunreinigungen aus dem Abwasser aus kommunalen Kläranlagen;

e. Überprüfung und Fortschreibung bestehender Überwachungskonzepte unter Berücksichtigung der Abbauprodukte;

f. Information der Öffentlichkeit über Gebrauch, Vermeidung und Entsorgung.

18. Da viele Massnahmen die Verantwortlichkeiten der IKSR bzw. die Ebene des Rheineinzugsgebiets überschreiten, verpflichten sich die Ministerinnen und Minister sowie der Vertreter der Europäischen Union, die Initiative zu ergreifen und Aktivitäten zu entwickeln, die auf Vermeidung und Verminderung von Einträgen von Mikroverunreinigungen abzielen. Insbesondere sollten:

a. die Festlegung einer konsequenten Massnahmenkette von der Quelle bis zur Entsorgung für Produkte, die gewässerrelevante Stoffe enthalten, erfolgen, z. B. durch …

- Weiterentwicklung der besten verfügbaren Techniken für die Produktion oder Verarbeitung;

- Verstärkte Berücksichtigung von Umweltaspekten bei der Zulassung von Stoffen und beim Erhalt der Marktfähigkeit von Stoffen, insbesondere über Verbesserung oder Erstellung von Methoden zum Nachweis der Auswirkungen der Stoffe auf das Ökosystem;

- Anforderungen an In-Verkehr-Bringen und Verwendung, beispielsweise Einschränkungen und Verbote;

- Kennzeichnungspflichten;

b. Methoden zur Beurteilung von Effekten von Mikroverunreinigungen auf die aquatische Fauna und Flora harmonisiert werden;

c. bestehende und künftige stoffbezogene Regelungen mit Regelungen für den Schutz der Wasserressourcen und der aquatischen Umwelt abgestimmt sein.

19. Sie beauftragen die IKSR, …

a. die Strategie für Mikroverunreinigungen aus diffusen Quellen anhand des Beispiels der Pestizide fertig zu stellen;

b. die Arbeiten auf nationaler und europäischer Ebene weiter zu begleiten und den Kenntnis-, Erfahrungs- und Informationsaustausch über die angewandten innovativen Verfahren/Techniken und über die ausschlaggebenden Emissionspfade fortzusetzen;

c. nach 3 Jahren über die festgestellten Entwicklungen Bilanz zu ziehen. Auf der Grundlage dieser Bilanz soll die IKSR entscheiden, welche gemeinsamen Massnahmen zu treffen sind, die darauf abzielen, die Einträge von Mikroverunreinigungen über die ausschlaggebenden Eintragspfade (insbesondere kommunales Abwasser) zu verringern.

20. Sie begrüssen, dass die mit der IKSR zusammenarbeitenden NGOs sowie andere auf dem Gebiet tätige Akteure die Verteilung von Informationen über die Umwelt- und Trinkwasserrelevanz von Stoffen an die Öffentlichkeit sowie empfohlene Änderungen der Anwendung und der Entsorgung von Stoffen unterstützen.

Verbesserung der ökologischen Situation

21. Die Ministerinnen, Minister sowie der Vertreter der Europäischen Union begrüssen, dass:

a. heute wieder mehr als 60 Fischarten und mehr als 500 wirbellose Arten wie Insektenlarven, Muscheln, Schnecken etc. im Rhein vorkommen;

b. viele Arten, die im Rhein als ausgestorben oder stark dezimiert galten, zurückgekehrt sind. Allerdings breiten sich einige in das Rheineinzugsgebiet eingewanderte Arten auf Kosten der heimischen Fauna aus;

c. im Rahmen der Umsetzung des Programms Rhein 2020 und der Wasserrahmenrichtlinie in den letzten Jahren viel erreicht worden ist: Fische können an rund 480 Querbauwerken in Gewässern des Rheineinzugsgebiets wieder aufsteigen, 122 km. Überschwemmungsauen sind reaktiviert und 80 Altarme und Nebengewässer wieder an die Rheindynamik angeschlossen. Von dieser ökologischen Vernetzung und Rückeroberung von Habitaten profitieren die Wanderfische, aber auch lokale Fischarten und Wirbellose;

