Jugendliche in Schwierigkeiten |
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Schweiz Jugend - Sozialpolitik |
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Gesellschaft und Soziales Weitere Informationen |
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Ausbildungs-
und Arbeitslosigkeit bei jungen Erwachsenen |
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Misslingt
eine Ausbildung oder der Einstieg ins Berufsleben, so bedeutet dies vielfach
der Anfang einer Entwicklung, die über viele Stationen schliesslich
als "Fall" in der Sozialhilfe erscheint. Die Sozialhilfestatistik zeigt
entsprechend nur einen Teil des Problems an, das sich dahinter verbirgt.
Kommen Jugendliche zur Sozialhilfe ist es vielfach schon sehr spät
oder zu spät, um noch positive Veränderungen herbeizuführen.
Der Turnaround lässt sich oft nicht mehr oder nur noch mit sehr grossem
Aufwand für alle Beteiligten schaffen. Es droht nicht selten die chronische
Abhängigkeit von der Sozialhilfe oder andern Hilfesystemen. Angesichts
des jugendlichen Alters und der voraussichtlich langen Unterstützungsdauer
sind damit für die Öffentlichkeit oder die Sozialwerke besonders
hohe Kostenfolgen verbunden.
Die
Gesellschaft und die Sozialhilfe haben daher ein eminentes Interesse daran,
dieses strukturelle Armutsrisiko zu beseitigen und die Chancen Jugendlicher
bei der Ausbildung und beim Berufseinstieg zu verbessern. Im Kampf gegen
die Armut kommt dem Risiko des verfehlten Berufseinstiegs eine entscheidende
Bedeutung zu. Darauf hat die SKOS bereits in früheren Jahren hingewiesen
und viele der Empfehlungen bleiben unverändert aktuell3.
Die gegenwärtig günstige Wirtschaftslage bietet jedoch besonders
gute Voraussetzungen, um strukturelle Veränderungen bei den Angeboten
für Jugendliche und junge Erwachsene vorzunehmen und sie damit wirksamer
vor Armut zu schützen.
1 BFS,
Die Schweizerische Sozialhilfestatistik 2004
2 BFS,
Die Schweizerische Sozialhilfestatistik 2004
3 z.
B. ZeSo, Nr. 9/2002
nach
oben
2.
Ausbildungs Ausbildungs- und Arbeitslosigkeit |
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Im
Zusammenhang mit den wirtschaftlichen Umstrukturierungen ist in quantitativer
Hinsicht ein Lehrstellenmangel zu beobachten. Einige tausend Jugendliche
gehen pro Jahr leer aus. Zudem lässt sich ein Missmatch von Angebot
und Nachfrage feststellen, d.h. es gibt Lehrstellen, die sich kaum besetzen
lassen, aber auch Jugendliche, die auf keine Lehrstelle passen.
Besondere
Probleme stellen sich für ein Teil der ausländischen Jugendlichen. |
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Die
mangelnde Integration der Eltern führt dazu, dass diese ihre Kinder
in schulischen Belangen kaum unterstützen und beraten können.
Sprachprobleme treten hinzu.
Nicht
nur Bildungsferne des Elternhauses, bisweilen auch Bildungsfeindlichkeit
wirkt sich negativ auf die Jugendlichen aus. Davon sind insbesondere Mädchen
und junge Frauen, deren Ausbildung, wie vormals in unserer Gesellschaft,
von Zugewanderten oft nicht gefördert oder gar behindert wird 4.
Der
Anteil der 18- bis 25-jährigen Frauen mit Migrationshintergrund liegt
mit 52,5 Prozent leicht über jenem der Männer in der vergleichbaren
Alterskategorie. Dabei fällt auf, dass diese jungen Frauen relativ
früh Kinder haben, nicht selten auch als Alleinerziehende, und dass
ihnen damit der Weg zu einer beruflichen Qualifikation einstweilen erschwert
ist.
Ausbildungslosigkeit
gilt als Hauptgrund für spätere Arbeitslosigkeit und als Ursache
für Sozialhilfebezug junger Erwachsener. 65
Prozent der Sozialhilfebezüger im Alter von 18 bis 25 Jahren sind
ohne Berufsausbildung (gegenüber 46 Prozent aller Sozialhilfebezüger
und 23 Prozent der GesamtBevölkerung5).
