Dürre in Äthiopien. Gewitterstürme in Haiti. Hagelschäden in Bolivien. Mit der Klimaerwärmung häufen sich extreme Wetterereignisse - und treffen vor allem Menschen in armen Ländern. Katastrophenvorsorge kann grösseres Leid verhindern. «Für Naturkatastrophen gibt es zwei Regeln: Sie treffen die Armen am härtesten. Und sie wirken dort besonders verheerend, wo der Staat schwach ist», sagt Eveline Studer, Expertin für Katastrophenvorsorge bei Helvetas. Schon in einer Augsburger Sprichwörtersammlung aus dem Jahr 1810 heisst es: «Das Unglück trifft nur die Armen». An dieser Tatsache hat sich bis heute wenig geändert. Die ärmsten Familien wohnen in Häusern, die einem Erdbeben oder einem Sturm nicht standhalten. Sie bewohnen rutschgefährdete Hänge und Talsohlen, die regelmässig überflutet werden. Sie wohnen in exponierten Regionen und sind häufiger als andere mit Dürren oder Frost konfrontiert. Wer arm ist, kann weder Versicherungen abschliessen noch Notvorräte anlegen, um die Zeit nach einer Katastrophe zu überbrücken. Schwacher Staat - verheerende Folgen Dass eine Naturkatastrophe in schwachen Staaten besonders verheerend wirkt - Regel Nummer zwei - zeigte exemplarisch der Tropensturm "Matthew", der vor wenigen Tagen fast gleichzeitig Haiti und den Osten Kubas heimsuchte. In Kuba hatte der Zivilschutz die Bevölkerung schon Tage vor dem Sturm auf Matthew aufmerksam gemacht und 1,3 Millionen Menschen aus den gefährdeten Regionen evakuiert. Todesopfer wurden aus Kuba keine gemeldet. In Haiti hingegen, dem ärmsten und schwächsten Staat des amerikanischen Kontinents, wussten viele Einwohner auch wenige Stunden vor dem Sturm nichts von all dem, was auf sie zukommen würde. In Haiti sind beim Sturm gemäss Schätzungen 1'000 Menschen ertrunken, unter Trümmern und Schlammmassen begraben oder von Bäumen erschlagen worden. Wissenschaftler sagen voraus, dass extreme Wetterereignisse in Zukunft noch häufiger und intensiver werden. Deshalb bezieht Helvetas in all ihren Projekten zur Armutsbekämpfung die Vorsorgemassnahmen gegen Naturkatastrophen mit ein, sowohl bei den direkt betroffenen Bäuerinnen und Bauern wie auch bei den Partnerorganisationen und den zuständigen staatlichen Behörden. In Bolivien zum Beispiel trägt Helvetas mit der Diversifizierung der landwirtschaftlichen Produktion dazu bei, die Ernten gegen Totalverluste besser abzusichern. Zusammen mit den Bauern werden alte Methoden zur Minimierung von Wetterrisiken weiterentwickelt. Um Ernteausfälle bei Kartoffeln, Pfirsiche, Quinoa und Reben zu kompensieren, wurden lokal verwaltete Mikroversicherungen für Bauern ausgearbeitet. Gleichzeitig arbeitet Helvetas mit Gemeinde- und Provinzbehörden zusammen, um sie für die Katastrophenvorsorge zu sensibilisieren. Lokale Partnerorganisationen helfen mit, das Katastrophenrisiko in staatliche Entwicklungspläne einzubeziehen. Infrastrukturbauten werden den Wetterrisiken angepasst, Notfallpläne werden entwickelt, Behördenmitglieder im Umgang mit Katastrophen und Prävention geschult. In Haiti sichern Bauern ihre Quellen, indem sie die Umgebung bepflanzen und Hänge terrassieren. Im Rahmen eines Schutzprogramms für den letzten grossen Wald der Halbinsel entwickeln sie Nutzungsformen, die das Wassereinzugsgebiet der Hauptstadtregion nachhaltig schützen.
