Klimaschutz-Index: Die globale Energiewende hat begonnen Das Klimaabkommen von Paris hat Erneuerbaren Energien und Energieeffizienz weltweit Rückenwind gegeben. Der heute vorgestellte Klimaschutz-Index 2017 von Germanwatch verzeichnet einen stabilen Aufwärtstrend. Insgesamt verlaufe die weltweite Energiewende aber noch zu langsam, um ihren Beitrag zu den Pariser Klimazielen zu leisten, warnt die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch. Die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten könnte in den USA den notwendigen Umbau verlangsamen oder gar abbremsen. Insgesamt gibt die zwölfte Auflage des Klimaschutz-Index' Anlass zu vorsichtigem Optimismus: "Die Voraussetzungen für eine globale Energiewende waren nie besser als derzeit. Das liegt vor allem an den weiter sinkenden Kosten der Erneuerbaren Energien und der Effizienztechnologien", sagt Jan Burck von Germanwatch, Hauptautor des Index. "Investitionen in fossile Energien werden immer riskanter. Es gibt keine nachvollziehbaren Entschuldigungen mehr für Regierungen, bei der Umsetzung des Pariser Klimaabkommens zu zögern. Ein Teil der Staaten hat das erkannt, andere sind noch nicht auf der Höhe der Zeit angekommen." Positive Beispiele seien der Klimagipfel-Gastgeber Marokko mit massiven Investitionen in Solarkraftwerke sowie ambitionierten mittel- und langfristigen Klimazielen. Marokko setzte seinen Aufwärtstrend fort (Rang 8) und ist ein echter Klimavorreiter in Nordafrika. Auch grosse Schwellenländer wie Indien (Rang 20), Argentinien (36) und Brasilien (40) konnten sich verbessern. Es gibt aber weiterhin kein Land weltweit, das genug tut um das 1,5 bis 2-Grad-Limit des Paris-Abkommens einzuhalten. Daher bleiben die ersten drei Plätze des Index unbesetzt. Frankreich führt den Index auf Rang 4 zum ersten Mal an und profitiert insbesondere von guten Noten für die bemerkenswerte Führungsrolle bei den Klimaverhandlungen in Paris 2015. Schweden (5) und Grossbritannien (6) folgen. Beide Länder ruhen sich jedoch - auch das wird im Index deutlich - zu sehr auf einer ambitionierteren Klimapolitik in der Vergangenheit aus, die von den aktuellen Regierungen teilweise ausgebremst wird. "Viele EU-Staaten - darunter Grossbritannien, Schweden und der letztjährige Index-Spitzenreiter Dänemark - drohen ihre führende Rolle im Klimaschutz zu verlieren", sagt Jan Burck. Es sei besorgniserregend, dass in verschiedenen EU-Ländern die Rahmenbedingungen für Investitionen in Erneuerbare Energien verschlechtert und nationale Klimaziele infrage gestellt werden. Signale für Trendwende: Fossile Energien in der Defensive / Kohleverbrauch sinkt weltweit Ein Beispiel dafür ist auch Deutschland, das erneut um einige Plätze auf Rang 29 gerutscht ist. Burck: "In Deutschland hängt vieles davon ab, wie schnell die Braunkohle zurückgefahren werden wird." Besonders negativ schlägt hier das sehr wahrscheinliche Verfehlen der 2020-Klimaziele zu Buche sowie ein noch immer fehlender Plan zum Kohleausstieg. Relativ gute Noten bekommt Deutschland beim bisher erreichten Bestand der Erneuerbaren Energien, allerdings wurde die Geschwindigkeit des weiteren Ausbaus auch hier gedrosselt. Der gerade beschlossene Klimaschutzplan 2050 fand noch keinen Eingang in die Index-Beurteilung. Burck: "Der Klimaschutzplan enthält Sektorziele, die aufzeigen, dass Deutschland