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SILC 2018 - Erhebung über die Einkommen und die Lebensbedingungen in der Schweiz
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Armutsquote bleibt 2018 stabil bei rund 8%
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Im Jahr 2018 waren 7,9% der Bevölkerung oder rund 660 000 Personen in der Schweiz von Einkommensarmut betroffen. Jede achte Person hatte Schwierigkeiten, finanziell über die Runden zu kommen. Der allgemeine Lebensstandard in der Schweiz gehört jedoch nach wie vor zu den höchsten in Europa. Dies sind die aktuellsten Ergebnisse der Erhebung über die Einkommen und Lebensbedingungen (SILC) des Bundesamts für Statistik (BFS). |
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Zu den am häufigsten von Armut betroffenen sozialen Gruppen gehörten Personen in Einelternhaushalten (Armutsquote von 19,3%), ausländische Personen aus ost- oder aussereuropäischen Staaten (17,5%) sowie Nichterwerbstätige (14,4%) und Personen ohne nachobligatorische Ausbildung (12,1%). Die Armutsquote der erwerbstätigen Bevölkerung lag 2018 bei 3,7%. Dies entspricht rund 133 000 Personen. Im Vergleich zu 2017 sind diese Werte stabil geblieben.
Um die Situation in der Schweiz mit anderen Ländern zu vergleichen, wird die international gebräuchliche Armutsgefährdungsquote verwendet. Diese lag in der Schweiz mit 14,6% unter dem Durchschnitt der Europäischen Union (EU) von 17,1%. Die Armutsgefährdungsquoten unserer Nachbarstaaten betrugen 13,4% (Frankreich), 14,3% (Österreich), 16,0% (Deutschland) und 20,3% (Italien). Die Armutsgefährdungsgrenze hängt vom Lebensstandard des jeweiligen Landes ab und betrug 2018 in der Schweiz rund 2500 Franken pro Monat für eine Einzelperson. Sie war kaufkraftbereinigt zwischen ca. 15% (Österreich) und 60% (Italien) höher als in den Nachbarländern.
5,6% mit deutlich erschwerten Lebensbedingungen konfrontiert
12% der Bevölkerung in der Schweiz und damit fast jede achte Person hatte 2018 gemäss ihrer eigenen Einschätzung Schwierigkeiten, finanziell über die Runden zu kommen. 5,6% waren von materieller Entbehrung betroffen. Dies bedeutet, dass sie aufgrund mangelnder finanzieller Ressourcen mit deutlich erschwerten Lebensbedingungen konfrontiert waren. Dieser Wert gehört weiterhin zu den niedrigsten Werten Europas (EU-Durchschnitt: 13,2%). Personen mit materiellen Entbehrungen sind viel häufiger mit ihrem jetzigen Leben unzufrieden als Personen ohne Entbehrungen (27,3% gegenüber 2,5%) und nehmen weniger als halb so oft an Vereinsaktivitäten teil, was eine Form der Isolation darstellen kann.
Die häufigsten materiellen Entbehrungen standen in der Schweiz in Zusammenhang mit finanziellen Schwierigkeiten. So waren beispielsweise 20,7% der Bevölkerung nicht in der Lage, innerhalb eines Monats eine unerwartete Ausgabe von 2'500 Franken zu tätigen und 8,8% hatten mindestens einen Zahlungsrückstand (EU-Durchschnitt: 8,9%). Bei Personen in Einelternhaushalten betrug dieser Anteil in der Schweiz 19,6%. Werden auch Steuern und Krankenversicherungsprämien berücksichtigt (diese sind im europäischen Vergleich nicht enthalten), hatten sogar 14,6% der Schweizer Bevölkerung und 28,1% der Personen in Einelternhaushalten einen Zahlungsrückstand.
Schweiz mit vergleichsweise geringer Einkommensungleichheit
Im Jahr 2018 lag die Einkommensungleichheit in der Schweiz unter dem europäischen Durchschnitt: Das verfügbare Einkommen des einkommensstärksten Fünftels der Bevölkerung war 4,5-mal so hoch wie jenes des einkommensschwächsten Fünftels (Quintilverhältnis S80/S20). Je höher diese Zahl ist, desto ungleicher ist die Einkommensverteilung in einem Land. In Europa variierte der Indikator 2018 zwischen 3,0 (Slowakei) und 8,6 (Serbien) und betrug durchschnittlich 5,2.
Die staatliche Umverteilung in Form von staatlichen oder staatlich geregelten Transfers trug massgeblich zur Reduktion der Einkommensungleichheit in der Schweiz bei: Das Quintilverhältnis der Einkommen nach staatlichen Transfers war rund zehnmal tiefer als jenes der Einkommen vor Umverteilung. Transferleistungen umfassen primär Renten und Sozialleistungen, Transferausgaben vor allem Sozialversicherungsbeiträge, Steuern und Krankenkassenprämien sowie Alimente.
