Am Neuenburgersee kam es diesen Sommer zu einer kleinen Sensation: Erstmals versuchte hier ein Pärchen Küstenseeschwalben seine Jungen aufzuziehen. Obwohl der grazile Meeresvogel auf dem Zug extreme Distanzen zurücklegt, wird er nur selten in der Schweiz beobachtet. Es ist die 221. Vogelart, die in unserem Land gebrütet hat.
Umso grösser war das Erstaunen, als der Vogelwarte Sempach Anfang Juni gemeldet wurde, dass im Chablais de Cudrefin VD ein Pärchen Küstenseeschwalben zwei Eier bebrütete. Lokale Ornithologen hatten die Vögel auf einer Sandbank in diesem Naturschutzgebiet am Südufer des Neuenburgersees entdeckt.
Dennoch sorgt das Ereignis europaweit für Aufsehen, denn eine Brut dieser Art so weitab der Küsten ist sehr aussergewöhnlich. "Niemand hätte es für möglich gehalten, dass ein so seltener Gastvogel plötzlich einen Brutversuch unternimmt", sagt Michel Antoniazza von der Association Grande Cariçaie, welche die Naturschutzgebiete am Südufer des Neuenburgersees betreut. "Schon letztes Jahr brütete hier der Silberreiher erstmals in der Schweiz. Dass sich hier auch die Küstenseeschwalbe so wohlfühlt, dass sie zu brüten beginnt, zeigt, wie wichtig die Grande Cariçaie für die Vögel ist."
Die Saison wurde dominiert von einem starken Einflug von Kernbeissern und Blaumeisen. Die rund 300 kontrollierten Kernbeisser stellen einen neuen Rekord dar.
Den Klimawandel sichtbar gemacht Seit 1958 erforscht die Schweizerische Vogelwarte Sempach den Vogelzug am Col de Bretolet mit grosser Unterstützung durch zahlreiche Freiwillige. Dank dieser langen Datenreihe konnte sie zeigen, dass sich der "Fahrplan" des Herbstzugs bei einigen Vogelarten im Laufe der letzten zwanzig Jahre verändert hatte - zweifellos eine Folge des Klimawandels. Vögel, die im Mittelmeerraum überwintern, bleiben länger bei uns und ziehen später über die Alpen. Arten, die den Winter südlich der Sahara verbringen, ziehen hingegen einige Tage früher weg. So können sie Dürreperioden in der Sahelzone besser ausweichen. Was tun mit einem gefundenen Vogelring? Wer einen Vogelring oder einen beringten Vogel finden, ist gebeten, das der Schweizerischen Vogelwarte schriftlich zu melden (Hinweis "Beringungszentrale"). Abgesehen von Name und Adresse wird um Angabe des Funddatums und -orts gebeten, sowie natürlich um die auf dem Ring eingravierte Nummer. Falls der Ring abgenommen werden kann, ist dessen Zusendung per Post sehr willkommen. Finderinnen und Finder erhalten die Informationen zu dem gefundenen Vogel. Der Fund kann auch online gemeldet werden: www.vogelwarte.ch/was-tun-mit-einem-gefundenen-vogelring
Transkontinentale Effekte des Vogelzugs Milliarden von Zugvögeln transportieren Nährstoffe, Energie und andere Organismen über riesige Distanzen und beeinflussen dadurch ganze Lebensgemeinschaften. In der renommierten Fachzeitschrift Science stellt die Schweizerische Vogelwarte Sempach diese bislang unterschätzten ökologischen Effekte vor.
Im Winterhalbjahr tun sie das im Süden, den Rest des Jahres in den Brutgebieten. Gleichzeitig sind Zugvögel und ihre Eier aber auch temporär verfügbare Nahrungsquelle für viele andere Tiere. Der Vogelzug bedeutet mehr als die Wanderung von Vögeln, es ist ein komplexer ökologischer Vorgang, der in die Nahrungsketten von weit entfernten Orten eingebunden ist." fasst Silke Bauer von der Schweizerischen Vogelwarte Sempach das Ergebnis ihrer Recherche zusammen. Die neue Studie liefert auch Beispiele aus der übrigen Tierwelt. Wenn Lachse den Flüssen entlang vom Meer ins Landesinnere hinaufwandern, verschieben sich enorme Nahrungsressourcen, die beispielsweise die Grizzlybären nutzen. Die riesigen Herden wandernder Huftiere wie Gnus und Zebras in Afrika beeinflussen nicht nur das Wachstum der Savannengräser, sondern auch den Lebenszyklus der Löwen. Und Wanderheuschrecken fressen überall wo sie landen die Vegetation kahl und verändern dadurch radikal die lokale Natur. Quelle Bauer, S. & Hoye, B.J. 2014. Migratory Animals Couple Biodiversity and Ecosystem Functioning Worldwide. Science, Vol. 343, 4 April 2014. Silke Bauer Dr. Silke Bauer forscht über Schlüsselprozesse im Jahreszyklus von Zugvögeln, speziell von Gänsen und Watvögeln. Seit 2008 arbeitet sie an der Schweizerischen Vogelwarte Sempach und am Niederländischen Institut für Ökologie NIOO in Wageningen. Zur Zeit absolviert sie einen Forschungsaufenthalt an der Deakin University in Australien.
Europaweit koordiniertes Beobachtungsprogramm zeigt die Auswirkungen von milden Wintern auf das Zugverhalten von Wasservögeln Mehrere Hunderttausend Wasservögel verbringen die kalte Jahreszeit auf Schweizer Seen und Flüssen. Doch weil die Winter milder werden, nehmen immer weniger Vögel den Weg zu uns unter die Flügel.
"Im letzten Winter zählten freiwillige Mitarbeitende der Vogelwarte schweizweit bloss noch rund 120'000 Reiherenten und 6'000 Schellenten", sagt Verena Keller von der Schweizerischen Vogelwarte Sempach, "so wenig, wie seit den Siebzigerjahren nicht mehr." Ob sich der Trend fortsetzt, wird sich nächstes Wochenende zeigen. Dann findet die grosse Wasservogelzählung dieses Winters statt.
Diese europaweit koordinierten winterlichen Wasservogelzählungen sind Teil eines der grössten und ältesten internationalen Überwachungsprogramme. In der Schweiz werden die Zählungen von der Schweizerischen Vogelwarte organisiert und von rund 500 freiwilligen Mitarbeitenden durchgeführt. Originalarbeit: Lehikoinen, A., K. Jaatinen, A. V. Vähätalo, P. Clausen, O. Crowe, B. Deceuninck, R. Hearn, C. A. Holt, M. Hornman, V. Keller, L. Nilsson, T. Langendoen, I. Tománková, J. Wahl & A. D. Fox (2013): Rapid climate driven shifts in wintering distributions of three common waterbird species. Global Change Biology 19: 2071-2081.
Die Schweizerische Vogelwarte Sempach Die Schweizerische Vogelwarte Sempach ist eine private, von der Bevölkerung getragene gemeinnützige Stiftung und setzt sich für die Erforschung und den Schutz der wildlebenden Vögel ein. Im Bereich Vogelzugforschung gehört sie weltweit zu den führenden Institutionen.
|