Helvetas in Haiti: Finanzielle Hilfe für Trinkwasser und Cholera-Prävention Der Wirbelsturm "Matthew" hat weite Teile Haitis verwüstet und die Lebensgrundlagen der Menschen zerstört. Helvetas stellt für die Nothilfe in Haiti 250'000 Franken zur Verfügung und plant bereits den Wiederaufbau. "Matthew" fegte im Oktober mit Windgeschwindigkeiten bis zu 230 Stundenkilometern über Haiti. Hinterlassen hat der heftige Wirbelsturm zerstörte Häuser und Infrastruktur, sowie vernichtete Ernten, Viehbestände und Wälder. Noch immer lässt sich das Ausmass der Katastrophe nicht genau beziffern. Schätzungen gehen von mittlerweile über 1'000 Toten und mehr als 60'000 Obdachlosen aus. Gemäss der humanitären Organisation der UNO (OCHA) benötigen 1,4 Millionen Menschen Hilfe. Sauberes Trinkwasser und Saatgut Helvetas ist im ärmsten Land Lateinamerikas seit über dreissig Jahren mit Entwicklungsprojekten in abgelegenen Regionen tätig, wo sie sich auch nach dem Erdbeben von 2010 bereits im Wiederaufbau engagiert hatte. Unter anderem in Verrettes, nördlich von Port-au-Prince bzw. Belle-Anse im Südosten des Landes, wo jetzt die Nothilfe angelaufen ist. Dort kann sich Helvetas auf eine eingespielte Zusammenarbeit mit lokalen Partnern und Behörden abstützen. In einer ersten Phase verteilen sie Wasserdesinfektionsmittel und Hygieneartikel und klären die Bevölkerung über die Krankheitsrisiken auf. "Mit gezielten Nothilfe-Massnahmen wollen wir den Ausbruch einer Cholera-Epidemie verhindern", erklärt Swan Fauveaud, Landesdirektorin von Helvetas in Haiti. "Damit die Menschen bald wieder ihre Äcker bestellen können, erhalten sie von Helvetas auch Werkzeuge und Saatgut." Wiederaufbau schafft Einkommen Helvetas plant auch schon den Wiederaufbau: instabile Hänge müssen mit Terrassierungen gesichert werden, um weitere Verwüstungen zu verhindern. Ausserdem will Helvetas auch lokale Zugangsstrasse reparieren. Für diese Aktivitäten werden die Bewohner aus den Projektgebieten angestellt ("Cash for Work"). "Für Helvetas ist wichtig, dass die Menschen den Wiederaufbau selber an die Hand nehmen", sagt Fauveaud. Mit dem Einkommen können sie lebensnotwendige Güter erwerben.
Oxfam in Haiti: Unterstützung für die mittellose Landbevölkerung Der Hurrikan «Matthew» hat in Haiti grosse Zerstörungen verursacht und den Menschen viel Leid gebracht. Die notleidenden Menschen benötigen dringend Nahrung, sauberes Wasser und Notunterkünfte. Die Hilfswerke befürchten, dass die Zerstörung der Ernte und das Ausbreiten von Seuchen wie der Cholera in den kommenden Wochen die Opferzahl in Haiti weiter erhöhen wird. Die Bevölkerung hat durch den Wirbelsturm alles verloren. Die geschwächten Menschen werden es ohne fremde Hilfe und Unterstützung nicht schaffen,ihren früheren Lebensstandard wieder zu erreichen. Es fehlt ihnen die Kraft und das Geld,um selbst die minimalsten menschenwürdigen Lebensbedingungen zu erarbeiten. Viele der vom Katastrophenereignis betroffen Menschen leiden gegenwärtig an Hunger. Sie besitzen kein Geld, um sich mit Lebensmitteln oder Werkzeugen zu versorgen. Das Vieh ist ebenfalls tot. 80% der Menschen, welche in den verwüsteten Regionen leben, sind Selbstversorger. Sie haben alles Lebensnotwendige verloren: keine Nahrung, kein Vieh, kein Dach über dem Kopf, keine Aussicht auf eine Ernte. Sie verfügen über kein Trinkwasser. Die Vereinten Nationen schätzen , dass in Haiti rund 2,1 Millionen Einwohner von den Sturmfolgen betroffen sind. Allein in den vom Sturm am stärksten zerstörten Departementen Sud und Grand'Anse leben rund eine halbe Million Kinder. Der tropische Wirbelsturm hat Telefonleitungen heruntergerissen, Bäume entwurzelt und Dächer, manchmal auch ganze Häuser, weggerissen. Die Infrastrukturschäden sind in einigen Gebieten etwa gleich gross wie nach dem Erdbeben im Januar 2010.
