Kinder- und Jugendschutz
zurueck
end
ICT Kinder- und Jugendschutz Internet-Sucht
Schweizer Suchtpanorama 2018 Internet 2018
Schweizer Suchtpanorama 2018 Dossier
ICT Kinder- und Jugendschutz Informationen
Weitere Informationen
Informations- und Kommunikationstechnologie
Internet-Sucht
Angebot und Nachfrage verändern die Suchtlandschaft und fordern einen neuen gesellschaftlichen Umgang

Geldspiele vor einer Renaissance mit unabsehbaren Folgen

0.8 bis 2.2% der Personen, die um Geld spielen, gelten als problematisch Spielende und 0.5 bis 0.8% als pathologisch Spielende. Von problematischen Formen des Geldspiels sind mehrheitlich jüngere Männer betroffen.

Die geplante Öffnung des Geldspielmarkts im Internet droht mehr Menschen in die Sucht zu ziehen, denn Online-Geldspiele bergen nachweislich ein höheres Suchtpotenzial.

Eher abseits des öffentlichen Interesses hat das Parlament ein Gesetz verabschiedet, das insgesamt die Möglichkeiten der Geldspielanbieter stärker gewichtet als den Schutz der Spielenden. Das Gesetz will nichtlizenzierte Anbieter mit Netzsperren vom Markt fernhalten und prompt wurde deswegen das Referendum lanciert.

Gleichzeitig ermöglicht das Internet laufend neue Spielformen, welcheinsbesondere die Grenzen zwischen Video- und Geldspielen fliessend machen - die Rede ist vom sog. Social Gambling.

Internetnutzung und weshalb sich Suchtfachleute damit Beschäftigen

Im Suchtbereich nimmt das Internet eine besondere Stellung ein, denn es verändert die Werbung und den Vertrieb psychoaktiver Substanzen, fördert das Angebot von Spielen (Videogames und Geldspiel) und anderen Aktivitäten, die ein suchtähnliches Nutzungsverhalten fördern können (Pornographie, zwanghaftes Shopping). In der Schweiz wird die Zahl der Internetuser mit problematichem Verhalten auf 70 000 geschätzt. Offen bleibt, inwiefern sich diese Anzahl verändern wird in Anbetracht des steigenden Internetgebrauchs in der Gesamtbevölkerung.

Immer und überall online, oder fast

Gemäss Daten des Bundesamts für Statistik (BFS) hat die regelmässige Internetnutzung bei Personen ab 14 Jahren in den letzten zwanzig Jahren ständig zugenommen. 1997 lag ihr Anteil noch unter 10%, stieg Anfang 2014 auf 81% und erreichte Anfang 2017 bereits 86%.7 85% der Bevölkerung hatten 2017 das Internet am Vortag verwendet, während es 2014 noch 75% waren.8 Diese Entwicklung hat wesentlich mit dem Aufschwung des mobilen Internets, der Demokratisierung von Smartphones, Tablets und anderen vernetzten Geräten und der ständig wachsenden Zahl der Aktivitäten zu tun, die damit ausgeübt werden können.

7 Regelmässige Nutzung: mehrmals pro Woche im Sinne des ENK (Engerer Nutzerkreis). https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/kultur-medien-informationsgesellschaft-sport/informationsgesellschaft/gesamtindikatoren/haushalte-bevoelkerung/internetnutzung.html.

8 https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/kultur-medien-informationsgesellschaft-sport/informationsgesellschaft/gesamtindikatoren/haushalte-bevoelkerung/internetnutzung.assetdetail.3782199.html.

Gemäss BFS besteht überdies ein digitaler Graben zwischen den Altersgruppen, namentlich der Gruppe der 20- bis 29-Jährigen (99% regelmässige Internetnutzer Anfang 2017) und den älteren Gruppen, gerade ab 70 Jahren (46%). Und dies trotz einer Zunahme der Personen ab 60 Jahren, welche das Internet regelmässig nutzen.

