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Staatskunde - Statistiken Schweiz
Trendstudie: Berufliche Identität junger Erwachsener in der Schweiz
Die wichtigsten Ergebnisse der Studie
Stichproben und Methode Stellenwert des Lebensbereichs «Beruf» Gemeinschaftsorientierung versus Eigenwirksamkeit
Arbeitsmotivatoren Interessen und Befähigungen Fertigkeiten, Selbstwert und Selbstwirksamkeitserwartung
Biografische «Erfahrungen» Identitätszustände
Einstieg in die Berufswelt - Wichtigste Ergebnisse

Früher oder später realisieren junge Menschen, dass sich die Berufswelt ihnen nicht ohne ihr eigenes Zutun öffnet, sondern dass sie sich vielmehr einen Weg in die Arbeitswelt erarbeiten müssen. Ebenso erwartet ihr soziales Umfeld, dass sie sich gezielt auf das Berufsleben vorbereiten. Unzählige kleine Schritte führen zur Konstruktion einer an Arbeit und Erwerb orientierten beruflichen Identität. Dieser Prozess kann als eine der wichtigen Entwicklungsaufgaben der jungen Generationen bezeichnet werden. Daran ändert auch nichts, dass die Situation auf dem Lehrstellenmarkt sich derzeit entspannter präsentiert, weil das Angebot die Nachfrage übersteigt. Wie erleben die Jugendlichen selbst diese Entwicklung hin zum Berufsleben? Wie berichten die 19- bzw. 20-jährigen jungen Erwachsenen über ihre diesbezüglichen Erfahrungen, und was ist ihnen in der Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit besonders wichtig?

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Stichproben und Methode

Die hier vorgestellte Erhebung zur beruflichen Identität von jungen Erwachsenen in der Schweiz wurde 2004 und 2005 durchgeführt. Die Hauptstichprobe besteht aus 47'000 jungen Schweizer Männern, rund 95 Prozent aller schweizerischen Stellungspflichtigen dieser Jahre. Sie wurden klassenweise in den Rekrutierungszentren befragt. Die Hauptstichprobe wurde durch drei schweizweit repräsentative Zufallsstichproben ergänzt: gleichaltrige Schweizer Frauen (1660), Ausländer (165) und Ausländerinnen (130), welche die Fragebogen individuell im privaten Umfeld ausfüllten. Die jeweiligen Anteile an Berufslernenden und Maturanden entsprechen in etwa offiziellen Bildungsstatistiken.

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Stellenwert des Lebensbereichs «Beruf»
Fragt man nach der Bedeutung verschiedener Lebensbereiche, so figuriert im Vergleich zu anderen Lebensbereichen die Triade «Arbeit-Beruf-Ausbildung» bei den jungen Erwachsenen erst an dritter Stelle - nach «Familie-Partner/in-Kinder» und «Freunde-Bekannte». Weniger wichtig als Arbeit-Beruf-Ausbildung werden die Lebensbereiche «Hobby-Sport» und - an letzter Stelle - «Traum-Fantasien-Weltanschauungen» eingestuft. Diese Einstufung deckt sich mit Befunden von Studien ähnlicher Art, die bestätigen, dass Beruf und Arbeit im Leben junger Erwachsener zwar eine wichtige, aber nicht die wichtigste Rolle spielen.

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Gemeinschaftsorientierung versus Eigenwirksamkeit

Bei der Frage nach Werten und Lebenszielen, welche junge Erwachsene verwirklichen wollen, ergeben sich drei Gruppen, die den Schwerpunkt unterschiedlich legen. Eine erste Gruppe taxiert die Gemeinschaft mit Menschen bzw. das Eingehen und Aufrechterhalten sozialer Beziehungen als oberstes Ziel. Einer zweiten Gruppe geht es vorwiegend darum, wirksamzu sein und etwas zu leisten. Eine dritte Gruppe hält beide Ziele für etwa gleich wichtig. Besonders Frauen orientieren sich - unabhängig von Nationalität und Bildung - primär eher an prosozialen Zielen: Tiefe und breitgefächerte Beziehungen zu pflegen und sich für andere einzusetzen ist ihnen sehr wichtig. Die Männer hingegen legen tendenziell grösseren Wert darauf, Einfluss auszuüben, etwas zu bewirken oder prestigereiche Positionen einzunehmen.

