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INTERNET
UMGANG MIT DIGITALEN MEDIEN MUSS WEITER GEFÖRDERT WERDEN
Es ist nicht leicht, sich im Angebotsdschungel digitaler Medien zurechtzufinden. Zwischen 1 und 4% der Bevölkerung ab 15 Jahren nutzen das Internet auf problematische Weise. Während Videospiele zunehmend als kulturelles Gut gesehen werden, sind gerade Produkte mit Kaufsystemen im Spiel als riskant einzustufen - die Grenze zum Geldspiel wird fliessend. Gezielte Regulierung und viel Aufklärung sind vonnöten. Um die jungen Generationen zu schützen, müssen Eltern und Schulen gestärkt werden. Hier herrscht Nachholbedarf.
Junge Menschen besonders von problematischer Nutzung betroffen
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Digitale Medien spielen in unserem Alltag eine zunehmend wichtige Rolle. Das Gerät in der Hosentasche verbindet uns mit der Welt, ermöglicht Kommunikation, Spiel, Shopping, Recherche oder Arbeit. Etwa 87% der Bevölkerung ab 14 Jahren nutzen das Internet mehrmals pro Woche. Basierend auf Studien der letzten Jahre weisen schätzungsweise zwischen 1 und 4% der Bevölkerung ab 15 Jahren eine problematische Internetnutzung auf (Marmet et al. 2016 / SGB 2017). |
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Bislang liegt indes für Verhaltensweisen, die oft eine «problematische Internetnutzung» genannt werden, keine allgemein anerkannte Begrifflichkeit, Definition oder Diagnose vor. Wie bereits aus früheren Untersuchungen bekannt ist, sind von einer problematischen Nutzung vor allem jüngere Menschen betroffen (etwa eine/r von zehn unter den 15- bis 24-Jährigen) - sie nutzen das Internet generell am meisten.
Behandlungsnachfrage
Das Monitoring-Netzwerk act-info zeigt, dass im Jahr 2018 in der Schweiz 0.6% der in den teilnehmenden Einrichtungen der Suchtbehandlung aufgenommenen Personen hauptsächlich wegen problematischer Internetnutzung behandelt wurden (aufgrund welcher Internetaktivität ist dabei nicht bekannt). Das Durchschnittsalter der behandelten Personen liegt bei ca. 23 Jahren und mit 86% sind mehrheitlich Männer in Behandlung. Zur Frage, weshalb Frauen untervertreten sind, sollte die deutsche Studie "IBS Women" bald mehr Hinweise liefern.
Jugendliche und junge Erwachsene reflektieren ihre Onlinezeit kritisch
Zwei neue Studien zeigen, wie Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit digitalenMedien umgehen.
Die EU Kids Online Schweiz Studie 20181 bringt u.a. Aufschluss über die exzessive Internetnutzung bei den 9- bis 16-Jährigen. Ein Drittel der Befragten gibt an, dass ihre Internetnutzung negative Folgen für den Alltag hat. Familie, Freunde und Hausaufgaben leiden am häufigsten darunter. Etwa ein Viertel hat im letzten Jahr versucht, weniger Zeit online zu verbringen, es aber nicht geschafft.
Die Studie «always on» 2019 zeigt, dass 16- bis 25-Jährige in ihrer Freizeit im Durchsachnitt 4 Stunden pro Tag online sind. Sie sind deutlich länger und häufiger als Erwachsene (40- bis 55-Jährige) online und nutzen insbesondere instant messaging apps, Social Media, Videostreaming und Onlinegames intensiver. Etwa die Hälfte der Jugendlichen erlebt «always on2» vorwiegend positiv wegen der Möglichkeiten zur Kommunikation, Information und Unterhaltung. Fast alle Jugendlichen wenden mindestens eine Regulierungsstrategie an, indem sie z.B. das Handy zur Seite legen, um sich zu konzentrieren.
