Chur/Sedrun, 13. September 2007
Graubünden verzichtet auf die Realisierung der Porta Alpina. Diesen Beschluss hat die Kantonsregierung zusammen mit der Region Surselva und der Gemeinde Tujetsch als Trägerschaft des Projektes am 11. September 2007 gefasst. Die technischen, betrieblichen aber insbesondere auch die finanziellen Risiken des Projektes sind für Kanton, Region und Gemeinde ohne gesicherte Beteiligung des Bundes und klare Zusagen seitens der SBB nicht verkraftbar. Nach eingehender Überprüfung des heutigen Projekt-Standes, der neu gegebenen Rahmenbedingungen und der damit veränderten Realisierungschancen ist die Projektträgerschaft zum Schluss gekommen, dass die Weiterführung des ursprünglich im Gleichschritt mit dem Bau des Gotthard-Basistunnels geplanten Projektes Porta Alpina zu einem nicht verkraftbaren Risiko geworden ist. Dieser Schluss ergibt sich einerseits aus dem bereits im Mai 2007 vom Bundesrat aufgeschobenen Finanzierungsentscheid, andererseits aufgrund der anfangs September von den SBB abgegebenen Stellungnahme zu einem möglichen betrieblichen Minimalangebot. Verschiebung gefährdet technische Lösung Um klarere Entscheidungsgrundlagen zu erhalten, hatte der Bundesrat bereits im Mai beschlossen, den Entscheid über den Finanzierungsbeitrag der Porta Alpina bis ins Jahr 2012 hinauszuschieben und das beim Bundesamt für Verkehr (BAV) pendente Plangenehmigungsverfahren sistiert. Die Porta Alpina hätte dadurch frühestens drei Jahre nach der Fertigstellung des Gotthard-Basistunnels in Betrieb genommen werden können. Mit dieser zeitlichen Verschiebung wären jedoch die vielseitigen Synergien und Kosteneinsparungen einer gleichzeitigen baulichen Realisierung entfallen und hätten das Projekt unverhältnismässig verteuert. Die Alternative, die anstehenden weiteren Investitionen allein aus Mitteln des Kantons voranzutreiben - auch auf das Risiko hin, später eventuell keine hinreichende betriebliche Grundlage oder keine Betriebsbewilligung zu erhalten - kam aus finanziellen Gründen nicht in Frage. Der Kanton hätte bereits bis Mitte 2009 allein eine zusätzliche Investitionssumme von CHF 29 Mio. vorfinanzieren müssen. Auch rechtlich wäre dies nicht möglich, denn die Bündner-Stimmberechtigten hatten den bewilligten Kantonskredit von CHF 20 Mio. klar von der finanziellen Beteiligung des Bundes abhängig gemacht. Von der technischen/baulichen Seite her ist eine spätere Realisierung der Porta Alpina, also erst nach Inbetriebnahme des Gotthard-Basistunnels, nach dem heutigen Konzept (Nutzung des bestehenden Schachtes für den Personenlift) nicht mehr machbar. Vielmehr müsste eine neue technische Lösung gesucht werden, welche jedoch mit erheblichen Mehrkosten verbunden wäre. Betriebliche
Fragezeichen Um
auch die betrieblichen Risiken konkreter einschätzen zu können,
hatte der Kanton im Juni 2007 bei den SBB einen Studienbericht in Auftrag
gegeben mit dem Ziel, die Machbarkeit einer betrieblichen Minimalvariante
und die damit verbundenen Kosten abschätzen zu können. Der seit
anfangs September vorliegende Bericht der SBB kommt zu Schluss, dass ein
minimales Angebotskonzept der Porta Alpina, welches den Betrieb des Gotthard-Basistunnels
nicht einschränken würde, nicht wirtschaftlich sein könne.
Darüber hinaus müssten den SBB die Kosten für Zusatzzüge
in der Grössenordnung von CHF 9 Mio/Jahr abgegolten werden. Bei einer
angenommen Kapazität von 200'000 Besuchern im Jahr wären dies
bereits Grundkosten von CHF 45 pro Gast. Fazit: Auch dieses zusätzliche
finanzielle Risiko aus dem Betrieb wäre für die Trägerschaft
bzw. die nachmalige Betreibergesellschaft letztlich nicht tragbar. Aufgrund all dieser für das Projekt neuen Rahmenbedingungen ist die Porta Alpina für die Trägerschaft im ursprünglich geplanten finanziellen, technischen und betrieblichen Rahmen aus heutiger Sicht nicht mehr realisierbar. "Weder
Spielverderber noch Verlierer" Regierungsrat Stefan Engler, Vorsteher des Bau-, Verkehrs- und Forstdepartements des Kantons Graubünden bedauert diese Entwicklung zwar, mag ihr aber auch Positives abzugewinnen. ''Es gibt weder Spielverderber noch Verlierer in diesem Projekt. Zwar ist damit eine Chance für Region und Kanton und darüber hinaus auch eine einmalige, touristische Attraktion für die Schweiz verpasst. Aber die Vorinvestitionen, wie etwa für die bereits ausgebrochenen Wartehallen, sind nicht verloren. Später, wenn einmal auch gesicherte Erfahrungen im Betrieb des Gotthard-Basistunnels vorhanden sind, kann eine nächste Generation mit einem neuen, vielleicht etwas grosszügigeren Konzept die Vision wieder aufleben lassen". Entwicklung
der Region muss weiter gehen In der Zwischenzeit soll die Raum- und Regionalentwicklung Gotthard (PREGO) weiter vorangetrieben werden. Der Name Gotthard hat europaweit eine einzigartige Ausstrahlungskraft. Die vier Gotthard-Kantone Uri, Ticino, Wallis und Graubünden wollen die wirtschaftliche und touristische Entwicklung des Gotthardraumes gemeinsam vorantreiben und haben für die nächsten Jahre konkrete Massnahmen geplant. Die vielfältigen Angebote werden dabei intelligent vernetzt und sollen gemeinsam vermarktet werden - ganz nach dem Vorbild des weltweit bekannten Glacier-Express, wo drei Kantone und zwei Bahngesellschaften seit Jahren erfolgreich zusammenarbeiten. Neben diesen gemeinsamen Anstrengungen der Kantone sind nach dem Kapitel Porta Alpina aber auch die Hoffnungen und Erwartungen an Bern klarer als je zuvor. Um mit anderen Schweizer Regionen in Sachen Standortqualität Schritt halten zu können, braucht auch Graubünden recht bald eine bessere Anbindung an die internationalen Verkehrsträger und -Ströme.
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