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MOSAiC-Expedition: Ergebnisse der MOSAiC-Driftexpedition 2022
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Eis- und Klimaforschung in der Arktis
MOSAiC-Expedition: Ergebnisse der MOSAiC-Driftexpedition

Tiefe Einblicke in die Arktis von morgen

Hunderte internationale Forschende werten derzeit die Beobachtungen der MOSAiC-Expedition aus, während der sie hunderte Umweltparameter in nie dagewesener Genauigkeit und Frequenz über einen vollen Jahreszyklus im zentralen Arktischen Ozean erfassten.

Jetzt haben sie in drei Übersichtsartikeln die physikalischen Eigenschaften von Atmosphäre, Schnee und Meereis sowie Ozean in der Fachzeitschrift Elementa veröffentlicht und die Bedeutung der gemeinsamen Betrachtung aller Komponenten des Klimasystems herausgestellt. Diese Ergebnisse liefern erstmals ein vollständiges Bild der Klimaprozesse in der zentralen Arktis, die sich mehr als doppelt so schnell erwärmt wie der Rest des Planeten - Prozesse, die Wetter und Klima weltweit beeinflussen.
Wissenschaftliche Ergebnisse verknüpfen:
MOSAiC-Ergebnisse zur arktischen Atmosphäre, Eis und Ozean
Teil 1 Neue Perspektiven auf Schnee- und Meereiseigenschaften und -prozesse
Teil 2 Was im Arktischen Ozean unter dem Meereis passiert: Jahreszeitenwechsel, Regionalität, Wirbel und Vermischung während eines ganzen MOSAiC Jahres
Teil 3 Atmosphärische Parameter und Prozesse, die während MOSAiC beobachtet wurden

Das schwindende Meereis ist Symbol für die fortschreitende Klimaerwärmung: In der Arktis hat sich seine Ausdehnung seit Beginn der Satellitenaufzeichnungen in den 1980er Jahren im Sommer fast halbiert. Weniger gut untersucht aber ebenso relevant sind Dicke und weitere Eigenschaften des Eises. Die Frage, was dies für die Arktis der Zukunft bedeutet und wie sich diese Veränderungen global auswirken, waren der Antrieb für die historische MOSAiC-Expedition mit dem deutschen Forschungsschiff Polarstern von September 2019 bis Oktober 2020. Rund zehn Jahre hatten Forschende von Institutionen aus 20 Ländern die Expedition vorbereitet, deren Gesamtkosten etwa 150 Millionen Euro betrug, die grösstenteils vom deutschen Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert wurden.

Mit den jetzt vorgestellten Ergebnissen erstellen die Forschenden das vollständigste auf Beobachtungen basierende Bild der Klimaprozesse in der Arktis, wo die Oberflächentemperatur der Luft seit den 1970er Jahren mehr als doppelt so schnell gestiegen ist wie auf dem Rest des Planeten. Die Prozesse ein volles Jahr lang studieren zu können, erforderte ein besonderes Konzept, denn der zentrale Arktische Ozean ist im Winter nach wie vor eisbedeckt und daher schwer erreichbar. Daher liess sich der Eisbrecher an einer grossen Scholle festfrieren und trieb mit der natürlichen Transpolardrift durch das Nordpolar-Meer. Und hier gab es schon die ersten Überraschungen. «Wir haben dynamischeres und schneller driftendes Packeis vorgefunden als erwartet. Dies hat nicht nur die Teams vor Ort in ihrer täglichen Arbeit auf der Scholle herausgefordert, sondern führt vor allem zu veränderten Meereiseigenschaften und Meereisdickenverteilungen», berichtet Dr. Marcel Nicolaus, Meereisphysiker am Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) und Co-Leiter des Teams Eis im MOSAiC-Projekt.

Eine der Ursachen für die schnelle Drift liefert jetzt die Analyse des Atmosphären-Forschungsteams: «In Oberflächennähe herrschten in den Wintermonaten besonders niedrige Temperaturen und damit verbunden anhaltend starke Winde, die die Eisdrift verstärkten und Polarstern somit schneller als erwartet vorantrieben. Grossräumige atmosphärische Druck- und Windmuster in den Monaten Januar bis März führten zu einem besonders starken Polarwirbel um die Arktis, zusätzlich zu einem Rekord-Ozonloch in der arktischen Stratosphäre», erklärt Dr. Matthew Shupe, Atmosphärenforscher am CIRES der Universität Colorado und NOAA sowie Co-Leiter des Atmosphären-Teams.

Wie die Veränderungen der Atmosphäre und des Meereises mit der Wassertemperatur und dem Salzgehalt zusammenhängen, analysiert das Ozeanographie-Team. «Wir beobachten eine zunehmende Verbindung zwischen dem oberen Ozean und den tieferen warmen Wasserschichten im zentralen Arktischen Ozean, und zwar das ganze Jahr über», berichtet Dr. Céline Heuzé, physikalische Ozeanografin an der Universität Göteborg und Co-Leiterin des MOSAiC-Teams Ozean. «Während der Expedition konnten wir die Ozeanwirbel über einen kompletten Jahreszyklus hinweg vollständig kartieren. Nahezu gleichzeitige Messungen von der Polarstern, unserem daneben auf dem Eis errichteten Camp und dem verteilten Netzwerk in bis zu 50 Kilometern Entfernung vom Schiff liefern die erste Beschreibung von kleinräumigen Ereignissen bis hin zur regionalen Skala», ergänzt Dr. Benjamin Rabe, physikalischer Ozeanograph am AWI und der zweite Team Ozean Co-Leiter.