Als
unqualifizierte Arbeitskräfte ist es für diese Jugendlichen angesichts
der relativ hohen fixen Lebenshaltungskosten (insbesondere Kosten für
Wohnung und Krankenkassen) besonders schwierig, ein Einkommen zu erzielen,
aus dem sich der Lebensunterhalt bestreiten lässt. überdies sind
wenig Qualifizierte in besonderem Masse von konjunkturellen Schwankungen
betroffen, so dass sie leicht ihre Stellen verlieren.
Aber
auch gut qualifizierte Jugendliche, selbst mit akademischen Abschlüssen,
stehen heute vor vielen Hürden beim Berufseinstieg. Unternehmen
sind oft nicht bereit, die Einführungskosten zu tragen. So wird bei
der Besetzung von Stellen regelmässig Berufserfahrung vorausgesetzt,
was junge Absolventinnen und Absolventen von Studienabschlüssen oder
Berufsausbildungen von vornherein ausschliesst. Um sich die nötigen
Erfahrungen anzueignen, sind Viele darauf angewiesen, in den ersten Jahren
auf kaum bezahlte Praktika auszuweichen, welche zunehmend auch von der
unter finanziellem Druck stehenden öffentlichen Verwaltungen angeboten
werden. Dadurch sind junge Erwachsene, obwohl sie arbeiten, oft erst ein
oder zwei Jahre nach ihrem Abschluss in der Lage, ein Existenz sicherndes
Einkommen zu erzielen. In diesem Zusammenhang drückt die SKOS auch
ihre Sorge zum diskutierten Ausschluss von Ausbildungsabgängern aus
der Arbeitslosenversicherung.
4 Probleme
der Integration von Ausländerinnen und Ausländern in der Schweiz,
Bericht des Bundesamtes für Migration, 2006.
5 BFS,
Die Schweizerische Sozialhilfestatistik 2004
nach
oben
3.
Viele Initiativen - wenig Koordination |
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Es
fehlte und fehlt nicht an Initiativen auf allen Stufen, Jugendliche und
junge Erwachsene zu fördern. Namentlich am übergang von der obligatorischen
Schulpflicht zur Berufslehre sind zahlreiche Angebote entwickelt worden
(10. Schuljahr, überbrückungsangebote, Motivationssemester, spezielle
Integrationsangebote). Auch die Berufsberatungen sind aktiv gewesen (Coaching,
Mentoring, niederschwellige Beratungsangebote und Vorbereitungen auf die
Berufswahl). Auch auf das Angebot an Lehrstellen wurde Einfluss genommen
(Programme zur Lehrstellenförderung, Entlastung ausbildender Betriebe). |
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Diesen
Initiativen ist gemeinsam, dass sie in der Regel aus den jeweiligen Systemen
der Schule, der Berufsbildung, der Sozialdienste, der Wirtschaft heraus
entwickelt und wenig koordiniert wurden. Sie stellen Reaktionen auf konjunkturelle
Gegebenheiten dar, ohne den strukturellen Veränderungen in der Arbeitswelt
und den veränderten Kompetenzen und Verhaltensweisen Jugendlicher
hinreichend Rechnung zu tragen. Die Massnahmen orientieren sich jeweils
kurzfristig am aktuellen Markt der Lehrstellen und versuchen Nachfrage
und Angebot besser aufeinander abzustimmen. Wo dies nicht gelingt,
werden überbrückungen und kurzfristige Entlastungsmassnahmen
ergriffen. Diese bringen nur für kurze Zeit eine Lösung und verschieben
teilweise die Probleme auf einen späteren Zeitpunkt.
Eine
gezielte Koordination der verschiedensten Initiativen lässt sich am
ehesten im lokalen Kontext beobachten. Die vorrangig betroffenen Politikbereiche,
insbesondere die Wirtschaft- und Arbeitsmarktpolitik, die Bildungspolitik,
die Integrations-, Familien- und Sozialpolitik handeln indes recht unabhängig
voneinander. Und da die Zuständigkeiten für das genannte
Problem auf lokaler, kantonaler und nationaler Ebene angesiedelt sind,
ist ein abgestimmtes Handeln oft kaum auszumachen. Die zersplitterte Verantwortung
für die Finanzierung der verschiedenen Massnahmen trägt das ihre
dazu bei, koordiniertes Handeln zu erschweren.
nach
oben
4.
