Schule Schweiz - Bildung Schweiz
Arbeitszeit von Lehrpersonen
zurueck
end
Arbeitszeit in Lehrberufen
LCH Arbeitszeiterhebung 2019 - AZE'19
LCH Arbeitszeit und Berufsauftrag von Lehrpersonen müssen übereinstimmen
LCH Arbeitszeiterhebung AZE'19 Bericht, Grafiken
Schulbereich Weitere Informationen
Weitere Informationen
Informationen aus dem Schulbereich
LCH-Arbeitszeiterhebung 2019 - AZE'19
Lehrpersonen leisten viel unbezahlte Überzeit - Insbesondere Teilzeitarbeitende

Die Anforderungen an die Lehrerinnen und Lehrer haben in den vergangenen zehn Jahren weiter zugenommen. Der Trend, in die Teilzeitarbeit auszuweichen, hält weiter an. Doch ausgerechnet bei Teilzeitpensen ist die zeitliche Arbeitsbelastung überproportional hoch. Dies zeigt die repräsentative Arbeitszeiterhebung 2019 des Dachverbands Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH) und des Syndicat des Enseignants Romands (SER). Es ist die dritte Arbeitszeiterhebung des LCH innert 20 Jahren. Erstmals wurde sie nicht nur in der Deutschschweiz, sondern auch in der Romandie durchgeführt.

Bereits 1999 und 2009 hat der LCH die Jahresarbeitszeit von Lehrpersonen wissenschaftlich erheben lassen. Wie die Ergebnisse der Arbeitszeiterhebung 2019 (AZE'19) nun zeigen, wird die Referenzarbeitszeit von 1916 Stunden wiederum deutlich überschritten:

Die Jahresarbeitszeit für ein Vollzeitäquivalent liegt je nach Schulstufe zwischen 2'080 und 2'222 Stunden.

Anders ausgedrückt: Lehrpersonen leisten je nach Stufe regelmässig zwischen 8,6% und 16,0% Überzeit ohne Kompensationsmöglichkeit. Zentralpräsident Beat W. Zemp sagt dazu: «Schweizer Lehrpersonen haben die höchsten Sollarbeitszeiten aller OECD-Länder und leisten zudem unbezahlte Überstunden im Wert von Hunderten von Millionen Franken. Die Bildungspolitik muss dafür sorgen, dass der Berufsauftrag für Lehrpersonen mit den verfügbaren zeitlichen Ressourcen leistbar ist.»

Zwar lag 2009 die Jahresarbeitszeit für ein Vollzeitäquivalent stufenübergreifend (Primarschule bis Sekundarstufe II) bei 2'331 Stunden, 167 Stunden mehr als heute. Die verfügbaren Ressourcen und die Anforderungen im Lehrberuf stehen aber nach wie vor in keinem ausgewogenen Verhältnis. Dieser Befund gilt auch für die Romandie: Die Lehrpersonen leisten Überzeit in der Höhe von 2% über alle Stufen gerechnet. Die Jahresarbeitszeit für ein Vollzeitäquivalent liegt bei 1'892 Stunden, während die Referenzarbeitszeit in der Romandie 1'853 Stunden beträgt.

Erfreulicher Rückgang bei der Jahresarbeitszeit der Vollzeit-Lehrpersonen

Die Ergebnisse vor zehn Jahren waren ernüchternd: Vollzeit-Lehrpersonen leisteten damals mehr als drei Wochen unbezahlte Überzeit. Gegenüber 2009 ist die Jahresarbeitszeit bei den Vollzeitlehrpersonen 2019 zwar auf allen Stufen gesunken. Sie bleibt aber dennoch zu hoch in der deutschen Schweiz. Je nach Stufe betragen die aktuellen Arbeitszeiten zwischen 1'923 und 1'980 Stunden für ein Vollzeitpensum und liegen damit deutlich über der Referenzarbeitszeit von 1916 Stunden. Die Reduktion der Arbeitszeit ist hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass die gemeinschaftlichen und administrativen Arbeiten effizienter organisiert sind, sich eine Verlagerung von der kurzfristigen Vor-und Nachbereitung zur langfristigen Planung vollzogen hat und weniger Weiterbildungen stattgefunden haben. Die Arbeitszeit der Schulischen Heilpädagoginnen und -pädagogen ist zwar gesunken, bleibt aber ebenfalls viel zu hoch: Bei einem Vollpensum beträgt sie 2'032 Stunden.

