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Letzte 2,6 Millionen Jahre: Eis- und Warmzeiten in unregelmässigem Wechsel 2020
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Letzte 2,6 Millionen Jahre: Eis- und Warmzeiten in unregelmässigem Wechsel

Im Laufe der jüngeren Erdgeschichte der letzten 2,6 Millionen Jahre haben sich Eis- und Warmzeiten immer wieder abgewechselt. Dabei gab es wechselnde Phasen, in denen beide entweder regelmässig oder unregelmässig aufeinander folgten. Der AWI-Forscher Peter Köhler hat jetzt herausgefunden, dass unregelmässige Wechsel offenbar häufiger auftraten, als bislang vermutet. Seine Arbeit trägt dazu bei, die grundlegenden Klimaänderungen der Erde besser zu verstehen.

Wer die Rolle des Menschen bei der Entwicklung des heutigen Klimas verstehen will, muss weit zurückblicken, denn Klimawandel hat es schon immer gegeben - allerdings auf ganz anderen Zeiträumen als der vom Menschen verursachte Klimawandel, der vor allem auf dem Verbrauch fossiler Brennstoffe in den letzten 200 Jahren beruht. Ohne den Menschen wechseln sich Eis- und Warmzeiten seit Millionen von Jahren über zigtausende von Jahren ab, vor allem durch die schräg stehende Erdachse. Deren Winkel verändert sich regelmässig mit einer Periodizität von 41'00 Jahre um wenige Grad. Dadurch verändert sich auch der Winkel, in dem die Sonnenstrahlen auf die Erde treffen - und somit die Energie, die insbesondere im Sommer in den hohen Breiten auf den Globus trifft. Allerdings gibt es starke Hinweise darauf, dass im Laufe der letzten 2,6 Millionen Jahre immer wieder einmal Warmzeiten übersprungen wurden. Die Nordhalbkugel - insbesondere Nordamerika - blieb länger vereist, obwohl sich der Winkel der Erdachse derart änderte, dass wieder mehr Sonnenenergie im Sommer die Erde erreichte und die Landeismassen hätten schmelzen müssen. Die Schrägstellung der Erdachse kann also nicht der alleinige Grund für den Wechsel von Eis- und Warmzeiten sein.

Um das Rätsel zu lösen, wollen Klimaforscher genauer klären, wann in der Erdgeschichte Unregelmässigkeiten auftraten. Zusammen mit Kollegen von der Universität Utrecht hat der Physiker Peter Köhler vom Alfred-Wegener-Institut (AWI) jetzt einen wichtigen Beitrag dazu geleistet, die Abfolge von Eis- und Warmzeiten während der vergangenen 2,6 Millionen Jahre besser nachzuvollziehen.

Bisher ging die Fachwelt davon aus, dass vor allem während der letzten 1,0 Millionen Jahre Eis- und Warmzeiten vom typischen 41'000-Jahre-Rhythmus abwichen, Warmzeiten übersprungen wurden und die Eiszeiten daher 80'0000 oder gar 120'000 Jahre dauerten.

"Für den Zeitraum zwischen 2,6 und 1,0 Millionen Jahren ging man eher von einer regelmässigen Abfolge im Rhythmus von rund 41'000-Jahren aus", sagt Peter Köhler. Wie seine Arbeit zeigt, die jetzt im Fachjournal Nature Communications erschienen ist, traten aber auch zwischen 2,6 und 1,0 Millionen Jahren immer wieder Unregelmässigkeiten auf.

Die Arbeit von Peter Köhler ist deshalb interessant, weil er dafür einen altbekannten Datensatz neu ausgewertet hat, mit dem Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler schon seit vielen Jahren arbeiten - dem LR04-Klimadatensatz. Doch kommt er jetzt zu ganz anderen Ergebnissen. Bei diesem Datensatz handelt es sich um eine weltweite Auswertung von Bohrkernen aus Millionen Jahre alten Tiefseesedimenten. Der Datensatz enthält Messwerte aus den uralten Hartschalen mikroskopisch kleiner, einzelliger Meeresbewohner - den Foraminiferen, die sich am Meeresboden abgelagert haben. Foraminiferen bauen in ihren Kalkschalen Sauerstoff aus dem Meerwasser ein. Im Meerwasser aber schwankt im Laufe von Jahrtausenden der Gehalt bestimmter Sauerstoff-Isotope - von Sauerstoffatomen, die sich in der Zahl ihrer Neutronen und damit ihrem Gewicht unterscheiden.