Erkenntnisse und Einsichten |
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Die
Ausbildungs- und Arbeitslosigkeit Jugendlicher und junger Erwachsener stellen
ein grosses Armutsrisiko dar. Wer zu Beginn den Berufseinstieg nicht
schafft, hat es schwer, wirtschaftlich selbständig zu werden. Die
Folgen für die Betroffenen, aber auch die Kosten für die Gesellschaft
sind schwerwiegend.
Die
gezielten Bemühungen um berufliche Qualifizierung setzen spät
ein. Immer mehr setzt sich die Erkenntnis durch, dass eine berufliche Grundausbildung
Kompetenzen voraussetzen, die man mit 'Bildungsfähigkeit' umschreiben
kann. |
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Neben Sprachkompetenzen sind hier vor allem auch Sozial- und Selbstkompetenzen zu erwähnen,
die in einem viel früheren Entwicklungsstadium erworben werden. Namentlich
für Kinder aus Migrantenfamilien, aber längst nicht nur für
diese, sind Angebote im Vorschulbereich, aber auch die Elternarbeit sehr
wichtig.
Schule,
Ausbildung und Einstieg ins Berufsleben werden als klar voneinander getrennte
Entwicklungsphasen konzipiert und wahrgenommen. Man spricht entsprechend
von übergängen, überbrückungen und Nahtstellen. Der
Prozess der Integration in die Arbeitswelt, welcher eine wirtschaftlich
eigenständige Lebensführung ermöglichen soll, erweist sich
jedoch immer mehr als ein Kontinuum. Entsprechend sind Massnahmen nicht
nur als 'Anschlüsse' und kurzfristige Angebote und Interventionen
zu konzipieren, sondern als der Entwicklung angepasste Angebote mit Perspektive.
Gerade
für schwach qualifizierte Schulabgängerinnen und Schulabgänger
bestehen heute wenig Optionen. Die Schaffung einer Zertifikatslehre könnte als Beispiel dienen, diesen Jugendlichen eine Perspektive über
ein Jahr hinaus zu eröffnen, damit sie sich nicht von Kurzzeitangebot
zu Kurzzeitangebot durchhangeln müssen. Gerade in dieser Lebensphase
wirkt es belastend, wenn mit jedem Einstieg in ein Programm bereits wieder
die Frage im Raum steht, wie es denn weiter gehen soll. Dies kommt dem
ausgeprägten Bedürfnis dieser Jugendlichen nach Anerkennung nicht
entgegen.
Die
Berufsausbildung der privaten Lehre, wie sie die Schweizerische Praxis
prägt, hat ihre unbestreitbaren Stärken, an denen festzuhalten
ist. Der Markt kann es allein jedoch nicht 'richten'. Gerade schlecht qualifizierte
Schulabgängerinnen und Schulabgänger gehen nicht selten leer
aus. Es braucht neben den privaten Lehrstellenangeboten auch Angebote der
öffentlichen Hand, denn das Recht auf eine Ausbildung muss ordnungspolitischen
überlegungen vorgehen. Die Schäden für die Gesellschaft
sind zu gross, wenn jährlich einige tausend Jugendlicher ohne berufliche
Grundausbildung bleiben.
Heute
tut sich nach Abschluss der obligatorischen Schulzeit ein Vakuum auf, das
vor allem leistungsschwache Schülerinnen und Schüler gefährdet. Ohne längerfristige Perspektive, abgewertet durch zahllose Absagen
auf Stellenbewerbungen, ohne die Sozialkontrolle eines Elternhauses oder
eines Schulsystems laufen sie Gefahr, auf eine 'Hänger-Laufbahn' abzugleiten
mit den entsprechenden Folgen. Weil von diesem Zeitpunkt an niemand mehr
für diese Jugendlichen 'zuständig' ist, fehlt es nicht nur an
einer statistischen Erfassung dieser Jugendlichen, sondern auch an einem
verbindlichen 'Nachfassen'. Oftmals sind es Polizeibehörden oder Fürsorgebehörden,
die als erstes wieder mit diesen Jugendlichen in Kontakt kommen.
nach
oben
5.
Die Rolle der Sozialhilfe |
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Die
Sozialhilfe tritt mit jungen Erwachsenen dann in Kontakt, wenn sie ihren
Lebensunterhalt nicht selber bestreiten können. Da sie kaum längere
Zeit erwerbstätig waren, haben sie in der Regel auch keine Ansprüche
gegenüber Sozialversicherungen, die sie geltend machen können.
Als letztes Auffangbecken der sozialen Sicherung kommt die Sozialhilfe
in einem Zeitpunkt zum Zug, in dem schon sehr Vieles schief gelaufen ist.