Stress mit Social-Media kann problematisch werden
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Soziale Netzwerke bieten eine grosse Bandbreite an Funktionen an. Gemäss einer in Deutschland realisierten Studie können Social Media vor allem für jene, welche die Plattformen regelmässig nutzen, sowohl Stressfaktor als auch Ablenkung darstellen. Wer durch soziale Medien gestresst ist, nutzt offenbar die gleichen Plattformen zur Stressbewältigung. Betroffene verlagern ihre Aktivitäten innerhalb der Netzwerke und riskieren, ein übermässiges Verhalten zu entwickeln. Beitrag auf Konturen3. |
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Für diese Studie wurden in der Deutsch- und Westschweiz über Tausend Schülerinnen und Schüler im Alter von 9 bis 16 Jahren zu ihrem Umgang mit dem Internet und den erlebten Risiken befragt (dies entspricht keiner für die Schweiz repräsentativen Befragung). |
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2 |
Es besteht keine einheitliche Definition von «always on». Die Studie versteht darunter, «kontinuierlich in beiden Räumen präsent zu sein, physisch an einem Ort und gleichzeitig in anderen virtuellen Räumen und mit entfernten Menschen in Kontakt» |
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3 |
Für diese nicht repräsentative Untersuchung wurden 444 deutsche Facebook-NutzerInnen befragt. |
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Games: Teil des Alltags, kulturelles Gut, Wettkampf und Krankheit
Dass digitale Medien heute den Alltag stark prägen, wurde auch am 3. nationalen Digitaltag von Anfang September 2019 deutlich. Unter dem Motto «digital gemeinsam erleben», beteiligten sich Interessierte an mehr als 300 Aktivitäten an verschiedenen Standorten. Über 270'000 Personen haben landesweit vor Ort, Hunderttausende zudem online die Digitalisierung hautnah erlebt. Mehr als 1'000 Personen diskutierten an den Anlässen mit, darunter Sucht Schweiz zum Thema problematische Internetnutzung. Insgesamt wurden Chancen, Risiken, Hoffnungen und Ängste rund um die Digitalisierung diskutiert.
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Videospiele werden zunehmend als kulturelles und künstlerisches Gut betrachtet. Das zeigt sich beispielsweise an der Teilnahme von Bundesrat Alain Berset an der Gamescom in Köln. Auch Auszeichnungen werden verliehen: Um zur Entwicklung der digitalen Kreativität beizutragen, lancierte der Kanton Waadt im letzten Jahr eine Ausschreibung für innovative Videospiele.
Die Zeitschrift «Aus Politik und Zeitgeschichte» nähert sich dem Gaming aus verschiedenen Perspektiven - u.a. beleuchtet sie das Wettkampf-Gaming, das neue Fragen aufwirft. Im führenden esportland Südkorea haben negative Begleiterscheinungen dazu geführt, dass bereits 2011 die Spielzeiten für Kinder beschränkt wurden. Das Internationale Olympische Komitee zeigt sich bislang mit Blick auf die in vielen Spieltiteln präsente Gewalt zu-rückhaltend, was eine Anerkennung von esport als Sport angeht.
Die Video- und Onlinespielstörung ist ein Krankheitsbild, das in der medizinischen Versorgung an Bedeutung gewinnt. Im letzten Mai hat die Weltgesundheitsorganisation die elfte Version der „Internationalen Klassifikation der Krankheiten“ (ICD-11) an der WHO-Jahresversammlung in Genf verabschiedet. Die diagnostischen Kriterien dieser Störung sind Kontrollverlust, eine erhöhte Priorität, die dem Videospiel eingeräumt wird, Vorrang vor anderen Interessen und Aktivitäten und die Fortsetzung oder Zunahme des Verhaltens trotz schädlicher Auswirkungen.
Spiele mit besonderen Risiken
Videospiele als Konsumprodukt haben sich mit dem Aufkommen von Kaufsystemen im Spiel (z.B. Mikrotransaktionen, «loot boxes») stark verändert. Ein Review eines international zusammengesetzten Autorengremiums kommt zum Schluss, dass einige Ingamebeschaffungssysteme als unfair oder ausbeuterisch bezeichnet werden können. Spiele mit Informationsvorteilen (z.B. Verhaltenstracking) und Datenmanipulation (z.B. Preismanipulation) sollen Angebote optimieren, um weitere Geldausgaben anzuregen. Gleichzeitig gibt es nur begrenzte oder keine Garantien oder Schutzmassnahmen (z.B. Rückerstattungsanspruch für Spielende).
Quelle:
Text Stiftung Sucht Schweiz, 4. Februar 2020 |
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Suchtpanorama 2018: Publikation |
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