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Arbeitsmotivatoren
grösserer Grafik: Wichtige Motivatoren von Schweizerinnen und Schweizer, Ausländerinnen und Ausländern
Was motiviert die jungen Erwachsenen in ihrer Arbeitstätigkeit? Sämtliche von uns vorgegebenen Arbeitsmotivatoren erreichen hohe Zustimmung. Ganz oben in der Wichtigkeitseinschätzung finden sich Aspekte, die entweder auf die Tätigkeit oder die Gemeinschaft zielen: «abwechslungsreiche Arbeit» und «Kameradschaft mit den Kolleginnen und Kollegen». Die Schlusslichter bilden eher extrinsische Anreize wie «gute Bezahlung» und «Aufstiegsmöglichkeiten». Allerdings werden diese beiden letzteren von Männern ausländischer Nationalität als deutlich wichtiger ein gestuft als vom Durchschnitt der übrigen befragten Gruppen. Alles in allem kann jedoch festgehalten werden, dass in keiner der untersuchten Stichproben deutliche Unterschiedezwischen den verschieden Aspekten der Motivation auftreten, dass sich also das Anreizprofil für Beruf und Arbeit bei den untersuchten jungen Erwachsenen im Wesentlichen ähnelt.

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Interessen und Befähigungen
grösserer Grafik: Interessen und Fähigkeiten von Schweizerinnen und Schweizer, Ausländerinnen und Ausländern
Die Selbsteinschätzung von Interessen und Befähigungen enthüllt deutliche und zum Teil durchaus erwartete Unterschiede zwischen Männern und Frauen. Während Frauen sich tendenziell eher für Tätigkeiten des Typs «künstlerisch-kreativ» und «erziehend-pflegend» interessieren, überwiegt das Interesse bei den Männern für Tätigkeiten des Typs «handwerklich-technisch» und «untersuchend-forschend». Nebst diesen eher traditionellen Rollenbildern entsprechenden Unterschieden ergeben sich bei den Typen «führend-verkaufend» und «ordnend-verwaltend» keine solche Unterschiede: Beide Geschlechter zeigen sich diesbezüglich in etwa gleich stark interessiert, was nicht selbstverständlich ist, weil sich hier doch eine Konvergenz bei den Geschlechtsrollenbildern bemerkbar macht.

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Fertigkeiten, Selbstwert und Selbstwirksamkeitserwartung

Die Befragten haben sich selbst bezüglich berufsrelevanter Stärken und Schwächen (allgemein: Fertigkeiten) im Vergleich zu anderen Personen ihres Alters eingestuft. Alles in allem fallen die Selbsteinschätzungen der jungen Erwachsenen überwiegend positiv aus, was auf einen «gesunden» allgemeinen Selbstwert hinweist. Bei den Schweizer Männern liegen die Einschätzungen leicht höher als bei den anderen Stichproben.

Da die einzuschätzenden Fertigkeiten soziale Kompetenzen, Kulturtechniken und praktische Fertigkeiten umfassen, ist es als bedenklich einzustufen, dass sich ca. 5% der Befragten durchs Band als eher schlechter als andere einstufen. Junge Erwachsene mit einem tiefen Selbstwert haben auch ein tieferes Vertrauen in ihre Fähigkeiten, Probleme zu lösen und Hindernisse zu überwinden (Selbstwirksamkeitserwartung).

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Gemeinschaftsorientierung versus Eigenwirksamkeit

Die Eidgenössischen Jungendbefragungen sind seit ihrer Entstehung mit dem Bundesstaat von 1848 eine Einrichtung des früheren Militärdepartements EMD und heutigen VBS. Ihren Ursprung hatten sie in den "Pädagogischen Rekrutenprüfungen". Mit diesen wurde bis in die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts durch eigentliche Prüfungen in Schreiben, Rechnen und Staatskunde bei den jungen Rekruten die Wirksamkeit der kantonalen Schulsysteme überprüft.

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Biografische «Erfahrungen»

Viele Jugendliche machen während ihrer Schulzeit arbeitsweltrelevante Erfahrungen (Nebenerwerbstätigkeiten, Auslandaufenthalte, Praktika). Dadurch erhalten sie Qualifikationen, welche das schulische Lernen erweitern und unterstützen und den späteren Einstieg in die Arbeitswelt erleichtern. Mehr als die Hälfte der jungen Erwachsenen nimmt diese Chance wahr. Wer solche Erfahrungen nicht gemacht hat - und das ist bei etwa einem Viertel aller Befragten der Fall -, wird erfahrungsgemäss mehr Schwierigkeiten haben, sich zukünftig in die Berufswelt zu integrieren.

Blicken die 19- bzw. 20-Jährigen auf ihre Berufs- und Ausbildungswahl am Ende der obligatorischen Schulzeit zurück, so fallen ihre Urteile über ihre damalige Wahl- und Entscheidungssituation sehr unterschiedlich aus. Was vielen nach eigenem Bekunden besonders gefehlt hat, sind realistische Vorstellungen über die ihnen zugänglichen Ausbildungsmöglichkeiten (Ausbildungsmarkt) sowie eine realistische Einschätzung der eigenen Neigungen und Interessen.