d. der Masterplan Wanderfische Rhein der IKSR eine kohärente Herangehensweise in einem internationalen Flussgebiet aufzeigt und viele seiner Massnahmen in den Bewirtschaftungsplan 2009 gemäss WRRL aufgenommen worden sind. Entsprechende Massnahmen zur Förderung der Bodensee-Seeforelle sind im Alpenrhein/Bodensee-Gebiet vorgesehen;

e. der Lachsbesatz in Teilen des Siegsystems am Rheinunterlauf bereits schrittweise reduziert werden kann, auch wenn dieser am Rheinoberlauf für den Populationsaufbau langfristig weiterhin unumgänglich ist, um die Anzahl der Rückkehrer zu erhöhen und die zaghaft beginnende Naturvermehrung zu unterstützen.

22. Sie bekräftigen, dass die Wiederherstellung der Wanderwege eine wichtige Bewirtschaftungsfrage im Zuge der Umsetzung der WRRL sowie des schweizerischen Gewässerschutzgesetzes darstellt und Wanderfische auch für die Umsetzung der MSRL von Bedeutung sind. Bestimmte Wanderfische benötigen für ihren Lebenszyklus funktionierende Verbindungen zwischen den Fliessgewässersystemen und der Meeresumwelt.

23. Sie stellen fest, dass die Abwärtswanderung für Junglachse oder adulte Aale in Turbinenbereichen aufgrund der grossen Verletzungsgefahr kritisch ist, insbesondere wenn mehrere Wasserkraftwerke auf einander folgen.

24. Sie beauftragen die IKSR, sich intensiv der gemeinsamen Ermittlung innovativer Abstiegstechniken an Querbauwerken zu widmen; deren Realisierung ist notwendig, um den Verlust von Lachsen oder Aalen bei der Abwärtswanderung durch die Turbinen einzuschränken.

25. Sie stellen fest, dass dank der laufenden Massnahmen ein bis in den Raum Basel stromaufwärts für Wanderfische durchgängiger Rhein immer realistischer und planbarer wird. Die dort vorhandenen Wanderfisch-Laichgebiete in Birs, Wiese und Ergolz werden dadurch ab 2020 wieder zugänglich.

26. Sie bekräftigen, dass für die Zielerreichung des Programms Rhein 2020 und des Masterplans Wanderfische Rhein im Rheinhauptstrom

a. die teilweise Öffnung der Haringvlietschleusen an der Nordseeküste in 2018 erfolgen wird;

b. der Fischpass an der Staustufe Strassburg 2015 in Betrieb gehen wird; im selben Jahr werden die Bauarbeiten für den Fischpass an der Staustufe Gerstheim eingeleitet, um das Elz-Dreisam-Gebiet wieder an den Rheinstrom anzubinden;

c. die beim Bau der bisherigen Fischaufstiegshilfen gewonnenen Erfahrungen und die Bewertung ihrer tatsächlichen Wirksamkeit im Gewässersystem zur Verbesserung der folgenden noch zu bauenden technischen Lösungen beitragen werden;

d. die Überführung der Fische in den Alt-(Rest)Rhein im Bereich der Staustufe Vogelgrün/Breisach technisch herausfordernd ist. Sie beauftragen die IKSR, für die Aufwärtswanderung im Oberrhein bis Basel im Jahr 2014 einen Erfahrungsaustausch unter Berücksichtigung der Ergebnisse der bisherigen Studien zwischen Experten/innen zu ermöglichen, um dazu beizutragen, eine technisch optimale Lösung zu erhalten;

e. an den Oberrheinstaustufen Rhinau, Marckolsheim und Vogelgruen ein effizientes Fischpasssystem zu planen und auszuführen ist, damit die Fische bis 2020 den Alt-(Rest)Rhein und Basel erreichen können.