18O verrät, wie die Welt aussah

Der Datensatz LR04 enthält Messwerte des Verhältnisses des schweren Sauerstoff-Isotops 18O zum leichteren 16O. Die Einlagerung dieses 18O/16O Verhältnisses in den Foraminiferen ist von der Wassertemperatur abhängig. Doch gibt es noch einen zweiten Effekt, der dazu führt, dass man in den Schalen der Foraminiferen während Eiszeiten relativ viel 18O findet: Wenn im Laufe einer Eiszeit Unmengen von Schnee auf Land herabschneien und damit dicke Landeisschilde wachsen, sinkt der Meeresspiegel - im untersuchten Zeitraum während der Eiszeiten um bis zu 120 m. Da 18O schwerer als 16O ist, verdunsten Wassermoleküle mit diesen schweren Isotopen weniger stark als Moleküle, die das leichtere Sauerstoff-Isotop enthalten. Somit bleibt verhältnismässig mehr 18O im Meer zurück und der 18O-Gehalt in den Hartschalen der Foraminiferen steigt automatisch an.

"Wenn man den LR04-Datensatz direkt nutzt, vermischt man folglich zwei Effekte - den Einfluss der Meerestemperatur und den Einfluss des Landeises beziehungsweise des sinkenden Meeresspiegels", sagt Peter Köhler. "Aussagen über den Verlauf der Eiszeiten werden damit unsicher." Und noch etwas komme hinzu: Den Verlauf von Eiszeiten machen Klimaforscher vor allem an der Vereisung der Nordhalbkugel fest. Anhand des 18O-Werts aber kann man nicht unterscheiden, ob eine prähistorische Vereisung auf der Nordhalbkugel oder eher in der Antarktis stattgefunden hat.

Deshalb hat das Team um Peter Köhler den LR04-Datensatz jetzt ganz anders ausgewertet. Die LR04-Daten wurden in ein Computermodell eingegeben, das das Wachsen und Abschmelzen der grossen Eisschilde auf den Kontinenten berechnen kann. Das Interessante daran: Das Modell ist in der Lage, den Einfluss der Temperatur und des sinkenden Meeresspiegels auf die 18O-Konzentration voneinander zu trennen. Ausserdem kann es sehr genau analysieren, wann und wo Schnee fällt und die Landeisschilde wachsen - eher auf der Nordhalbkugel oder in der Antarktis. "Eine solche Trennung von Einflussgrössen nennen Mathematiker Dekonvolution oder auch Entfaltung", sagt Peter Köhler. "Unser Modell ist dazu in der Lage."

Im Ergebnis zeigt es, dass die Abfolge von Eis- und Warmzeiten bereits im Zeitraum von 2,6 bis 1,0 Millionen Jahren unregelmässig war; eine Erkenntnis, die in den kommenden Jahren sehr wichtig werden könnte. Denn in dem laufenden grossen EU-Projekt "BE-OIC Beyond EPICA Oldest Ice Core" wollen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler jetzt tiefer denn je in das Eis der Antarktis bohren. Mit der bislang ältesten zurückreichendenBohrung "EPICA" sind sie nur rund 800'000 Jahre in die Vergangenheit gereist. Das uralte Eis gibt unter anderem darüber Aufschluss, wie viel Kohlendioxid die Erdatmosphäre damals enthielt.

Mit "Beyond EPICA" soll es nun rund 1,5 Millionen Jahre in die Vergangenheit gehen. Kombiniert man dann die Kohlendioxid-Messwerte mit den Analysen von Peter Köhler, kann man Hinweise darauf gewinnen, wie beides zusammenhängt - die Schwankungen in der Abfolge der Eiszeiten und der Kohlendioxid-Gehalt der Atmosphäre. Und das ist wichtig, um zu verstehen, wie Treibhausgase und eiszeitliche Klimaänderungen grundlegend zusammenhängen.

Originalpublikation

Die Studie ist jetzt im Fachjournal Nature Communications erschienen

Köhler, P., van de Wal, R.S.W., Interglacials of the Quaternary defined by northern hemispheric land ice distribution outside of Greenland. Nat Commun 11, 5124 (2020). DOI:10.1038/s41467-020-18897-5

Das Institut

Das Alfred-Wegener-Institut forscht in den Polarregionen und Ozeanen der mittleren und hohen Breiten. Als eines von 19 Forschungszentren der Helmholtz-Gemeinschaft koordiniert es Deutschlands Polarforschung und stellt Schiffe wie den Forschungseisbrecher Polarstern und Stationen für die internationale Wissenschaft zur Verfügung.

Quelle: Tex Alfred-Wegener-Institut, 7. März 2019
Isotop (gr: isos = gleich, topos = gleicher Ort)

Als Isotope werden Atome bezeichnet, welche die gleiche Elektronen- und Protonenzahl haben, sich aber in der Anzahl ihre Neutronen unterscheiden. Diese Atome zeigen gleiche chemische Eigenschaften. Ihre Atommassenzahlen sind jedoch unterschiedlich. Isotope stehen daher an derselben Stelle im Periodensystem der Elemente.

Viele Elemente sind Mischungen verschiedener Isotopenarten (Bsp.: Kohlenstoff mit dem bekanntesten Isotop 14C, 14 = Nukleonenzahl (Kernbausteine) = annähernd Atommassenzahl). Diese Elemente sind als Mischelemente ein Isotopengemisch. Reinelemente wie Fluor, Natrium bestehen aus nur einer Atomart. Sie enthalten keine Isotope.

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