Wer im Alter von zwanzig Jahren und mehr seit dem Schulabschluss nichts
mehr gelernt oder gearbeitet hat, hat schlechte Prognosen. |
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Die
Jugendlichen haben dann schon einen Parcours durchlaufen, der ihnen schon
einiges an Misserfolgen eingetragen hat. Verlorenes Selbstvertrauen oder
übersteigerte Geltungssucht lassen sich gleichermassen beobachten.
Die
Sozialhilfe kann mit ihren äussert beschränkten Mitteln nur versuchen,
bereits entstandene Schäden zu beheben. Insbesondere ist es ihre Aufgabe
zu helfen, verpasste Ausbildungen nachzuholen oder zur Erwerbstätigkeit
zu motivieren. Dazu fehlen ihr aber weitgehend
die personellen Ressourcen. Zudem gilt es zu versuchen, ein dem Lebensalter
angepasstes Sozialverhalten zu fördern und durch Art und Höhe
der Unterhaltszahlungen die richtigen Anreize zu setzen. In diesem Zusammenhang
hat die SKOS auch Praxishilfen für Jugendliche und junge Erwachsene
in der Sozialhilfe ausgearbeitet und in ihren Richtlinien auf die besondere
Situation dieser Altersgruppe Rücksicht genommen6.
6 SKOS,
Richtlinien für die Ausgestaltung und Bemessung der Sozialhilfe, Praxishilfen,
Kapitel H.11, 5
Ganz
grundsätzlich ist jedoch festzuhalten, dass die
Sozialhilfe kaum Mittel hat und auch nicht die richtige Instanz ist, um
Ausbildungslosigkeit, Arbeitslosigkeit und Armut bei jungen Erwachsenen
wirksam zu bekämpfen. Für dieses
gesellschaftliche Problem ist sie der falsche Reparaturbetrieb. Sie muss
deshalb mit aller Deutlichkeit darauf hinweisen, dass sich hinter dem Problem
strukturelle Ursachen verbergen und dass weder eine Missbrauchsdebatte
noch die Zuweisung von Schuld an die Jugendlichen selber der Sache gerecht
werden.
Die
Sozialhilfe sieht sich denn auch aufgerufen, eine umfassendere und langfristige
Strategie zur Armutsbekämpfung bei Jugendlichen einzufordern, welche
von allen relevanten gesellschaftlichen Akteuren und staatlichen Ebenen
mitgetragen wird. Sie kann aber aus ihrer beschränkten Perspektive
und mit ihren beschränkten Mittel selber keine eigene Strategie entwickeln,
sondern nur bei einer integrierten Strategie mitwirken. Dazu ist sie bereit.
nach
oben
6.
Elemente einer integrierten Strategie |
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Lebenslaufsperspektive
Im
Gegensatz zu heute muss das Thema der jungen Erwachsenen aus einer Lebenslaufsperspektive
angegangen werden. Darauf weist auch die Tatsache hin, dass bei nicht
wenigen Sozialhilfe beziehenden Jugendlichen bereits deren Eltern von der
Sozialhilfe abhängig waren.
Wichtig
sind Einrichtungen im Vorschulalter, in dem bedeutsame Kommunikation-
und Sozialkompetenzen erworben werden. |
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Bereits
dort werden Weichen gestellt. Die Risiken von beruflichen Integrationsschwierigkeiten lassen sich während der ganzen Schulzeit und nicht erst bei Abschluss
der Sek.1 Stufe erkennen.
Rechtzeitige Interventionen
und Präventionsmassnahmen in einem frühen Stadium sind erforderlich.
Aus einer Lebenslaufsperspektive erscheinen die einzelnen Entwicklungsschritte
als Kontinuum und nicht als Abschnitte, denen die Gefahr von lebensbestimmenden
Brüchen innewohnt. Ein Ausbau des Frühbereichs und der Elternarbeit
sind wichtige Elemente einer solchen Strategie. Familienpolitische Massnahmen
haben langfristig positive Wirkungen.
Recht
und Pflicht auf Ausbildung
Jeder
Jugendliche sollte eine berufliche Grundausbildung machen. Zwar schützt
diese nicht in jedem Fall vor späterer Erwerbslosigkeit, doch schafft
jede Ausbildung doch bessere Chancen, das Leben aus eigener Kraft zu bestreiten.