27. Sie bekräftigen, dass ….

a. die Durchgängigkeit der Mosel bis Schengen (Dreiländereck FR-LU-DE) sukzessiv durch Neubauten von Fischpässen an den Staustufen wieder hergestellt werden muss;

b. die Fischpassierbarkeit an bestehenden Querbauwerken in allen Programmgewässern des Masterplans Wanderfische Rhein wieder hergestellt werden muss;
c. grundsätzlich keine neuen Wanderhindernisse in den Programmgewässern und möglichst keine Wanderhindernisse in noch freien Fliessstrecken gebaut werden sollen, um diese Fliessstrecken als Laich- und Jungfischhabitate erhalten zu können;

d. die Massnahmen des Masterplans Wanderfische Rhein auf einige Hochrhein- und Aare-Zuflüsse ausgeweitet werden sollen, da sich dort - nach einer 2012er Erhebung - über 200 ha zusätzliche Lachsjungfischlebensräume befinden.

28. Sie streben an, die Anstrengungen fortzusetzen, um das Ziel bis 2020, 800 km Uferlinie ökologisch aufzuwerten, zu erreichen, um die Artenvielfalt im Uferbereich des Rheins deutlich zu fördern. Sie haben die feste Absicht, die Umsetzung von Massnahmen zur Erhöhung der Vielfalt aquatischer und semi-aquatischer Lebensräume, auch durch Reaktivierung des Geschiebehaushalts bzw. Geschiebezugaben im Rhein und durch die Umsetzung des Biotopverbundes am Rhein zu intensivieren.

29. Sie bekräftigen, dass bei der Umsetzung der WRRL die Ziele der wasserabhängigen NATURA 2000-Gebiete weiterhin zu berücksichtigen sind. Die Aktivitäten des Gewässer- und des Naturschutzes sind noch besser mit einander zu verknüpfen, um wechselseitige Synergieeffekte zu nutzen. Dasselbe gilt für die Umsetzung der HWRM-RL in Zusammenhang mit der WRRL, z. B. bei der Schaffung natürlicher Überschwemmungsräume. Die Erfolgskontrolle des Biotopverbundes wird die Erfolge/Defizite aufzeigen.


Hochwasserrisikomanagement

30. Die Ministerinnen, Minister sowie der Vertreter der Europäischen Union stellen fest, dass durch die politischen Ziele des Aktionsplans Hochwasser:

a. die Staaten im Rheineinzugsgebiet seit dem letzten grossen Rheinhochwasser 1995 gut 10 Milliarden Euro in die Hochwasservorsorge, den Hochwasserschutz und die Hochwassersensibilisierung investiert haben, um das Hochwasserrisiko zu mindern und damit den Schutz von Menschen und Sachwerten erhöht haben;

b. seit 2010 am Rhein unterhalb von Basel (am Ober- und Niederrhein) Rückhalteraum für bis zu 229 Mio. m. Wasser vorhanden ist. Ausserdem sind im Rheindelta flussbetterweiternde Massnahmen (Raum für den Fluss) erfolgt; dies dient der Absenkung von Hochwasserscheiteln und der Minderung von Hochwasserrisiken;

c. Renaturierungen an Nebenflüssen und kleineren Gewässern im Einzugsgebiet hinzukommen und dass an bestimmten Rheinstrecken - um Menschen und Sachwerte besser zu schützen - die Deichsicherheit und der örtliche Hochwasserschutz erhöht worden sind;

d. sich die potenziell betroffene Bevölkerung heute unter anderem dank moderner Kommunikationsmittel (Internet/SMS/etc.) schneller über Hochwasserrisiken informieren kann. Die Behörden haben die Zeiträume für die Vorhersagen verlängert und die Bürger/innen können sich und ihre Sachwerte im Hochwasserfall früher in Sicherheit bringen.

31. Sie stellen fest, dass die Umsetzung der Massnahmen länger dauert als ursprünglich vorgesehen. Sie betonen die Bedeutung der fristgerechten Realisierung aller bis 2020 geplanten Rückhalteräume sowie der Sicherung der Räume für Massnahmen, die nach 2020 realisiert werden.

