Bildung
und Beschäftigung - Nationales Forschungsprogramm
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Nationales
Forschungsprogramm (NFP43) |
Bildung
und Beschäftigung Link |
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Wie
man die Beschäftigten fit hält für den Wandel |
Von
Prof. George Sheldon, Universität Basel |
Die
Veränderung der Qualifikationsstruktur der Erwerbsbevölkerung
hierzulande zeichnet sich seit 1970 durch folgende Entwicklungen aus:
einen
stetigen Anstieg des Bildungsstands der Erwerbstätigen,
einen wachsenden Anteil von Erwerbstätigen mit einem schulischen oder
tertiären Berufsbildungsabschluss sowie
einen seit 1990 einsetzenden Rückgang von Beschäftigten mit einer
betrieblichen Berufslehre.
Eine
Hauptursache dafür ist die Verlagerung der Beschäftigung von
gewerblich-industriellen und manuellen Tätigkeiten hin zu Dienstleistungs-
und wissensorientierten Berufen. Auch die Bedeutung der Berufslehre
sinkt vor allem wegen diesem Strukturwandel und nicht, wie zuweilen vermutet,
weil die Betriebe niemanden mehr ausbilden möchten oder die Berufslehre
in den Augen der Jugendlichen ihre Attraktivität eingebüsst hätte .
Die
Verlierer sind die Ungelernten |
Die
Verlierer dieser Entwicklung sind in erster Linie die Ungelernten, jene
ohne eine abgeschlossene Berufsausbildung. Die Gefahr, arbeitslos zu werden,
hat sich für sie stark erhöht. Personen mit einem tertiären Abschluss, aber auch solche mit einer
Berufslehre konnten ihre relative Position im Arbeitsmarkt hingegen verbessern.
Diese Entwicklung ist in allen OECD-Ländern zu beobachten.
Der
technische Fortschritt und die Globalisierung drohen die Qualifikationen
der Erwerbsbevölkerung mit jedem Schritt zu entwerten. Das Land benötigt
also berufliche Flexibilität, allenfalls die Zuwanderung qualifizierter
Arbeitskräfte, in erster Linie aber Weiterbildung.
Weiterbildungsmarkt
weitgehend intakt |
Ist
der Weiterbildungsmarkt diesen Herausforderungen gewachsen? Die Erfahrungen
hierzulande stimmen im Grunde zuversichtlich. Die Zahlen vermitteln das
Bild eines lebendigen, leistungsstarken Marktes. Diese Erkenntnis wurde
in einem NFP-43-Projekt der Berner Ökonomen Michael Gerfin und Robert
Leu bestätigt. über einen Zeitraum von drei Jahren nehmen gegen
70 Prozent der Wohnbevölkerung an einer Weiterbildung teil.
Eine
breitflächige staatliche Förderung der Weiterbildung, wie sie
zuweilen gefordert wird, drängt sich daher nicht auf. Der bereits
jetzt grosse Anteil der Bevölkerung, der Weiterbildungen besucht,
könnte dadurch kaum gesteigert werden. Im Gegenteil wäre zu befürchten,
dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber, die auch ohne staatliche Unterstützung
Weiterbildung nachfragen oder anbieten, sich ihr bisheriges Verhalten vom
Staat finanzieren oder mitfinanzieren lassen (Mitnahme-Effekt): Der Mehrwert
für die Gesellschaft wäre dann gleich null. Der Staat sollte
deshalb, wie bereits heute der Fall, die Weiterbildung nur dort fördern,
wo ein ungedeckter Bedarf zu erkennen ist: bei den Arbeitslosen.
Ungleichmässige
Verteilung heisst nicht Chancenungleichheit |
Die
Teilnahme an Weiterbildung ist in der Schweiz zwar - wie in fast allen
Ländern der OECD - ungleichmässig verteilt. Eine gleichmässige
Verteilung wäre jedoch nur dann zu erwarten, wenn sie nach dem Zufallsprinzip
erfolgen würde. Die Gesellschaft hätte davon kaum etwas. Eine
ungleiche Verteilung bedeutet auch noch nicht Chancenungleichheit. Chancenungleichheit
liegt erst vor, wenn manchen Bürgern der Zugang zu einer ihrem Können
entsprechenden Weiterbildung verwehrt wird. Die empirischen Ergebnisse
des NFP 43 lassen dazu keinen eindeutigen Schluss zu.
Die
Ungelernten sprechen die vorhandenen Weiterbildungsangebote am wenigsten
an. Dabei drohen gerade sie von den Qualifikationsanforderungen der Wirtschaft
überrollt zu werden und hätte n sie Weiterbildung am nötigsten.
Doch den Ungelernten fehlt die notwendige Berufsausbildung, auf der die
Weiterbildung aufbauen könnte. Deshalb erweisen sich Umschulungs-
und Weiterbildungsmassnahmen für ungelernte Arbeitslose oft als wirkungslos.
Bei ihnen muss man folglich tiefer, schon bei der Grundausbildung, ansetzen.
Prävention
beginnt mit der Grundausbildung |
Pro
Jahrgang landen 10 bis 15 Prozent der Jugendlichen auf dem Arbeitsmarkt,
ohne eine Berufslehre oder eine andere Grundausbildung abgeschlossen zu
haben. Ihr Problem ist nicht das mangelnde Leistungspotential. Darum
ist das Berufsattest, welches die frühere Anlehre ersetzt, für
sie keine Lösung. Das Berufsattest richtet sich an praktisch begabte
Jugendliche, die Schwächen beim Abstraktionsvermögen haben, aber
mit Hand und Werkzeug geschickt umgehen können. Zu überwinden
gilt es jedoch vielmehr soziale und kulturelle Hindernisse. Die ungelernten
Jugendlichen benötigen ein Bildungsangebot, welches auf diese Umstände
und Bedingungen eingeht. Das heisst zum Beispiel, dass zuerst Suchtprobleme
oder Sprachschwierigkeiten angegangen werden.
Quelle: Schweizerischer Nationalfonds 2004 |
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