Schiiten und Sunniten
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Schiiten: Schia und das Sektenwesen

Die neben der grossen Mehrheit der orthodoxen Sunniten bedeutsamste Gruppierung innerhalb des Islam bilden die Schiiten.

Ihre Abspaltung erfolgte recht unmittelbar nach dem Tod des Propheten und hat ihren Grund nicht so sehr in unterschiedlichen theologisch-dogmatischen Positionen. Denn auch die Schiiten, die gegenwärtig weitweit rund zehn Prozent aller Muslime stellen, erkennen den Koran als Quelle der göttlichen Offenbarung und die Sunna, das Leben und Wirken Mohammeds, als vorbildlich und daher verbindlich an.

Auch erachten sie die fünf Saulen des Islam als heilige Pflicht.

Der Konflikt entzündete sich vielmehr daran, welcher Person innerhalb der muslimischen Gemeinde die höchste Autorität zukommen soll.

Während die Sunniten grundsätzlich jeden als Kalifen akzeptierten, sofern er dem Stamm des Propheten angehörte fromm genug war und die politische Eignung sowie die Kenntnis der religiösen Quellen besassen, halten die Schiiten bis heute ausschliesslich Mohammeds Vetter Ali und die leiblichen Nachkommen (Aliden) aus dessen Ehe mit der Prophetentochter Fatima für berechtigt, die Gesamtgemeinde zu leiten.

Deshalb bezichtigen die Anhänger der "Partei Alis" (arab. schi'at Ali) die drei ersten Kalifen und auch die folgenden Herrscher der Umayyaden und Abbasiden-Dynastie, widerrechtlich die Macht ergriffen beziehungsweise einander vererbt zu haben. Ihre Imame (arab. Imam: Anführer) hingegen verehren sie als unfehlbare Inhaber jenes göttlichen Lichts, welches, so ihr Glaube, durch die Propheten von Adam auf diese übertragen worden sei.

Heilsglaube und Märtyrertum

Als Folge ihres immer wieder vergeblichen Kampfes, gegen das politische Establishment und ihrer Rolle als - meist unterdrückte - Minderheit entwickelten die Schuten sehr bald eine besondere Mentalität mit folgenden Kernmerkmalen: eine intensive, den Sunniten völlig fremde Bereitschaft zum Leiden und ein ausgeprägter Märtyrerkult. So gilt neben dem Haddsch, der Pilgerfahrt nach Mekka ein Besuch der Grabstätten der Imame und ihrer engsten Verwandten als geradezu unerlässlich.

An den grossen, für Andersgläubige in der Regel verschlossenen Schreinen von Nahschaf, Bagdad, Kerbela, Samarra (alle Irak), Maschhad, Qom (Iran) und Medina (Saudi Arabien) verleihen die Wallfahrer ihrer Untröstlichkeit über das erlittene Unrecht mittels Tränen, Schluchzen und Verzweiflungsgesten auf bemerkenswerte Weise Ausdruck.

Geschichte des Jemens Sunniten und Schiiten

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Die Sunna

Der Koran, trotz einer Fülle von Ge- und Verboten, kann nicht den gesamten Alltag regeln. Schon zu Lebzeiten Mohammeds erwies sich deshalb eine Erweiterung als notwendig. Zum Vorbildgenommen wurden dafür die Taten und Aussprüche des Religionsstifters. Als er starb, begannen seine Gefährten, die Überlieferungen seiner Vita zu kommentieren und auszuweiten. Doch erst im 9. Jahrhundert wurden diese bis dahin nur mündlich weitergegebenen Überlieferungen "Hadith" systematisch gesammelt und aufgezeichnet. Diese Überlieferungen in ihrer Gesamtheit bilden die "Sunna", die Propheten-Tradition.

Erwartungsgemäss entstand rasch das Problem, dass das Material im Einzelnen unterschiedlich gedeutet wurde. Heute steht fest, dass ein beträchtlicher Teil der Hadith im Nachhinein in tendenziöser oder sektiererischer Absicht verfälscht oder überhaupt erst verfasst wurde. Daher wurden bereits im 9. Jh. sechs Hadith-Sammlungen zu den einzigen authentischen erklärt. Für die Sunniten, die Anhänger dieser orthodoxen Sunna, bilden sie nebendem Koran die zweite zentrale Quelle, aus der Theologen und Rechtsgutachter ihr Wissen und ihre Inspiration schöpfen.

Die Schiiten allerdings lassen nur jene Hadithe, die auf Ali oder die ihm folgenden Imame zurückgehen, gelten.

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