für das Erreichen seiner Klimaziele in allen Sektoren eine Schippe drauflegen muss. Was fehlt, ist eine Korrektur des deutschen 2050-Klimaziels nach oben und die klare Ansage, dass nun der Ausstieg aus der Kohle beginnt." Als Negativbeispiele ragen unter den Industrieländern erneut Kanada (55), Australien (57) und Japan (60, vorletzter Platz) heraus. Vor allem Japans Klimapolitik bekam von den Experten japanischer Nichtregierungsorganisationen sehr schlechte Noten. In Australien schlägt neben den schlechten Politik-Noten ein Rückgang bei der Energieeffizienz negativ zu Buche. Die weltweit grössten CO2-Emittenten, China (48) und die USA (43), verharren vor allem wegen ihres hohen Emissionslevels im unteren Bereich. Die USA verloren sogar in fast allen Index-Kategorien an Boden und rutschten mehrere Plätze ab, obwohl die Wahl Trumps noch keinen Einfluss auf das Ergebnis hatte. "Neben dem stabilen Aufschwung bei den Erneuerbaren Energien sehen wir weltweit deutliche Signale, dass die fossilen Energien in die Defensive geraten", sagt Jan Burck. "Die niedrigen Ölpreise haben bisher nicht zu einem Anstieg des Verbrauchs geführt und eine wachsende Zahl von Ländern rückt mehr und mehr von der Kohleverstromung ab." Der Kohleverbrauch fiel 2015 weltweit um 1,8 Prozent auf den niedrigsten Wert seit 2005. China hat derweil den Bau von 30 neuen Kohlekraftwerken gestoppt. Burck: "Um die Pariser Klimaziele zu erreichen, dürfen weltweit keine neuen Kohlekraftwerke mehr errichtet werden und die Staaten müssen nun ambitionierte Klimaschutzpläne vorlegen sowie ihre Langfristplanungen für einen Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas vorantreiben. Zumindest die Industrie- und grösseren Schwellenländer müssen diese Dekarbonisierung bis zur Mitte des Jahrhunderts geschafft haben." Zum Klimaschutz-Index:
Die Schweiz hat sich im Klima-Länderrating im Vergleich zum Vorjahr nicht verbessert. Gründe dafür sind weiterhin der schleppende Ausbau der erneuerbaren Energien und der Verkehr. Das jährliche Klima-Länderrating «Climate Change Performance Index (CCPI)» von Germanwatch und Climate Action Network (CAN) Europe vergleicht den CO2-Ausstoss pro Kopf, die Entwicklung der CO2-Emissionen und die Klimapolitik der Staaten. An der UNO-Klimakonferenz in Marrakesch wird heute die jüngste Ausgabe vorgestellt. Die Schweiz positioniert sich auf Rang 14. Ein besseres Resultat wurde durch den weiterhin schleppenden Ausbau der erneuerbaren Energien verhindert. Auch die Emissionen des Verkehrs - insbesondere der Luftfahrt - drücken aufs Ranking der Schweiz. Bei der Bewertung der Energieeffizienz profitiert die Schweiz davon, dass sie viele Güter importiert: Der Energieverbrauch sowie die CO2-Emissionen für die Produktion dieser Güter werden dem Ausland zugerechnet. Relativ erfreulich ist zumindest der Trend im Gebäudebereich, wo die Klimapolitik mit CO2-Lenkungsabgabe und Gebäudeprogramm sichtbar greift. Die Schweiz kann Schritte vorwärts machen, falls die Energiestrategie 2050 in Kraft tritt und die Kantone ihre neuen Mustervorschriften für Gebäude umsetzen. Und das neue CO2-Gesetz der Schweiz, welches der Umsetzung des Pariser Klimaabkommens dient und derzeit in der Vernehmlassung steckt, muss ein weiterer Schritt sein. Doch im vorgelegten Gesetzesentwurf des Bundesrates werden «weder die Pariser Klimaziele