32. Sie stellen fest, dass die bisher angestrebte Minderung der Hochwasserscheitel mit den geplanten Massnahmen des Aktionsplans Hochwasser nur lokal und bei einer kleinen Anzahl Hochwasserereignisse erreicht werden kann. Sie bekräftigen jedoch den Nutzen der im Rahmen des Aktionsplans Hochwasser bereits geplanten konkreten Massnahmen, die ganz oder teilweise in die folgenden Hochwasserrisikomanagementpläne gemäss HWRM-RL aufgenommen werden. Sie betonen - angesichts der erwarteten Klimaänderung - die Notwendigkeit, über bereits geplante Massnahmen hinaus weitere Massnahmen für den Hochwasserrückhalt vorzusehen.

33. Sie begrüssen die in der IKSR unternommenen Schritte im Rahmen der Umsetzung der HWRM-RL, einen gemeinsamen übergreifenden Hochwasserrisikomanagementplan zu erarbeiten. Dieser wird die Massnahmen der verschiedenen Staaten für die Aktionsfelder Vermeidung, Schutz und Vorsorge unter Berücksichtigung der Zielsetzungen und Massnahmen des Aktionsplans Hochwasser zusammenfassen.

34. Sie stellen fest, dass - durch die Auswirkungen des Klimawandels mit der erwarteten Zunahme von Hochwasserereignissen und auch mit Blick auf eine möglicherweise grössere Eintrittswahrscheinlichkeit von Extremereignissen - insbesondere überregional wirksame Massnahmen des Hochwasserrisikomanagements wie die Freihaltung überflutungsgefährdeter Bereiche vor weiterer Nutzung oder die Schaffung von mehr Hochwasserrückhalteraum/Raum für den Fluss noch wichtiger werden.

35. Sie begrüssen die in der IKSR gestartete gemeinsame Entwicklung eines Instrumentes zum Nachweis der Schadensminderung in Verbindung mit Hochwasserrisiken, mit dem die Wirksamkeit verschiedener Massnahmen in unterschiedlichen Handlungsfeldern (Flächenfreihaltung, Raumplanung, Objektschutz, etc.) ermittelt werden kann. Dieses Instrument kann eine Priorisierung der Massnahmen bei der Hochwasserrisikomanagementplanung ermöglichen.

36. Sie betonen die Notwendigkeit eines umfassenden und integralen Hochwasserrisikomanagements, welches alle Handlungsoptionen mit einschliesst. Mit Blick darauf ist es notwendig, im Zuge der Umsetzung der HWRM-RL die Vorsorge für grosse Hochwasser bis zum Extremhochwasser für alle Handlungsbereiche und auf allen Zuständigkeitsebenen auszubauen. Dazu gehören u. a. die Aufstellung und Erweiterung von Katastrophenschutzplänen sowie kommunaler oder regionaler bzw. (inter-)nationaler Krisenmanagementpläne (u.a. Zivilschutz).

37. Sie bekräftigen, dass auf eine gute Abstimmung und Vernetzung der Aktivitäten zu achten ist, um zu vermeiden, dass eine in einem Gebiet geplante Massnahme das Überschwemmungsrisiko grenzüberschreitend - stromauf- oder stromabwärts - erhöht.

38. Sie betonen die Wichtigkeit einer verstärkten Information der Bevölkerung über die Gefahren und Risiken von Hochwasserereignissen, um das Bewusstsein zu stärken und die Eigenvorsorge (z. B. hochwasserangepasstes Bauen und Sanieren, Hochwasserschadensversicherungen, Verhaltensvorsorge) zu fördern. Die Bildung von Hochwasserpartnerschaften kann dabei hilfreich sein.

Klimawandel und Anpassung

39. Die Ministerinnen, Minister sowie der Vertreter der Europäischen Union nehmen zur Kenntnis dass:

a. nach der 2007 in Auftrag gegebenen Szenarienstudie für das Abflussregime des Rheins bereits im letzten Jahrhundert die Rheinabflüsse tendenziell im Winter zu- und im Sommer abgenommen haben und dass im Jahresverlauf häufiger kleine und mittlere Hochwasser aufgetreten sind und dass die Klimaprojektionen diesen Trend für die Zukunft bestätigen;

b. die Wassertemperaturen im Rhein sich parallel zur Erhöhung der Lufttemperaturen entwickeln und daher künftig häufiger extreme Situationen, d.h. ausgeprägte Niedrigwasserphasen im Sommer, meist verbunden mit hohen Lufttemperaturen, auftreten, die Probleme für die ökologische Funktionsfähigkeit und Nutzung (z.B. Wasserversorgung, Schifffahrt) der Gewässer hervorrufen.

