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Überraschende Erkenntnisse zu Waldbränden Forscher der Uni Bonn verfolgten anhand von Bohrkernen die Feuer der vergangenen 600'000 Jahre zurück
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Der Vansee in der Osttürkei gilt als einmaliges Klimaarchiv. Dort hat ein internationales Wissenschaftlerteam unter der Leitung der Universität Bonn vor Jahren Sedimente vom Seegrund emporgefördert, die die vergangenen 600'000 Jahre widerspiegeln. Eine interdisziplinäre Gruppe aus Bodenkundlern und Paläobotanikern der Bonner Uni wertete die Bohrkerne nun nach den Rückständen früher Waldbrände aus - mit überraschenden Erkenntnissen. Die Feuer fanden nicht wie vermutet in besonders trockenen Perioden statt, sondern in feucht-warmen. |
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Denn dann wuchsen die Wälder besonders üppig und gaben reichlich Nahrung für Brände. Die Ergebnisse wurden im Fachjournal "Quaternary Science Reviews" veröffentlicht.
Jeden Sommer häufen sich die Meldungen über Busch- und Waldbrände im Süden. Doch auch weit bevor der Mensch das Pflanzenkleid der Erde an seine Zwecke anpasste oder Brände legte, kam es in regelmässigen Abständen zu grossen Feuern. Forscher der Universität Bonn haben die Häufigkeit und Intensität dieser Steppen-, Busch- und Waldbrände anhand von Bohrkernen vom Grund des Vansees in der Osttürkei für die vergangenen 600'000 Jahre untersucht. Während dieser Zeitspanne schwemmten Niederschläge den Boden und Pollen aus dem Umland in den See, der dadurch zu einem einmaligen Archiv wurde.
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Bereits im Jahr 2010 hatte ein internationales Wissenschaftlerteam unter der Leitung des Paläobotanikers Prof. Dr. Thomas Litt vom Institut für Geowissenschaften und Meteorologie mit einer schwimmenden Plattform die Ablagerungen des Vansees erbohrt. "In dem 220 Meter mächtigen Sedimentprofil haben wir anhand der Pollen die Vegetation der vergangenen 600'000 Jahre rekonstruiert", sagt Litt. Der Paläobotaniker bestimmte anhand der Zusammensetzung der Pollen in den einzelnen Lagen, was zu einer bestimmten Epoche besonders häufig wuchs. Anhand der Temperatur- und Wasseransprüche dieser Pflanzenarten konnten die Wissenschaftler auf das jeweilige Klima schliessen.
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Zusammen mit Bodenkundlern des Instituts für Nutzpflanzenwissenschaften und Ressourcenschutz (INRES) der Universität Bonn analysierten die Forscher nun die Rückstände von Bränden in den Bohrkernen. Die Partikel der Holzkohle sind teilweise mikroskopisch klein und in den Sedimenten fein verteilt. "Wir verwendeten deshalb eine Methode, die unabhängig von der Sichtbarkeit der Holzkohlerückständen arbeitet", berichtet der Bodenkundler Prof. Dr. Wulf Amelung vom INRES. Als Mass für die Brände dienten Benzol-Polycarboxylsäuren, die generell bei Feuern entstehen. Anhand des Alters der Lagen in den Bohrkernen, der darin enthaltenen Pollen und des Gehaltes an Benzol-Polycarboxylsäuren liessen sich das jeweils vorherrschende Pflanzenkleid und die Brandereignisse rekonstruieren.
"Unsere These war, dass es besonders häufig zu Steppen- und Waldbränden kommt, wenn es sich um eine an Trockenheit angepasst Vegetation handelt", sagt Erstautor Dr. Arne Kappenberg, der bei Prof. Amelung promoviert hat. Schliesslich kommt es auch heute noch im Sommer in den trockenen Wäldern und Strauchheiden des Mittelmeergebietes häufig zu Feuern, während die Wälder der kühlfeuchten gemässigten Breiten weitgehend verschont bleiben.
Zwischen den Eiszeiten waren die Brände besonders heftig
Die Daten der vergangenen 600'000 Jahren aus den Bohrkernen des Vansees zeigen jedoch ein gegenteiliges Bild. "Die Waldbrände häuften sich in den Phasen, wo in einem relativ feuchten und warmen Klima ein üppiger Steppen-Eichenwald mit Nadelbäumen wuchs", fasst Litt zusammen. Nicht dürres Reisig als Zunder war also massgeblich für die frühen Brände, sondern die Menge an Pflanzen (Biomasse), die in Abhängigkeit von Temperatur und Niederschlag produziert wurde. In den wärmeren Episoden zwischen den Eiszeiten war die Biomasse besonders gross. Da erst vor rund 11'000 Jahren der Mensch durch Ackerbau und Viehzucht im Nahen Osten grossflächiger in Erscheinung trat, handelte es sich weitgehend um natürliche Brände.
Die Feuer zeigen einen eigenartigen Zyklus: Etwa alle 100'000 Jahre kam es zu besonders heftigen Bränden. Dies hängt wahrscheinlich mit den sogenannten Milankovic-Zyklen zusammen. Demnach kommt es aufgrund von regelmässigen Schwankungen der Erdbahn in diesem Rhythmus zu höherer Einstrahlung auf unserem Planeten. "Dies gilt als ein Impulsgeber für den Wechsel der Warm- und Kaltzeiten", sagt Amelung. Die Forscher vermuten, dass es wegen dieser Einstrahlungsunterschiede nicht nur lokal, sondern global zur Häufung von Waldbränden kam. Daten aus Japan deuten darauf hin. "Anhand von weiteren Studien soll diese Vermutung geprüft werden", sagt Kappenberg.
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Bislang gab es Studien zu Steppen- und Waldbränden, die maximal 150'000 Jahre zurückreichen. Die Bohrkerne vom Vansee umfassen hingegen die vergangenen 600'000 Jahre. Die Daten lassen auch Ableitungen für die Zukunft zu. Litt: "Wenn der Trend zunehmender Sommertrockenheit sich auch in Deutschland weiter erhärtet, dann steigt auch hier die Waldbrandgefahr deutlich an." Schliesslich gibt es hierzulande üppige Wälder - und nach den Ergebnissen der Studie steigt mit der Biomasse das Brandrisiko.
Die Studie wurde im Sonderforschungsbereich SFB 806 "Unser Weg nach Europa" der Universitäten Köln und Bonn sowie der RWTH Aachen durchgeführt.
Originalarbeit:
Arne Kappenberg, Eva Lehndorff, Nadine Pickarski, Thomas Litt, Wulf Amelung, Solar controls of fire events during the past 600,000 years, Quaternary Science Reviews, DOI: 10.1016/j.quascirev.2019.02.008
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