Internet: viele Chancen, aber auch Risiken

Das Internet ist aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Zahlreiche Geräte mit Internetzugang ergeben neue Herausforderungen, die nicht nur Fragen zum Einfluss auf die Gesundheit betreffen, sondern auch solche sozialer Art sowie Fragen zum Selbstbild und zum Datenschutz. Ausserdem revolutioniert das Internet die Arbeitswelt, indem die Grenze zwischen Beruf und Privatleben immer mehr aufgeweicht wird.10

Die neuen Technologien weisen selbstverständlich viele Vorteile auf. Aber es gilt, die Probleme und Belastungen, die sie mit sich bringen können, ernst zu nehmen. Manche Nutzerinnen und Nutzer verlieren die Kontrolle und erleiden negative Auswirkungen auf ihren Alltag, ihre sozialen Kontakte und ihr psychisches, körperliches Befinden.

10 Vgl. http://www.suchtschweiz.ch/hyperconnectivite.

Die Diskussion geht weiter

Grundsätzlich besteht in der Wissenschaft Einigkeit darüber, dass die im Internet verbrachte Zeit alleine kein hinreichendes Kriterium für eine problematische Nutzung darstellt, doch werden gewisse Grundsatzfragen weiterhin diskutiert. Gibt es etwa ein Krankheitsbild der pathologischen Internetnutzung?11 Oder handelt es sich nicht viel-mehr um suchtähnliche Störungen im Zusammenhang mit den Inhalten des Internets (Sucht auf dem Internet, statt nach dem Internet)?12 Und ergeben sich die negativen Folgen nicht eher aus der ungeeigneten Internetnutzung bzw. einem problematischen Verhältnis zum Internet, statt aus einem eigentlichen klinischen Störungsbild?

11 Im Sinne einer Pathologie, die in einem der Klassifikationssysteme ICD oder DSM enthalten wäre.

12 Insbesondere die sogenannten MMORPG-Spiele («Massively Multiplayer Online Role-Playing Games»), die sozialen Netzwerke, Glücksspiele und Pornographie, die sich durch die grosse Zahl und Häufigkeit der Anreizeund der Belohnung auszeichnen.

Neben diesen Grundsatzdiskussionen wurden auch Instrumente entwickelt, um anhand von Selbstbeurteilungen im Rahmen von Bevölkerungsstudien den Bevölkerungsanteil mit problematischer Internetnutzung einzuschätzen.13

13 Noch gibt es für das hier beschriebene Phänomen keine allgemein anerkannte Definition und Begrifflichkeit. Wir benutzen den Begriff «problematische Internetnutzung», um eine Nutzung zu beschreiben, die schädliche Auswirkungen auf die Nutzerin oder den Nutzer entfaltet.

Was Störungen im Zusammenhang mit der Verwendung von On- und Offline-Videospielen angeht, hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) entschieden, sie 2018 in die neue Internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD-11) aufzunehmen.

Schweiz: 70 000 problematische Internetuser

Die jüngsten Daten des Suchtmonitorings Schweiz, die 2015 bei einer Bevölkerung ab 15 Jahren erhoben wurden, ergeben, dass eine grosse Mehrheit der Internetnutzer ihren Gebrauch im Griff hat, während etwa 1% eine problematische Nutzung aufweisen dürfte.14 Dies entspricht rund 70 000 Personen. Eine problematische Nutzung zeichnet sich unter anderem durch einen Kontrollverlust und die Weiternutzung trotz schädlicher Folgen aus.

14 Definition gemäss CIUS-Skala (Computive Internet Use Scale); Daten 2015 (http://www.suchtmonitoring.ch/docs/library/marmet_mz1vxtjaun6v.pdf).

Jugendliche: Jeder Vierte nutzt das Internet problematisch

Weiterhin zeigt das Suchtmonitoring Schweiz 2015, dass die 15- bis 19-Jährigen, die zu den stärksten Internetnutzern gehören, mit etwa 7% problematischer Nutzung wohl stärker betroffen sind als die älteren Gruppen.15

15 Vgl. Fussnote 8.

Die JAMES-Studie untersucht das Onlineverhalten von Jugendlichen zwischen 12 und 19 Jahren. Gemäss den Daten, die 2016 erhoben wurden, nutzen vier von fünf Jugendlichen das Internet unproblematisch. Etwas mehr als jeder zehnte Jugendliche weist ein risikoreiches, etwas weniger als jeder zehnte ein problematisches Online-Verhalten auf.16 Bei den 12- bis 19-Jährigen scheint der Anteil der problematischen Nutzer bei den Jüngsten (12- bis 13-Jährige) am grössten zu sein.