Bei der Berufs- und Ausbildungswahl treten natürlich auch Schwierigkeiten auf. Folgende persönlich erlebten Probleme oder Hindernisse werden besonders häufig erwähnt: fehlende Perspektiven in Bezug auf Lohn, Karriere und berufliche Entwicklungsmöglichkeiten. Etwas nachgeordnet folgen ein als «schwierig» zu überschauender (Lehr-)Stellenmarkt und ungenügende Schulabschlussnoten.

Eher selten kommen das fehlende Einverständnis der Eltern, die Kosten der Ausbildung und eine nicht bestandene Prüfung zur Sprache. Alles in allem berichten Ausländerinnen und Ausländer häufiger von erlebten Hindernissen als Schweizerinnen und Schweizer.

Nach der Wahl für einen Bildungs- bzw. Berufsweg folgt für die (Berufs-) Lernenden die Suche nach einer geeigneten Ausbildungsstelle. In den Medien ist häufig davon die Rede, dass diese Suche aufwändig sei und mit Dutzenden von Bewerbungsschreiben einhergehe. Gemäss unseren Ergebnissen trifft diese Aussage nicht immer zu:

1. Ein Drittel der befragten Lehrstellensuchenden musste gar keine oder nur gerade eine einzige Bewerbung schreiben. Der Vertrag kam also vorwiegend durch persönliche,mündliche Kontakte zustande.

2. Von den übrigen fast zwei Dritteln schreiben 71% der Schweizer und 56% der Schweizerinnen zwei bis zehn Bewerbungen.

3. Von mehr als 40 Bewerbungen berichten 8% der Schweizer und 12% der Schweizerinnen. Das erwähnte Aufwandsproblem betrifft also ca. 10% der Lehrstellensuchenden.

Neben der «erschwerten» Lehrstellensuche stellen Abbrüche ein weiteres Problemfeld dar. Ausbildungen (Berufslehre oder Schule) werden gemäss unserer Erhebung in etwa 11% aller Fälle abgebrochen - allerdings liegt die Abbruchrate bei Ausländern und Ausländerinnen deutlich höher. Die genannten Gründe dafür sind insbesondere ungenügende Eigenleistungen, Enttäuschung über die Ausbildung und Probleme mit Lehrpersonen oder Vorgesetzten.

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Identitätszustände

Im Versuch einer Gesamtschau werden verschiedene Entwicklungsstufen der beruflichen Identität definiert. In Anlehnung an Erikson (1989) und Marcia (1993) lassen sich in den Biografien von jungen Erwachsenen bzw. im Konstruktionsprozess der Berufsidentität vier verschiedene Zustände bzw. Stadien ausmachen:

1. Junge Erwachsene mit erarbeiteter Identität haben viel über die Ausbildungs- und Berufswahl nachgedacht, sich aktiv mit den verschiedenen externen Einflüssen und Möglichkeiten auseinandergesetzt und schliesslich eine Tätigkeit gefunden, die ihren Interessen entspricht - sie haben sich selber eine berufliche Identität erschaffen und orientieren sich dabei an eigenen Wertvorstellungen.

2. Im Zustand der übernommenen Identität sind junge Erwachsene klar eine innere Verpflichtung eingegangen und üben eine Tätigkeit aus, die ihnen durchaus entspricht. Sie haben sich jedoch nicht sonderlich aktiv mit der Ausbildungs- und Berufswahl beschäftigt und verfügen über ein eher bescheidenes Interessensspektrum.

3. Junge Erwachsene mit suchender Identität verfügen über eine hohe allgemeine Interessiertheit und sind am Austesten verschiedener Möglichkeiten. Jedoch stellen sich ihnen vergleichsweise viele Hindernisse in den Weg, und sie sind sich unsicher, für welche der Möglichkeiten sie sich entscheiden sollen.

4. Junge Erwachsene mit diffuser Identität machen sich wenig Gedanken zu ihrer Berufs- und Ausbildungswahl, zeichnen sich vorab durch passives Such-Verhalten aus, gehen kaum Verpflichtungen ein und haben im Vergleich zu den anderen drei Typen einen tieferen Selbstwert und wenig Vertrauen in ihre Fähigkeiten, Probleme zu überwinden.

Bei jenen mit erarbeiteter und übernommener Identität (kurz: den Entschiedenen) liegt die Zufriedenheit mit der Ausbildung deutlich höher als bei jenen mit diffuser und suchender Identität (kurz: der noch Unentschiedenen). Das bedeutet u.a., dass die definitive Entscheidung für eine berufliche Tätigkeit sich auch klar positiv auf das allgemeine Wohlbefinden der jungen Erwachsenen im Arbeitsalltag auswirkt.

Quelle: Text Generalsekretariat VBS und ch-x , August 2011

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Externe Links
"YAS - Young Adult Survey"
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