Hohe Belastung hält an und führt zu noch mehr Teilzeitlehrpersonen

Nach wie vor leisten Schweizer Lehrpersonen viele unbezahlte Überstunden. Aus den beiden Arbeitszeiterhebungen AZE'19 des LCH und ETT'19 des SER lässt sich zudem schliessen, dass Lehrerinnen und Lehrer zur Vermeidung einer Überlastung «freiwillig» ihr Arbeitspensum reduzieren. Das hat einen hohen Preis. Beide Arbeitszeiterhebungen zeigen nämlich auf: Je tiefer das Arbeitspensum ist, desto mehr Überstunden fallen proportional an. Bei einem Vollzeitpensum wird die Soll-Arbeitszeit um 2% bzw. 3% überschritten (PS-Sek I), während die Jahresarbeitszeit bei einem Pensum von weniger als 50 Stellenprozenten 122% bzw. 125 Prozent der Soll-Arbeitszeit erreicht. Die überproportional hohen Überstunden bei einem Teilzeitpensum sind mehrheitlich auf die unterrichtsbezogenen Tätigkeiten zurückzuführen. Obschon die Arbeitszeiten in den letzten zehn Jahren gesunken sind, ist der Berufsauftrag mit den verfügbaren zeitlichen Ressourcen nicht zu erfüllen. Zudem sind die Anforderungen im Unterricht gegenüber 2009 gestiegen. Lehrpersonen, Schulleitungen und Schulische Heilpädagoginnen und -pädagogen sind sich gemäss den Ergebnissen der AZE'19 einig: Für die integrative Schulung und Förderung und - je nach Kanton -auch für die Einführung des Lehrplans 21 stehen nicht ausreichend Ressourcen zur Verfügung. In der Arbeitszeiterhebung der Romandie ist das Meinungsbild ähnlich: 71% bewerten die zeitlichen Ressourcen für die integrative Schule als ungenügend. Für Samuel Rohrbach, Präsident des SER, gibt es hier eine grosse Herausforderung: «Für eine bessere integrative Schule braucht es mehr Personal, zumal zwischen 50% und 80% der Lehrpersonen die Probleme beim Verhalten von Schülerinnen und Schülern als Überlastung empfinden.»

Zeitpauschalen erhöhen

Wenn der Berufsauftrag innerhalb der Referenzarbeitszeit erfüllbar sein soll, müssen die Lehrerinnen und Lehrer in den unterrichtsbezogenen Tätigkeiten entlastet werden. «Das heisst, dass die Zeitpauschalen, die in den kantonalen Berufsaufträgen dafür implizit und explizit vorgesehen sind, erhöht werden müssen», konkretisiert Franziska Peterhans, Zentralsekretärin LCH. Der LCH und der SER fordern ausserdem:

• keine unbezahlte Überzeit,

• eine Senkung der Pflichtlektionenzahl für die Lehrpersonen,

• mehr Ressourcen für die Klassenleitung und

• mehr Zeit für Elternarbeit.

Die beiden Arbeitszeiterhebungen AZE'19 und ETT'19 wurden vom Büro Brägger in Dübendorf durchgeführt, das sich auf Sozialforschung spezialisiert hat. Rund 39'600 Mitglieder des LCH sind zwischen Oktober 2017 und September 2018 eingeladen worden, während je einer Woche ihre Arbeitszeiten zu protokollieren. 10'000 Deutschschweizer Lehrerinnen und Lehrer sowie 800 Schulische Heilpädagogen haben an der Erhebung teilgenommen, dies entspricht einer repräsentativen Rücklaufquote von 31 Prozent. Erstmals hat sich bei der Arbeitszeiterhebung 2019 auch der Westschweizer Lehrerdachverband Syndicat des enseignants romands (SER) beteiligt. 27,2% der 10'819 kontaktierten Lehrpersonen haben an der Erhebung teilgenommen, die bis Ende Februar 2019 dauerte.