Lebensstandard im europäischen Vergleich hoch
Obwohl ein Teil der Bevölkerung mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, gehörte der Lebensstandard in der Schweiz auch 2018 zu den höchsten in Europa. Der Lebensstandard wird anhand des medianen verfügbaren Äquivalenzeinkommens gemessen, wobei die Preisniveauunterschiede zwischen den Ländern korrigiert werden. In der Schweiz war dieses Einkommen 2,9-mal so hoch wie in Griechenland, 1,6-mal so hoch wie in Italien, 1,3-mal so hoch wie in Frankreich und 1,2-mal so hoch wie in Deutschland und Österreich. Trotz des hohen Preisniveaus in der Schweiz war der Lebensstandard der Bevölkerung nach Abzug der obligatorischen Ausgaben also höher als in den Nachbarstaaten und der Mehrheit der EU-Länder.
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Quelle:
Text Bundesamt für Statistik BFS, 28. Januar 2020 |
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Definitionen
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Finanzielle Armut kann nach zwei Ansätzen definiert werden: dem absoluten und dem relativen Ansatz. In beiden Konzepten wird jeweils ausschliesslich die Einkommenssituation betrachtet, ohne allfällige Vermögenswerte (Einkommensarmut).
Die Armutsquote basiert auf einer «absoluten» Grenze: Als arm gelten demnach Personen, die nicht über die finanziellen Mittel verfügen, um die für ein gesellschaftlich integriertes Leben notwendigen Güter und Dienstleistungen zu erwerben. Die verwendete Armutsgrenze leitet sich von den Richtlinien der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) ab. Sie setzt sich zusammen aus dem Grundbedarf für den Lebensunterhalt, den individuellen Wohnkosten sowie monatlich 100 Franken pro Person ab 16 Jahren im Haushalt für weitere Auslagen.
Die Armutsgefährdungsquote basiert auf einer «relativen» Grenze: Als armutsgefährdet gelten Personen mit einem Einkommen, das deutlich unter dem üblichen Einkommensniveau im betreffenden Land liegt. Armut wird somit als eine Form der Ungleichheit betrachtet. Vereinbarungsgemäss setzt die Europäische Union die Armutsgefährdungsgrenze bei 60% des medianen verfügbaren Äquivalenzeinkommens an.
Als Erwerbstätige gelten hier alle Personen ab 18 Jahren, die während des Kalenderjahres vor dem Interview (= Referenzperiode der Einkommen in SILC) mehrheitlich, d.h. in mehr als der Hälfte aller Monate, angestellt oder selbstständig erwerbend waren. Dabei werden sowohl Vollzeit- als auch Teilzeit-Tätigkeiten berücksichtigt.
Der Median oder Zentralwert teilt die nach Grösse geordneten Beobachtungswerte in zwei gleich grosse Hälften. Die eine Hälfte der Werte liegt über, die andere unter dem Median.
Das Bruttohaushaltseinkommen fasst alle Einkommen sämtlicher Mitglieder eines Privathaushalts zusammen. Dazu gehören die Einkommen aus unselbstständiger und selbstständiger Erwerbstätigkeit, Renten und Sozialtransfers, Vermögenserträge, Unterhaltszahlungen sowie andere regelmässige Transfereinkommen von anderen Haushalten. Die in der Befragung SILC 2019 erhobenen Einkommensdaten beziehen sich auf das Jahr 2018.
Das verfügbare Haushaltseinkommen wird berechnet, indem vom Bruttoeinkommen die obligatorischen Ausgaben abgezogen werden. Dazu gehören Sozialversicherungsbeiträge, Steuern, Krankenkassenprämien für die Grundversicherung, bezahlte Alimente und andere regelmässig zu leistende Unterhaltsbeiträge.
Das verfügbare Äquivalenzeinkommen wird anhand des verfügbaren Haushaltseinkommens berechnet, indem durch die Anwendung einer Äquivalenzskala die Grösse und Zusammensetzung der Haushalte berücksichtigt wird: Die älteste Person wird mit 1,0 gewichtet, jede weitere Person ab 14 Jahren mit 0,5 und jedes Kind unter 14 Jahren mit 0,3. Damit wird den Einsparungen Rechnung getragen, die sich aus dem gemeinsamen Wirtschaften eines Haushalts mit mehreren Personen ergeben.
Für europäische Vergleiche wird das verfügbare Äquivalenzeinkommen mittels Kaufkraftstandard (KKS) ausgedrückt. Der KKS ist eine künstliche Währungseinheit, die die von Land zu Land unterschiedlichen Preisniveaus bereinigt. Mit einem KKS kann in jedem Land die gleiche Menge an Waren und Dienstleistungen erworben werden, was den Vergleich wirtschaftlicher Indikatoren verschiedener Länder ermöglicht.
Das Quintilverhältnis S80/S20 setzt das Äquivalenzeinkommen der einkommensstärksten 20% der Bevölkerung in Beziehung zu jenen der einkommensschwächsten 20%. Je mehr dieser Quotient von 1 abweicht, desto ungleicher sind die Einkommen zwischen diesen Bevölkerungsgruppen verteilt. Ein Wert von 4,0 beispielsweise sagt aus, dass die Einkommen der einkommensstärksten Personen zusammengenommen viermal so hoch sind wie jene der einkommensschwächsten Personen. Dazu ist anzumerken, dass die «ultrareichen» Haushalte im Gegensatz zu den sehr reichen Haushalten in den Stichprobenerhebungen nicht berücksichtigt werden. Die höchsten jährlichen Einkommen der Haushalte, die von SILC erhoben werden, belaufen sich auf einige Millionen Franken.
