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Entdeckung der bisher ältesten bekannten Hochgebirgssiedlung 2019
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Entdeckung der bisher ältesten bekannten Hochgebirgssiedlung

Ein Felsüberhang auf fast 3'500 Metern Höhe im heutigen Äthiopien ist bereits vor über 40'000 Jahren dauerhaft von steinzeitlichen Jägern besiedelt worden. Es handelt sich somit um die bisher älteste prähistorische Wohnstätte in einem Hochgebirge. Das zeigt eine neue Studie einer internationalen Forschungsgruppe unter Beteiligung der Universität Bern.

Die «Bale Mountains» sind ein Gebirge im nordöstlichen Afrika, dessen Gipfel eine Höhe bis zu 4'300 Meter erreichen. Dieses grösste afroalpine Ökosystem gilt als naturnah; die Berge sollen nach gängiger Auffassung erst in jüngster Zeit besiedelt worden sein.

In einer neuen Studie, die im Wissenschaftsmagazin «Science» erschienen ist, zeigt nun jedoch eine internationale und interdisziplinäre Forschungsgruppe, dass Jäger schon während der letzten Kaltzeit vor rund 40'000 Jahren dauerhaft in diesem Gebiet siedelten.

Zu den Fachleuten aus der Archäologie, Bodenkunde, Geographie, Geologie und Biologie gehörten auch drei Forscher der Universität Bern, die die Umwelt- und Klimabedingungen in der Region analysierten und so nachweisen konnten, dass unweit des damaligen Siedlungsgebietes in den Bale Mountains Gletscher lagen. Auf Basis von archäologischen Funden konnte das Forschungsteam zudem aufzeigen, dass die steinzeitlichen Siedler in den Bale Mountains Werkzeuge aus Obsidian herstellten und sich von Riesenmaulwurfsratten ernährten.

Knochen- und Kohlereste aus der Steinzeit

Auf einer Höhe von fast 3'500 Metern in den Bale Mountains befindet sich der Felsunterstand Fincha Habera. Dort fanden die Fachleute vielfältige archäologische Hinterlassenschaften wie steinzeitliche Knochen- und Holzkohlenreste. «Basierend auf den radiometrischen Datierungen verschiedenster archäologischer Materialien handelt es sich bei dieser Fundstelle um die früheste längerfristig genutzte Wohnstätte einer Hochgebirgsregion, die uns bisher weltweit bekannt ist», erklärt der Archäologe und Erstautor der Studie, Dr. Götz Ossendorf von der Universität zu Köln. Die Datierung der Funde weisen auf eine wiederholte Besiedlung des Unterstands vor 47'000 bis 31'000 Jahren hin. Eine dauerhafte und intensive Besiedlung in grosser Höhe sei weltweit bislang nicht belegt worden.

Berner Forscher rekonstruieren Klimabedingungen

Die beteiligten Berner Forscher Alexander Groos, Prof. Heinz Veit (beide Geographisches Institut) und Dr. Naki Akçar (Institut für Geologie) rekonstruierten die steinzeitlichen Umwelt- und Klimabedingungen in der Nähe der Fundstelle. «Die Bale Mountains sind wegen der Lage in den inneren Tropen heute trotz ihrer Höhe unvergletschert», erläutert Alexander Groos, der im Rahmen seiner Dissertation die Klima- und Landschaftsgeschichte des Hochgebirges untersucht. «Moränenwälle und andere glaziale Hinterlassenschaften zeugen jedoch davon, dass das äthiopische Hochland während der letzten Kaltzeit intensiv vergletschert war», führt er weiter aus.

Gesteinsproben von Moränen aus mehreren Tälern in den Bale Mountains wurden im Labor des Instituts für Geologie an der Universität Bern analysiert und datiert, um den Zeitpunkt der verschiedenen Vergletscherungsphasen genau zu bestimmen. «Unsere Ergebnisse zeigen, dass es in den Bale Mountains vor etwa 40'000 Jahren deutlich kälter war als heute und die steinzeitlichen Jäger unweit der Gletscher siedelten», so Groos.

Werkzeuge aus Obsidian

Die Forschenden gingen auch den Fragen nach, wie die Menschen während der letzten Kaltzeit mit den Bedingungen umgingen und wie sie ihren Lebensraum gestalteten. Bei Ausgrabungen und Geländeerkundungen identifizierte das Team auf 4'200 Metern Höhe über dem Meer fünf Stellen, an denen Obsidian gewonnen wurde. Menschen in der Steinzeit nutzten dieses vulkanische Gesteinsglas, um daraus scharfkantiges Werkzeug herzustellen. In der Umgebung förderten die Forscherinnen und Forscher zahlreiche Steinartefakte zu Tage, die von Menschen bearbeitet wurden und die den Abbau von Obsidian zusätzlich belegen.