ACTED in Haiti: Schwierige Verhältnisse im Hinterland Der Hurrikan «Matthew» hat in Haiti rund 20% der Bevölkerung ins Elend gestürzt. 100% der Einwohner des Departements Grand'Anse oder 448'000 Menschen müssen mit den Sturmschäden leben. Für das Departement Nippes liegen die Schätzungen bei 60%, für Sud-Est bei 50% und für Nord-Ouest bei 10% der Bevölkerung. Im Departement Sud sind geschätzte 775'000 Bewohner von der Naturkatastrophe betroffen. Rund 1,4 Millionen Menschen warteten in den ersten Tagen nach dem Landfall des Hurrikans auf humanitäre Hilfe. Sie benötigten dringend Lebensmittel, Medikamente, Trinkwasser, Schutz vor Witterungseinflüssen, intakte sanitäre Verhältnisse, Hygieneartikel und vieles mehr. Die Strassenverbindungen in die wichtigsten Städte in den Departementen Grand'Anse und Sud wurden relativ rasch wieder freigeräumt. Die Stadt Les Cayes liegt 4 Fahrstunden von der Hauptstadt Port-au-Prince entfernt. Die am stärksten zerstörte Region um die Stadt Jérémie (mit 48'000 Einwohnern) können die Hilfskonvois in 6 Fahrstunden erreichen. Im Hinterland sind die Dörfer nur mit Sekundärstrassen miteinander verbunden. Die meisten dieser Nebenstrassen sind immer noch unpassierbar. Lediglich Luftbilder vermitteln ansatzweise das Ausmass der Schäden in diesen abgelegenen Landesteilen. ACTED-Rettungsteams versuchten, sich in diese abgelegenen Ortschaften durchzukämpfen. Häufig noch ohne Erfolg. Die Erkundung ergab, dass viele Erdrutsche die Strassen versperrten. Die Flüssen haben ganze Wegabschnitte weggerissen. Fast alle Bäume wurden geknickt oder entwurzelt. Weite Flächen entlang der Küste waren noch überflutet. Am Sonntag gelang es einem ACTED-Rettungsteam nach Irois (Grand'Anse) vorzustossen. Am 2. Oktober 2016 war eine ACTED-Team nach Dame-Marie gefahren, um sich dort Informationen über den Stand der Katastrophenschutzmassnahmen zu verschaffen. Die Stadtbewohner waren bereits über die Ankunft das Hurrikans informiert. Mitglieder der Zivilschutzbehörden versuchten, die Einwohner über die notwendigen Schutzvorbereitungen aufzuklären. Für die gefährdete Bevölkerung waren drei Aufnahmezentren (davon zwei in Schulhäusern) im Stadtzentrum vorgesehen. Der hohe Wellenschlag hatte nach Angaben des Bürgermeisters bereits drei meernahe Gemeindegebiete überflutet. Im Stadteil Bariadelle standen alle Häuser im Wasser. Trotz den Bemühungen der Stadt- und der Zivilschutzbehörden weigerten sich die meisten Leute, ihre Häuser zu verlassen und in die Notunterkünfte zu zu ziehen. Die von der Überschwemmungen betroffenen Menschen betrachteten die Einrichtungen in den Notunterkünften als ungenügend. Sie befürchteten ausserdem, dass während ihrer Abwesenheit ihr Besitz gestohlen würde. Das ACTED-Team hat den Zustand der Notunterkünfte überprüft. In den Notunterkünften gab kein Wasser, kein Licht und auch keine Notfallartikel.
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