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Quelle:
Text Bundesamt für Statistik BFS, 18. Februar 2021 |
Entbehrung «unerwartete Ausgabe»: Nicht in der Lage sein, eine unerwartete Ausgabe in der Höhe jenes Betrages zu tätigen, der ungefähr einem Zwölftel der Armutsgefährdungsschwelle (60%) für Einpersonenhaushalte entspricht (in der Schweiz: 2500 Franken innerhalb eines Monats).
Entbehrung «Ferien ausser Haus»: Nicht in der Lage sein, eine Woche Ferien pro Jahr ausser Haus zu finanzieren.
Diese Fragen zur Entbehrung werden nur einem Haushaltsmitglied gestellt; die Antworten werden für sämtliche Haushaltsmitglieder übernommen. Sie sind Bestandteil der Fragen zur materiellen Entbehrung.
Bruttoeinkommen: Das Bruttohaushaltseinkommen fasst alle Einkommen sämtlicher Mitglieder eines Privathaushalts zusammen (Einkommen aus unselbstständiger und selbstständiger Erwerbstätigkeit, Renten und Sozialtransfers, Vermögenserträge usw.). Um den finanziellen Vorteil von selbst genutztem Wohneigentum oder eines Mietzinses unter dem marktüblichen Preis Rechnung zu tragen, wird bei den in der Schweiz veröffentlichten Indikatoren zum Bruttoeinkommen der betreffenden Haushalte eine «fiktive Miete» addiert. Die fiktive Miete entspricht dem Nutzungswert des Objekts nach Abzug der effektiven Wohnkosten. Die fiktive Miete wird nicht in allen Ländern berechnet. Sie wird bei europäischen Vergleichen zum verfügbaren Äquivalenzeinkommen nicht berücksichtigt. Die in der Befragung SILC 2016 erhobenen Einkommensdaten beziehen sich auf das Jahr 2015.
Verfügbares Einkommen: Das verfügbare Einkommen wird berechnet, indem vom Bruttoeinkommen die obligatorischen Ausgaben abgezogen werden. Dazu gehören Sozialversicherungsbeiträge, Steuern, Krankenkassenprämien für die Grundversicherung, bezahlte Alimente und andere zu leistende Unterhaltsbeiträge.
Verfügbares Äquivalenzeinkommen: Das verfügbare Äquivalenzeinkommen wird ausgehend vom verfügbaren Haushaltseinkommen unter Einbezug der Haushaltsgrösse mittels Äquivalenzskala berechnet. Um die Skaleneffekte zu berücksichtigen (eine vierköpfige Familie muss nicht vier Mal so viel ausgeben wie eine Einzelperson, um denselben Lebensstandard zu erreichen), werden die Personen im Haushalt gewichtet: Die älteste Person mit 1,0, jede weitere Person ab 14 Jahren mit 0,5 und jedes Kind unter 14 Jahren mit 0,3 (Werte entsprechen der neuen OECD-Äquivalenzskala). Die äquivalente Haushaltsgrösse entspricht der Summe der Personengewichte. Für europäische Vergleiche wird das verfügbare Äquivalenzeinkommen mittels Kaufkraftstandard (KKS) ausgedrückt. Der KKS ist eine Währungseinheit, die die von Land zu Land unterschiedlichen Preisniveaus bereinigt. Mit einem KKS kann in jedem Land die gleiche Menge an Waren und Dienstleistungen erworben werden, was den Vergleich wirtschaftlicher Indikatoren verschiedener Länder ermöglicht.
Armutsgefährdung: Als armutsgefährdet gelten Personen in Haushalten mit einem Einkommen (ohne Vermögen), das deutlich unter dem üblichen Einkommensniveau im betreffenden Land liegt. Armut wird somit als eine Form der Ungleichheit betrachtet: Die Europäische Union setzt die Armutsgefährdungsschwelle bei 60 Prozent des verfügbaren Medianäquivalenzeinkommens an. Das BFS veröffentlicht zudem die Ergebnisse zur absoluten Armut, die anhand der auf einem sozialen Existenzminimum basierenden Armutsgrenze (Sozialhilfenormen) gemessen wird. Detaillierte Ergebnisse dazu werden im Frühling 2018 publiziert.
Dauerhafte Armutsgefährdung: Als dauerhaft armutsgefährdet gelten Personen, die während mindestens drei von vier Jahren, einschliesslich im letzten Jahr, von Armutsgefährdung betroffen sind. Als Grundlage zur Berechnung der dauerhaften Armutsgefährdung dient die Erhebung SILC, bei der die gleichen Personen während vier Jahren befragt werden.
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Quelle:
Text Bundesamt für Statistik BFS, November 2017 |
Ungleichheit bei der Einkommens- und Vermögensverteilung |
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