Riesenmaulwurfsratten als Grundnahrungsmittel

Eine weitere wichtige Ressource für die steinzeitlichen Jäger war die endemische Riesenmaulwurfsratte, die den Jägern während der letzten Kaltzeit als Nahrung diente. Diese Ratte kommt nur in den Bale Mountains vor und konnte ganzjährig gejagt werden. Die im Rahmen der interdisziplinären Zusammenarbeit gewonnen Erkenntnisse aus dem äthiopischen Hochland belegen, dass die steinzeitlichen Jäger die verfügbaren Ressourcen intelligent nutzten und sich bzw. ihr Verhalten dem Hochgebirgsraum anpassten.

Förderung der Deutschen Forschungsgemeinschaft und des SNF

Neben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Bern, Köln und Marburg beteiligten sich Fachleute aus Bayreuth, Halle und Rostock sowie aus Äthiopien, Frankreich und den USA an der Publikation in «Science». Sie alle gehören der Forschungsgruppe 2358 der Deutschen Forschungsgemeinschaft an, in der sie erkunden, wie Steinzeitmenschen im östlichen Afrika das Ökosystem des Hochgebirges erschlossen, als sich das Klima wandelte. Die Untersuchungen der Berner Arbeitsgruppe wurde vom Schweizerischen Nationalfond SNF unterstützt.

Originalpublikation

Ossendorf G. et al.: Middle Stone Age foragers resided in high elevations of the glaciated Bale Mountains, Ethiopia. Science, August 9, 2019. DOI: 10.1126/science.aaw8942

Publikation in «Science»

https://science.sciencemag.org/content/365/6453/583

Website der Forschungsprojekts

https://www.uni-marburg.de/en/fb19/dfg2358

Quelle: Text Universiät Bern , 8. August 2019
Artefakt
Ein Artefakt ist ein künstlich hergestellter Kunstgegenstand.
Isotop (gr: isos = gleich, topos = gleicher Ort)
Als Isotope werden Atome bezeichnet, welche die gleiche Elektronen- und Protonenzahl haben, sich aber in der Anzahl ihre Neutronen unterscheiden. Diese Atome zeigen gleiche chemische Eigenschaften. Ihre Atommassenzahlen sind jedoch unterschiedlich. Isotope stehen daher an derselben Stelle im Periodensystem der Elemente.
Viele Elemente sind Mischungen verschiedener Isotopenarten (Bsp.: Kohlenstoff mit dem bekanntesten Isotop 14C, 14 = Nukleonenzahl (Kernbausteine) = annähernd Atommassenzahl). Diese Elemente sind als Mischelemente ein Isotopengemisch. Reinelemente wie Fluor, Natrium bestehen aus nur einer Atomart. Sie enthalten keine Isotope.
Lumineszenzdatierung
Bei Lumineszenzdatierungen werden Mineralien auf gespeichertes Licht untersucht und so datiert.
Neandertaler
Neandertaler werden die ausgestorbenen Menschen der Neandertalgruppe (= Paläantropinen) genannt. Die Neandertaler waren während der letzten Eiszeit von Europa bis nach Asien verbreitet. Die ältesten Funde wurden auf die Zeit zwischen der zweitletzten und der letzten Zwischeneiszeit datiert. Das Skelett des ersten Vertreters diese Menschengruppe wurde (der Homo sapiens neandertalhalensis) wurde 1856 im Neandertal zwischen Düsseldorf und Wuppertal-Elberfeld in Deutschland gefunden.
Paläontologie
Paläoentologie ist die Wissenschaft, welche sich sich mit fossilen (versteinerten) Tier- und Pflanzenresten sowie den Überbleibseln von vorgeschichtlichen Menschen beschäftigt. Mit pflanzlichen Funden beschäftigt sich die Paläobotanik, mit den tierischen die Paläozoologie und mit den menschlichen die Paläantropologie.
Petrefakt
Versteinerungen von Tieren und Pflanzen (= Fossilien) werden Petrefakte genannt.
Uran-Thorium-Methode
Die Uran-Thorium-Methode beruht darauf, dass Anteile von Uran und Thorium in den Proben mit den Anteilen zur Zeit der Entstehung der Petrefakte oder Gesteine ins Verhältnis gesetzt werden. Dabei werden die Halbwertszeiten des Zerfalls dieser beiden radioaktiven Metalle berücksichtigt (siehe auch: Radiokarbonmethode).
Erbfaktoren - Gene - Genome - DNA
Zu den Hauptbestandteilen eines Zellkerns gehören die «Nucleoproteide». «Nucleoproteide» sind Substanzen, die aus «Nucleinsäuren» und einem Protein (Eiweiss) bestehen. Die «Nucleinsäuren» steuern die Bildung der Enzyme in den Zellen. Sie sind damit die Träger der «Erbfaktoren = Gene = Genome». Eine wichtige «Nucleinsäuren» ist die «Desoxyribonucleinsäure (DNS)». Die DNS wird auch DNA (engl. A = Acid = Säure) genannt. Die DNS ist in den Chromosomen lokalisiert. Bei der Zellkernteilung werden die Chomosomen längs geteilt. Jeder der geteilten Zellkerne enthält jeweils die Hälfte jedes einzelnen Chromosoms.

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