40. Sie stellen fest, dass …

a. die bisher umgesetzten Hochwasservorsorgemassnahmen im Rahmen des Aktionsplans Hochwasser zur Minderung der Hochwasserrisiken in die richtige Richtung gehen und die bereits eingeleiteten Massnahmen zur Erhöhung der Hochwasserrückhaltung und auch der Widerstandsfähigkeit der Gebiete gegenüber Hochwasser unter Klimawandelgesichtspunkten künftig zu verstärken sind;

b. den Niedrigwasserereignissen, insbesondere im Sommer verbunden mit hohen Wassertemperaturen aufgrund der erwarteten Entwicklungen mehr Aufmerksamkeit zu widmen ist.

41. Sie beauftragen die IKSR, …

a. bis 2014 eine vorläufige IKSR-Klimaanpassungsstrategie für das Rheineinzugsgebiet auf der Grundlage der Auswertung vorliegender Studien/der Diagnose zum Abflusshaushalt (Hoch- und Niedrigwasser) und zum Temperaturhaushalt zu erstellen und Vorschläge für Anpassungsmassnahmen an die erwarteten Effekte des Klimawandels - aufbauend auf den in den Staaten/Regionen vorhandenen Managementmassnahmen - zu prüfen. Die IKSR wird zeitnah über weitere Schritte, ggf. über einen IKSR-Niedrigwasser(-Management)-Planentscheiden;

b. bei der weiteren Erarbeitung der Anpassungsstrategie an den Klimawandel die sozioökonomischen Entwicklungen zu berücksichtigen und dabei alle betroffenen Akteure einzubeziehen.

Künftige Zusammenarbeit

42. Die Ministerinnen und Minister betonen die Bedeutung der bisherigen offenen und vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen den Staaten, ohne die die erzielten Erfolge in der IKSR nicht möglich gewesen wären.

43. Die Ministerinnen, Minister und der Vertreter der Europäischen Union begrüssen die erfolgreiche Koordinierung zwischen den EU-Staaten sowie dem EWR-Staat Liechtenstein und der Schweiz zur Umsetzung der WRRL und der HWRM-RL in der internationalen Flussgebietseinheit Rhein. Die Schweiz und Liechtenstein werden diese Koordinierungs- und Harmonisierungsarbeiten auf der Grundlage ihrer Gesetzgebung weiterhin unterstützen, wobei der Wille zur Zusammenarbeit mit der EU im Bereich der Wasserpolitik zum Ausdruck gebracht wird.

44. Sie begrüssen die enge Zusammenarbeit zur Umsetzung der MSRL - unter rechtzeitiger Einbeziehung aller Binnenländer über die IKSR -, deren wichtige Bereiche Wanderfische, Eutrophierung durch Nährstoffe und Verunreinigungen auch bei der Umsetzung der WRRL eine Rolle spielen.

45. Sie erkennen an, dass die nähere Ausgestaltung der Zielsetzungen für die Umsetzung der MSRL für die internationale Flussgebietseinheit Rhein zusätzlichen Handlungsbedarf im Bereich schwimmender Abfälle (einschl. Mikroplastik) - auch für die Binnenländer - verursachen kann, und bitten die IKSR, erforderlichenfalls dieser Thematik flussgebietsweite Aufmerksamkeit zu widmen.

46. Sie begrüssen die konstruktive und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den Staaten und der EU in der IKSR sowie zwischen der IKSR und den anerkannten Beobachtern. Diese kooperative Arbeit ist fortzusetzen, wobei die IKSR offen dafür ist, mit anderen Organisationen oder Netzwerken zusammen zu arbeiten.

Quelle: Text Bundesamt für Umwelt BAFU, Schweiz, Oktober 2013

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Rhein
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Zentralkommission für die Rheinschifffahrt
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