Autonome Sensoren waren auf, im und unter dem Eis installiert, um koordinierte Messungen von Eigenschaften wie Temperatur, Winde oder Strömungen in der Atmosphäre, im Meereis und bis in mehrere hundert Meter Tiefe im Ozean darunter vorzunehmen. Atmosphärische Winde treiben das Eis an und verursachen Schneeverwehungen. Die Forscher untersuchten im Detail, wie sich die Winde auf das Meereis auswirken, indem sie zum Beispiel die Spannung im Eis aufzeichneten und Risse sowie die Höhe der sich auftürmenden Presseisrücken massen. Diese Eigenschaften beeinflussten wiederum, wo und wie sich der Schnee ablagert oder weggefegt wird.

Der Schnee selber zeichnet sich durch seine extremen physikalischen Eigenschaften aus, da er das Meereis gegen die Atmosphäre isoliert, den grössten Teil des Sonnenlichts reflektiert und Süsswasser enthält. «Wir konnten zeigen, dass sich kurzfristige atmosphärische Ereignisse (Stürme im Winter, Wärmeperioden im Frühjahr, Schmelzwasserströme im Sommer oder Niederschläge im Herbst) stark auf die Schnee- und Meereiseigenschaften in den kommenden Monaten auswirken», beschreibt Marcel Nicolaus die aktuellen Erkenntnisse. «Wir fanden grössere räumliche Schwankungen in der Schneebedeckung als erwartet, die auf atmosphärische Prozesse und die Struktur des darunter liegenden Meereises zurückzuführen sind. Diese extreme Variabilität bedeutet, dass wir den Schnee für künftige Modellsimulationen und die Interpretation von Satellitenbeobachtungen viel detaillierter betrachten müssen. Da wir auch Fernerkundungsmessungen auf dem Eis durchführen konnten, ebnen diese - zusammen mit den detaillierten Schnee- und Eisbeobachtungen - den Weg für neue und verbesserte Meereisbeobachtungen durch kommende Satellitenmissionen. Darüber hinaus ermöglicht dies eine bessere Bewertung der Unsicherheit bestehender Satellitenzeitreihen», so der AWI-Meereisphysiker weiter.

Beteiligung von SLF und WSL

SLF-Forschende nahmen eine führende Rolle bei Planung, Durchführung und Auswertung der Schneemessungen von MOSAiC wahr. Während der gesamten einjährigen Expedition war jeweils mindestens eine Forscherin oder ein Forscher von SLF und WSL an Bord der Polarstern. Die meisten Untersuchungsmethoden und Instrumente, welche die Forschenden zur Untersuchung der Schneedecke einsetzten, wurden am SLF entwickelt oder mitentwickelt. Für den Einsatz auf dem Arktischen Meereis mussten die Methoden, die schon in der Antarktis, auf Grönland und in den Alpen zum Einsatz kamen, teilweise angepasst und optimiert werden. Dank der neuen Instrumente konnte während des ganzen Jahres, trotz Wechseln zwischen den Forschenden, die Schneedecke, objektiv, schnell und mit sehr hoher Genauigkeit gemessen werden.

Atmosphärenforscher Matthew Shupe ergänzt: «Während MOSAiC haben wir mehr als 20 arktische Zyklone, oder Stürme, unterschiedlichen Ausmasses beobachtet, die über unsere Eisscholle hinwegzogen. Wir haben diese Ereignisse beispiellos detailliert beschrieben und die vertikale Windstruktur sowie die Impulsübertragung auf das Meereis und den Ozean charakterisiert und erforscht, wie dies zu Meereisbewegungen und -brüchen führte. Während dieser Stürme bewegten sich warme Luftmassen in die zentrale Arktis und mit den damit zusammenhängenden Wolken verursachten diese signifikanten Verschiebungen in allen Komponenten der Oberflächenenergiebilanz, was sich wiederrum auf die Meereistemperatur sowie dessen Wachstum und/oder Schmelzen auswirkte. Darüber hinaus bieten die ganzjährigen Informationen über die Variabilität der atmosphärischen Zusammensetzung und der Aerosole neue Einblicke in die relativen Einflüsse des weiträumigen Transports im Vergleich zu lokalen Prozessen, was wichtige Auswirkungen auf klimarelevante Kreisläufe (z. B. den Kohlenstoffkreislauf), Wolken und die Strahlungsbilanz hat.»

Quelle: Text Eidgenössische Forschungsanstalt WSL , 7. Februar 2022
Quelle: Text Folke Mehrtens / Martin Heggli, Alfred-Wegener-Institut AWI, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung , 7. Februar 2022
Forschung in der Region der Laptewsee und des Lena-Deltas
Projekt "Laptewsee" Eis- und Klimaforschung in der Arktis

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