Quelle: Text Dachverband Schweizer Lehrerinnen und Lehrer (LCH), 22. Mai 2019

nach oben

Arbeitszeit und Berufsauftrag von Lehrpersonen müssen übereinstimmen
Redebeitrag von Beat W. Zemp, Zentralpräsident LCH

Die Vorurteile über die Arbeitszeit von Lehrpersonen hängen stark mit dem Berufsbild und den eigenen Erfahrungen aus der oft weit zurück liegenden Schulzeit zusammen. Da mit dem Unterricht nur ein Teil der gesamten Arbeitszeit von Lehrpersonen sichtbar ist, sind Klischeevorstellungen wie die Mär von zwölf Wochen Ferien nur schwer zu ändern. Über den Witz „Lehrer haben vormittags recht und nachmittags frei“ kann man heute aber nicht mehr lachen angesichts der zunehmenden Belastungen in diesem Beruf. Durch die ständige Delegation von Erziehungsaufgaben an die Schule und eine Vielzahl von Reformen und Ansprüchen der Lernenden und Eltern geraten immer mehr Lehrpersonen in eine Überbelastung, die auf Dauer gesundheitsschädigend ist. Aus all diesen Gründen hat der LCH bereits 1999 und 2009 wissenschaftliche Arbeitszeiterhebungen in Auftrag gegeben, um verlässliche Zahlen zu bekommen. 2019 haben so viele Lehrpersonen an der Arbeitszeiterhebung teilgenommen wie noch nie. Erstmals konnte die AZE auch in der Romandie durchgeführt werden. Damit ist die AZE'19 / ETT'19 die grösste je durchgeführte Arbeitszeiterhebung für Lehrpersonen in der Schweiz.

AZE 1999: Lehrpersonen erfüllen die Sollarbeitszeiten im öffentlichen Dienst

Mit der Arbeitszeitstudie des LCH von 1999 konnte erstmals in der Schweiz die Äquivalenz der Jahresarbeitszeit von Lehrpersonen mit den Sollarbeitszeiten von Angestellten im öffentlichen Dienst empirisch nachgewiesen werden. Die Werte lagen je nach Schulstufe im Bereich zwischen rund 1900 und knapp 2000 Stunden. Der ungesunde Rhythmus der Lehrerarbeit im Wochen-und im Jahresverlauf wurde ebenso erkannt wie die ungleiche Verteilung der Zusatzarbeiten im Kollegium. Seit der AZE von 1999 wurden weitere (meist kantonale) Studien durchgeführt, die gleiche oder noch höhere Jahresarbeitszeiten ergaben und damit indirekt zur Akzeptanz der mit Abstand aufwändigsten AZE des LCH in der Schweiz führten.

AZE 2009: Lehrpersonen leisten Gratisarbeit im Wert von 900 Millionen

2009 stieg der Anteil der Teilzeitlehrpersonen auf 62% und parallel dazu stieg die Anzahl geleisteter Über.stunden weiter an. Wir haben damals vor 10 Jahren den Gegenwert der real geleisteten Überstunden aller Lehrpersonen in der Schweiz berechnet und sind auf über 900 Millionen Franken pro Jahr gekommen. Diese unbezahlte Gratisarbeit ist nicht nur aus Arbeitnehmersicht inakzeptabel, sondern auch deshalb, weildiese vielen Überstunden letztlich zu einem Burnout führen. Der LCH und der SER haben daher in den letzten 10 Jahren das Thema Burnout-Prävention und Abbau von unbezahlter Überzeit immer wieder aufgegriffen und die Lehrpersonen dazu aufgerufen, weniger zu arbeiten und dafür mehr für die Erhaltung der Gesundheit zu tun.

