Offenbach, Wien, Zürich, 19. November 2020 - Die Winter wurden in Deutschland, Österreich und der Schweiz langfristig in allen Höhenlagen wärmer. In Zukunft setzt sich dieser Trend mit grosser Wahrscheinlichkeit fort, wie Untersuchungen des Deutschen Wetterdienstes (DWD), des Bundesamts für Meteorologie und Klimatologie MeteoSchweiz und der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) zeigen. In tiefen Lagen wird durch die Klimaerwärmung der Schnee deutlich weniger. In höheren Lagen (oberhalb von etwa 1500 bis 2000 Meter) ist auch in d en nächsten Jahrzehnten ausreichend Naturschnee für den Wintersport zu erwarten. Mit deutlichen Massnahmen zur Reduktion von klimawirksamen Treibhausgasen, wie Kohlendioxid, könnten die Erwärmung und der Rückgang des Schnees deutlich minimiert werden. Das klarste Signal des Klimawandels ist die in allen Jahreszeiten steigende Lufttemperatur. Die Winter bringen durch die Erwärmung immer weniger Schnee in tiefen Lagen, da es hier öfter regnet als schneit und bereits gefallener Schnee schneller wieder schmilzt. In höheren Lagen ist es auch in milden Winter meist kalt genug für Schnee. (Alle Auswertungen beziehen sich auf den meteorologischen Winter, bestehend aus Dezember, Januar, Februar) Die Analyse von langfristigen Trends ist teilweise schwierig, weil die Temperaturen im Winter von Jahr zu Jahr stark schwanken und sich auch grosse regionale Unterschiede zeigen. Zum Beispiel ist es erst bei Zeitreihen ab etwa 80 Jahren möglich, die natürlichen Schwankungen der Winter von den langfristigen Änderungen zu unterscheiden, die durch die vom Menschen beeinflusste Klimaerwärmung entstehen. Basis für eine sachliche Diskussion und langfristige Massnahmen "Ein wichtiges Ziel der Klimaforschung der nationalen Wetterdienste in Deutschland, Österreich und der Schweiz ist, detaillierte Klimaauswertungen zu Vergangenheit und Zukunft der Winter zur Verfügung zu stellen, damit eine sachliche Diskussion am aktuellen Stand der Forschung möglich ist und über wichtige langfristige Massnahmen entschieden werden kann“, sagt Marc Olefs, Leiter der Klimaforschung an der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG). "Der Klimawandel in den Alpen macht keinen Halt an den politischen Grenzen. Die enge Zusammenarbeit zwischen den nationalen Wetterdiensten in der Schweiz, Deutschland und Österreich erlaubt es, einheitliche klimatologische Grundlagen für die Auswirkungen, Anpassung, sowie Verminderung des Klimawandels bereitzustellen“, so Mischa Croci-Maspoli, Leiter der Abteilung Klima beim Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie MeteoSchweiz. Tobias Fuchs, DWD-Vorstand für Klima und Umwelt: "Der Klimawandel stellt uns heute schon vor Herausforderungen, die eine länder- und fächerübergreifende Zusammenarbeit erfordern, um Natur, Mensch und Wirtschaft langfristig optimal an den Klimawandel anzupassen. Mit der intensiven Zusammenarbeit der nationalen Wetterdienste von Deutschland, Österreich und der Schweiz können wir nachhaltige und gesamtheitliche Strategien zur Verbesserung der Widerstands- und Anpassungsfähigkeit der Regionen entwickeln." In den letzten Jahren einige Rekord-Winter Die letzten Jahre brachten in vielen Ländern Europas die mildesten Winter der Messgeschichte. In Österreich sind die wärmsten Winter der 253-jährigen Messgeschichte die Winter 2006/07, 2019/20 und auf Platz 3 gleichauf 2013/14 und 2015/16. In Deutschland wurden 2006/07, 2019/20 und 1974/75 die bisher wärmsten Winter seit 1881 registriert. Sechs der zehn wärmsten Winter wurden in Deutschland im 21. Jahrhundert registriert. In der Schweiz war der vergangene Winter 2019/20 im landesweiten Mittel der wärmste seit Einführung des offiziellen Messnetzes im Jahr 1864. Das gilt auch für die über 260 Jahre zurückreichenden Messreihen von Basel und Genf und für die über 200-jährige Messreihe des hochalpinen Messstandorts Grosser Sankt Bernhard. Im landesweiten Mittel folgt auf Platz 2 der Winter 2006/07 und auf Platz 3 der Winter 2015/16. Temperatur: Auch auf den Bergen mildere Winter Alle Gipfelstationen in Deutschland, Österreich und der Schweiz zeigen eine Erwärmung der Winter. In den langfristigen Anstieg sind manchmal mehrjährige Phasen der Abkühlung eingelagert. So verzeichnete in Österreich das Sonnblick-Observatorium der ZAMG in 3'106 Meter Seehöhe in den letzten 30 Jahren eine leichte Abkühlung. Die gesamte 134-jährige Messgeschichte am Sonnblick zeigt aber eine statistisch signifikante Erwärmung im Winter von 1,9 Grad. In Deutschland ist es in den Wintermonaten sowohl in den Alpen wie auch in den