Aus Sicht der Sozialhilfe ist das Recht auf Ausbildung von besonderer Bedeutung. Gerade
bei Jugendlichen in der Sozialhilfe wird gelegentlich der Aufnahme einer
unqualifizierten Arbeit der Vorrang gegenüber einer beruflichen Qualifizierung
gegeben, weil damit eine Ablösung von der Sozialhilfe erfolgen kann. Dies ist eine kurzfristige Sichtweise, denn Qualifizierungen sind aus Sicht
des Sozialstaates Investitionen.
Eigentlich
wäre es wichtig, auch eine Pflicht auf Ausbildung über die Schulpflicht
hinaus einzufordern. In jedem Fall sollten Jugendliche von allen Stellen,
mit denen sie zu tun haben, einen erheblichen Druck verspüren, eine
Grundausbildung zu absolvieren.
Wo
die sozialen Leistungssysteme Gegenleistungen einfordern können,
sollten sie bei Jugendlichen das Hauptgewicht auf die Ausbildung legen.
Es ist auch zu prüfen, auf welche Art nach der Schulpflicht, die weitere
Entwicklung der Jugendlichen, die keine Ausbildung absolvieren, verfolgt
und beobachtet werden kann.
Bildungsfähigkeit
erlangen
Leistungsschwachen
Jugendlichen fehlen oft die Grundlagen zu einer beruflichen Ausbildung.
Es fehlt an elementaren Kompetenzen, die es braucht. An der Schwelle zur
Ausbildung und nach gescheiterten Anläufen zeigt sich oftmals, dass
es erst darum gehen muss, die Bildungsfähigkeit herzustellen. Niederschwellige
Zubringer-Angebote sind zu entwickeln, um den Betroffenen den Anschluss
an Regelangebote zu ermöglichen. Diese Angebote müssen differenziert
und auf das Individuum zugeschnitten sein, wenn sie Wirkung erzeugen sollen.
Lehrstellenmarkt
ergänzen
In
den meisten Fällen vermag der Lehrstellenmarkt die Mehrzahl der auszubildenden
Jugendlichen aufzunehmen. Dies macht die Stärke des schweizerischen
Bildungssystems aus. Mit entsprechenden Kampagnen der Wirtschaft gelingt
es auch immer wieder, das Angebot auszuweiten. Gleichwohl geht die Rechnung
jährlich für mehrere Tausend Jugendliche nicht auf. Vorrang muss
dabei das Recht auf eine angemessene Ausbildung haben. Entsprechend sollen
fehlende Lehrstellen allenfalls auch durch den Staat bereitgestellt werden.
Dies war früher durchaus üblich und wurde nicht als ordnungspolitischer
Sündenfall betrachtet.
Wo
marktwirtschaftliche Mechanismen nicht genügen und steuerliche Impulse
abgelehnt werden, muss die öffentliche Hand die Möglichkeit erhalten,
ergänzend einzugreifen. Der Hinweis auf eine längerfristige Entlastung
durch die Demografie nützt den heutigen Jugendlichen nicht und könnte
sich erst noch als Trugschluss erweisen.
Lehrstellen
für Leistungsschwache
Leistungsschwache
Schulabgängerinnen und Schulabgänger haben heute oftmals keine
Chance, eine ihren Fähigkeiten entsprechende Ausbildungsstätte
zu finden. Dies hängt mit den immer höheren Anforderungen der
Arbeitswelt zusammen, aber auch mit den Ansprüchen der Berufsverbände
und Unternehmen. So werden Leistungsschwache von Übergangsangebot zu übergangsangebot weitergereicht. Eine integrierte Strategie verlangt,
dass auch für leistungsschwächere Absolventen und Absolventinnen
Optionen geschaffen werden, eine stabile Ausbildung über zwei bis
drei, zumeist für die Entwicklung entscheidende Jahre zu absolvieren.
Zertifikatslehren sind Beispiele für mögliche Wege. Auch hier ist die öffentliche
Hand aufgefordert zu investieren. Es ist nicht einsichtig, weshalb sie
sich hier nicht engagieren soll, sondern erst in der Form von Beschäftigungs-
und Qualifikationsprogrammen der Sozialwerke oder der Sozialhilfe.
Frühe Hilfe wäre wirksamer. Der Grundsatz: Für alle ein
Ausbildungsplatz muss auch für die Leistungsschwächeren gelten.
Dabei müsste auch für die Arbeitgeber
Anreize geschaffen werden, leistungsschwächere Jugendliche aufzunehmen.