übernommen, geschweige denn sind die für die Zielerreichung nötigen Massnahmen vorgesehen» kommentiert Philip Gehri, Projektleiter Klima und Energie beim WWF Schweiz. Auf den vordersten Rängen stehen Frankreich, Schweden und Grossbritannien. Diese und weitere EU-Länder haben ihre CO2-Emissionen seit 1990 deutlich stärker gesenkt als die Schweiz. Im Mittelfeld der Auswertung sind viele Schwellenländern zu finden. Sie geben sich teilweise durchaus ambitioniert: Indien und China legen ein atemberaubendes Tempo beim Ausbau der erneuerbaren Energien vor oder Brasilien setzt sich für ein Schwellenland aussergewöhnliche Reduktionsziele. Marokko, diesjähriger Gastgeber der Klimakonferenz, schafft es mit tiefen Emissionen, ehrgeizigen Plänen für Solar- und Windstrom sowie soliden Energiesparzielen gar auf Rang 8, deutlich vor die Schweiz. Treu bleiben sich die Verlierer wie Japan oder Saudia-Arabien. Sie stehen am Schluss des Rankings. Die ersten drei Plätze sind erneut nicht vergeben, weil weltweit kein Land die Ziele des Pariser Klimaabkommens erfüllt.
Österreich nicht mit fragwürdigen Rankings im Ausland schlecht reden "Die Klimakonferenz von Marrakesch ist ein wichtiger Schritt für die Umsetzung der in Paris vereinbarten Klimaziele", betont Umweltminister Andrä Rupprechter. Die zweiwöchigen Beratungen bei der COP22 in Marokko sollen heute, Freitag, abgeschlossen werden. Angepeilt wird ein konkreter Fahrplan, wie die vor einem Jahr in Paris beschlossen Ziele umgesetzt werden. In seiner Rede vor dem Plenum der UN-Konferenz verwies der Minister auf die Bedeutung der Energiewende. "Hier müssen alle an einem Strang ziehen, auf globaler und regionaler Ebene." Österreich habe mit einem Anteil von 34 Prozent erneuerbarer Energie am gesamten Energieverbrauch im internationalen Vergleich einen Startvorteil. Selbstverständlich sei noch viel zu tun, vor allem im Verkehr und im Gebäudebereich, so Rupprechter. Neue Ölheizungen seien nicht mehr sinnvoll. Im Verkehr müsse die Abhängigkeit von der fossilen Energie mit der Mobilitätswende reduziert werden. Reduktion klimaschädlichen Gase Seit Paris sei bereits einiges erreicht worden. So haben Vertreter von fast 200 Staaten Mitte Oktober bei der Vertragsstaatenkonferenz des "Montrealer Protokolls" in Ruanda einen allmählichen Verzicht auf die klimaschädlichen Fluorkohlenwasserstoffe (FKW) beschlossen. Diese Einigung basierte auf einer im Juli in Wien abgehaltenen ausserordentlichen Konferenz unter österreichischem Vorsitz. Ein positives Signal sieht Rupprechter auch am grossen Interesse der Wirtschaft an der Klimakonferenz. 25 Unternehmen beteiligten sich an einer Präsentation der Aussenwirtschaft Austria in Marrakesch."Der Klimaschutz ist zu einem Wirtschaftsmotor geworden. Es ist die grüne Wirtschaft, die auch in Zukunft wachsen wird." Verärgert ist Rupprechter über die Kritik heimischer NGOs und Grün-Politiker bei der Konferenz in Marrakesch aufgrund eines Klimaschutz-Index, dessen Bewertungskriterien nicht nachvollziehbar seien. "Gut bewertet werden Länder wie Frankreich, die vor allem auf Atomenergie setzen,oder Polen mit der Kohleverstromung. Was daran klimafreundlich sein soll ist mir nicht klar. Dass man Österreich mit solchen fragwürdigen Rankings im Ausland schlecht reden will, ist lächerlich."
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