Mittelgebirgen wärmer geworden. In der deutschen Alpenregion wie auch den östlichen Mittelgebirgen (Erzgebirge, Thüringer Wald, Fichtelgebirge, Bayrischer Wald und das Lausitzer Gebirge) ist es seit 1881 um 1,4 °C wärmer geworden, im Schwarzwald und der Schwäbischen Alb stiegen im gleichen Zeitraum die mittleren Temperaturen um 1,7 °C an. An der Station Hohenpeissenberg im Alpenvorland sind heute die mittleren Wintertemperaturen zwei Grad höher als Mitte des 19. Jahrhunderts. In der Schweiz ist in den langen Datenreihen seit 1864 die Wintererwärmung aufgrund des Klimawandels deutlich erkennbar, zum Beispiel an der Bergstation Säntis (2501 Meter Seehöhe) mit 1,7 °C. Die Wintertemperatur von 1900 bis in die 1980-er Jahre zeigte einen ruhigen Verlauf ohne klare langfristige Änderung. Ende der 1980-er Jahre erfolgte insbesondere in Berglagen ein Wechsel zu einer markanten Warmwinterphase. Natürliche Schwankungen führen dazu, dass zwischenzeitlich kühlere Winter auftreten können, wie zum Beispiel ab dem Jahr 2000. In jüngster Zeit ist die ausgeprägte Winterwärme in Berglagen wieder präsent. In hohen Lagen hat die Niederschlagsmenge einen grösseren Einfluss auf die Schneelage als die Temperatur, da es hier trotz Klimaerwärmung meist kalt genug für Schneefall ist. Schnee: Winter beginnen später und enden früher In tiefen Lagen ist es genau umgekehrt. Hier haben die Temperaturen im Winter einen deutlich grösseren Einfluss auf den Schnee als die Wetterlagen. Daher ist durch die Klimaerwärmung langfristig die Zahl der Tage mit einer geschlossenen Schneedecke in tiefen Lagen deutlich zurückgegangen. Zu Beginn des Winters bildet sich später eine Schneedecke und am Ende des Winters schmilzt der Schnee früher. Besonders stark ist der Effekt am Ende des Winters, weil die Klimaerwärmung in den Frühlingsmonaten stärker ist als in den Herbstmonaten. Zum Beispiel hat in Österreich die Zahl der Tage mit einer Schneedecke in Wien, Innsbruck und Graz in den letzten rund 90 Jahren um rund 30 Prozent abgenommen. Im Mittelland der Schweiz hat die Zahl der Tage mit einer Schneedecke in den letzten 90 Jahren zwischen 25 und 35 Prozent abgenommen, wobei der wesentliche Einbruch Ende der 1980-er Jahre mit der kräftigen Wintererwärmung erfolgte. Kurz nach 2000 gab es vorübergehend schneereichere Wintern im Schweizer Mittelland. In den letzten Jahren ist hingegen wieder eine ausgeprägte Schneearmut zu beobachten. In Deutschland hat ebenfalls die mittlere Anzahl der Schneedeckentage abgenommen. In München zum Beispiel finden sich heute im Mittel rund neun Tage weniger mit Schnee als zu Beginn des 20. Jahrhunderts, in Berlin sind es 10 Tage weniger als im Mittel des Zeitraums 1951-1980. Dieser Trend ist allerdings von einer hohen Variabilität überlagert. So gab es auch in der jüngsten Vergangenheit immer wieder Winter mit flächendeckend vielen Tagen mit einer geschlossenen Schneedecke, wie zum Beispiel in den Jahren 2009/10 und 2012/13. Ambitionierter Klimaschutz kann Auswirkungen halbieren Diese Trends setzen sich in den nächsten Jahrzehnten mit grosser Wahrscheinlichkeit fort. Offen ist aber, wie stark die Änderungen ausfallen. Im Falle von tiefgreifenden Massnahmen zur Reduktion von Treibhausgasen, wie im Pariser Klimaschutzabkommen von 2015 vorgesehen, könnte die Erwärmung deutlich gedämpft werden. Dann würde auch die Abnahme der Tage mit Schneedecke geringer ausfallen. Untersuchungen für Österreich zeigen: Bei ungebremsten Emissionen von Treibhausgasen nimmt die Schneedeckendauer bis 2100 in tiefen Lagen um rund 90 Prozent ab, in Lagen um 1500 Meter Seehöhe um etwas mehr als 50 Prozent. Bei Einhaltung des Paris Abkommens sind die Auswirkungen nur etwa halb so stark. Am Alpennordhang der Schweiz ist die winterliche Nullgradgrenze in den letzten 150 Jahren bereits um etwa 600 Meter auf heute über 900 Meter Seehöhe angestiegen und wird gemäss Klimaprojektionen auch in Zukunft weiter ansteigen. Unterhalb von 1000 Meter Seehöhe wird deshalb die Schneebedeckung in der Schweiz ohne weiteren Klimaschutz bis 2060 im Vergleich zu heute um über 80 Prozent, in Höhenlagen über 1500 Meter Seehöhe um etwa 30 bis 50 Prozent schwinden. Bei Einhaltung des Paris Abkommens wären die Auswirkungen bis 2060 nur etwa halb so stark. Sonderfall Kunstschnee Auf künstlich bewirtschafteten Flächen, wie zum Beispiel auf Skipisten, hängt die weitere Entwicklung der Schneesicherheit stark von den lokalen Gegebenheiten (Höhenlage, Mikroklima, Anzahl an Schneekanonen, verfügbare Wassermenge, Effizienz) und der weiteren
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