Individuelle
Unterstützung
Erfahrungen
haben gezeigt, dass eine individuelle Unterstützung der Jugendlichen
am übergang zu Ausbildung und Erwerbsleben am meisten Erfolg verspricht.
Coachings, Trainings und individuelle Beratung sind zwar aufwändig
und verlangen die erforderlichen personellen Ressourcen, führt aber
in der Regel am ehesten zum Ziel. Im Zuge der Rationalisierung staatlicher
Dienste wurden in den letzten Jahrzehnten viele Angebote abgebaut oder
redimensioniert. Dies war in manchen Fällen im Rückblick ein
Fehler.
Integration
der Zugewanderten
Besonderen
Schwierigkeiten mit der Berufsintegration stellen sich für Zugewanderte.
Zweifelsohne wird vom neu gesetzlich verlangten frühen Familiennachzug
eine positive Wirkung ausgehen. Gleichwohl wird es neben den Regelstrukturen
in Zukunft weiterhin Sonderangebote für ausländische Jugendliche
brauchen. Die Integrationsförderungskurse, die es in verschiedenen
Städten gibt, haben sich als zweckmässig erwiesen und sollten
gestärkt werden. Besondere Bedeutung hat für Zugewanderte die
Elternarbeit, die nicht immer einfach ist.
Koordination
und Kooperation - Abstimmen der materiellen und finanziellen Verantwortlichkeiten
Entscheidend
für eine integrierte Strategie ist die Kooperation und Koordination
der verschiedenen Bemühungen. Dabei wird es zweckmässig sein,
die aktuellen Zuständigkeiten nicht als sakrosankt zu betrachten.
Möglicherweise braucht es Verschiebungen. Insbesondere braucht es
eine überprüfung der Finanzströme in diesem Bereich um sicherzustellen,
dass für alle Beteiligten richtige Anreize gesetzt werden.
Zentral
ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Bildungs-, Wirtschafts- und Sozialbereich.
Darüber hinaus ist die Zusammenarbeit zwischen den drei Staatsebenen
- Bund, Kantone, Gemeinden - zu verstärken. Die SKOS hält es
für sinnvoll, die berufliche und soziale Integration junger Erwachsener
zu einem Thema der Tripartiten Agglomerationskonferenz (TAK) zu machen.
Sie muss auch ein Thema der Interinstitutionellen Zusammenarbeit (IIZ)
sein, welche sich um eine Koordination der Sozialwerke und der Sozialhilfe
befasst.
nach
oben
7.
Chancen der Umsetzung |
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Die
SKOS ist der Auffassung, dass die Chancen zur Entwicklung und Umsetzung
einer solchen Strategie günstig sind. Die konjunkturelle Lage ist
sehr günstig und zeigt den Bedarf an qualifizierten jungen ausgebildeten
Menschen auf.
Aus
demografischen Gründen wird ein eigentlicher Mangel an Arbeitskräften
prognostiziert. Die erheblichen Kosten, die mit 'verlorenen' Jugendlichen
verbunden sind, wurden gerade auch im Zusammenhang mit der aktuellen 5.
IVG Revision weiten politischen Kreisen bewusst. |
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Die
SKOS sieht in der Ende Jahr vom Parlament überwiesenen Motion zur
Armutsbekämpfung eine ausgezeichnete Gelegenheit, dass sich der Bund
in Zusammenarbeit mit den Kantonen vermehrt der Thematik annimmt. Der besonderen
Situation Jugendlicher und junger Erwachsener sollte im Rahmen einer Strategie
zur Bekämpfung von Armut vordringliche Bedeutung zukommen.
Die
SKOS ist bereit, als Fachverband der Sozialhilfe zur Entwicklung einer
solchen Strategie beizutragen. Entscheidend wird sein, ob sich auch die
Unternehmungen und Gewerbebetriebe für die Formulierung und Umsetzung
einer solchen Strategie gewinnen lassen. Sie sind ebenfalls wichtige Akteure
in der Berufsausbildung, auf die es ankommt. Nicht nur für die Bereitstellung
und Ausgestaltung von Lehrstellen, sondern auch für die politische
Akzeptanz all der anderen Massnahmen, welche Teil einer integrierten Strategie
im Interesse der Jugendlichen und der Gesellschaft darstellen.
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Quelle:
Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe SKOS, Januar 2007
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Schweiz |
Quelle:
Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe SKOS |
Positionspapier
der SKOS |
2007 |
88 KB |
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Externe
Links |
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