AZE 2019: Reduktion der unbezahlten Überstunden

Heute haben wir den Lohn für unsere Bemühungen erhalten: Zwar ist die Summe der geleisteten Arbeitsstunden für ein Vollzeitäquivalent immer noch zu hoch, so dass Schweizer Lehrpersonen weiterhin Gratisarbeit im Umfang von Hunderten von Millionen Franken pro Jahr leisten; doch der Rückgang der unbezahltenÜberzeit um 40% ist erfreulich. Vollzeit-Lehrpersonen achten heute mehr auf eine gesundheitserhaltende Balance zwischen Arbeitszeit und Freizeit. Das liegt auch im Interesse der Arbeitgeber, denn wir brauchen in den kommenden 5 Jahren möglichst viele gesunde Lehrpersonen, weil die Schülerzahlen bis 2024 auf einen historischen Höchststand steigen und weil gleichzeitig überdurchschnittlich viele Lehrpersonen in Pen.sion gehen. Es ist daher wichtig, dass genügend neue Lehrpersonen an den Pädagogischen Hochschulen ausgebildet werden und der Anteil Teilzeitlehrpersonen nicht mehr weiter anwächst. Das geht aber nur, wenn man auch mit einem Vollzeitpensum über Jahre hinweg gesund bleiben kann in diesem Beruf.

Schweizer Lehrpersonen haben die höchste Sollarbeitszeit in Europa

Ein OECD-Vergleich zu den gesetzlich vorgeschriebenen Sollarbeitszeiten von Lehrpersonen in europäischen Ländern zeigt, dass die Schweiz mit 1'920 Stunden eine deutlich höhere Gesamtarbeitszeit für Lehrpersonen vorgibt als in allen anderen europäischen Ländern:

Anpassung der Zeitgefässe in den kantonalen Berufsaufträgen

Durch die prozentuale Erhebung der Jahresarbeitszeit in den verschiedenen Tätigkeitsfeldern (Unterricht, Vor-und Nachbereitung, Planung und Auswertung, administrative Arbeiten, Betreuung und Beratung, Weiterbildung und Gemeinschaftsarbeit) liefert die Arbeitszeitstudie von 2019 die notwendige Abstützung für die Neudefinition der Berufsaufträge von Lehrpersonen in den Kantonen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es nicht nur den quantitativen Aspekt (Anzahl leistbarer Arbeitsstunden pro Jahr) gibt, sondern auch den qualitativen Aspekt (hohe Interaktionsraten in den Unterrichtsstunden). Eine Senkung der Pflichtstundenzahlen für Schweizer Lehrpersonen ist daher angesichts der europäischen Vergleichswerte anzustreben, wenn die Qualität des Unterrichts erhalten oder sogar noch besser werden soll.

Quelle: Text Dachverband Schweizer Lehrerinnen und Lehrer (LCH), 22. Mai 2019
LCH Arbeitszeiterhebung Deutschweiz und Romandie AZE'19

nach oben

Arbeitszeiterhebungen AZE'19 in der Schweiz
RAOnline Download
Quelle: BDachverband Schweizer Lehrerinnen und Lehrer LCH
LCH Arbeitszeiterhebung 2019 (AZE'19)
Bericht zur Erhebung bei 10'000 Lehrpersonen
im Auftrag von Lehrerinnen und Lehrer Schweiz LCH
104 Seiten, erstellt durch das Büro Brägger
2,3 MB PDF-File PDF Download
Quelle: BDachverband Schweizer Lehrerinnen und Lehrer LCH
Arbeitszeiterhebung LCH und SER
Ergebnispräsentation
im Auftrag von Lehrerinnen und Lehrer Schweiz LCH
11 Seiten, erstellt durch das Büro Brägger
240 KB PDF-File PDF Download

nach oben

Weitere Informationen
LCH Arbeitszeiterhebung Deutschschweiz 2009
Berufsattraktivität
Lohnentwicklungen Schweiz
Lehrplan 21
Lehrpersonen und Berufsumfeld Schule
Berufszufriedenheit Private Leistungen ohne Abgeltung
Lehrpersonen: Burnout Lehrpersonen Bild in der Öffentlichkeit
Lohnentwicklung Schweiz Lehrberuf: Berufsattraktivität & Lehrpersonenmangel
Lehrberuf: Feminisierung Human Ressource Management
Arbeit: 40+ - ältere Arbeitskräfte
top
zurueck