16 Definition gemäss s-IAT (short Internet Addiction Test: https://www.zhaw.ch/storage/psychologie/upload/forschung/medienpsychologie/james/ jamesfocus/2017/JAMESfocus_2017_Onlineverhalten.pdf ).

Prävention und Betreuungsangebote

In Sachen Information und Sensibilisierung spielt die Plattform zur Förderung von Medienkompetenz des Bundesamts für Sozialversicherungen (BSV), Jugend und Medien weiterhin eine wichtige Rolle. Die problematische Internetnutzung ist eines der dort behandelten Themen. Der Schwerpunkt im Jahr 2017 lag auf Extremismus und Radikalisierung.

Die Betreuungsangebote bei Störungen im Zusammenhang mit dem Internet wurden vor allem aufgrund von Anfragen aus der Bevölkerung entwickelt. Teils helfen psychiatrische Dienste weiter, teils Suchtberatungsstellen. Auch rund um Fachstellen für Geldspielsucht sind solche Angebote entstanden.

Politik: Nationale Strategie Sucht

Die problematische Internetnutzung ist eines der Themengebiete der Nationalen Strategie Sucht des BAG, deren Umsetzung 2017 begonnen hat. Dabei geht es unter anderem darum, auf Fragen rund um die Definition der problematischen Internetnutzung, die Prävalenz in der Bevölkerung, den Einbezug der Betreuung in das bestehende institutionelle Angebot im Suchtbereich einzugehen und allenfalls Massnahmen auf kantonaler oder eidgenössischer Ebene vorzuschlagen.

Die entsprechenden vom BAG in Auftrag gegebenen Studien sind am Laufen oder haben erste Fortschritte ermöglicht. So schlägt ein Bericht aus dem Jahr 2017 Arbeitsdefinitionen für den problematischen Internetgebrauch und die Internet-Gebrauchsstörung vor.

Das neue Monitoring-System Sucht umfasst auch einen Indikator17, der auf der CIUS-Skala beruht. Dieser Indikator wurde 2013 und 2015 beim Suchtmonitoring Schweiz berücksichtigt.

17 Indikator Nr. 13: https://www.buerobass.ch/fileadmin/Files/2016/BAG_2016_IndikatorensetSucht.pdf.

Es scheint offensichtlich, dass die rasche Weiterentwicklung der Internet-Technologien die fortgesetzte Beobachtung und Analyse des Nutzerverhaltens, die Problembestimmung und -definition sowie Wirkungsstudien in den Bereichen Gesundheit, Bildung, Arbeit und Kommunikationsmethoden allgemein erfordert.

Zahlen und Fakten auf neustem Stand und in neuem Kleid

Auf http://zahlen-fakten.suchtschweiz.ch stehen suchtspezifische Informationen und wissenschaftliche Daten bereit. Wer sich rasch einen Überblick über neuste Konsumtrends verschaffen will oder ein Thema vertieft recherchiert, findet hier fundierteFakten und aktuelle Zahlen. Sucht Schweiz setzt neu auch auf Infografiken, welche Daten und Zusammenhänge visualisieren, ohne an Genauigkeit und Klarheiteinzubüssen.

Die Infografiken zeigen wichtige Kennzahlen zum Substanzkonsum (Alkohol, Tabak, Cannabis und weitere illegale Drogen, Medikamente) sowie zupotentiell problematischen Verhaltensweisen (Geldspiel, digitale Welt). Auch Folgen sowie Marktaspekte werden veranschaulicht. Das überarbeitete Portal richtet sich an Medienschaffende, Fachleute, Forschende, Vertreter und Vertreterinnen aus Politik und Verwaltung sowie alle weiteren an der Suchtthematik Interessierte. Das Projekt wurde durch das Nationale Programm Alkohol und den Impuls- und Entwicklungsfonds des Bundesamtes für Gesundheit finanziell unterstützt.

Die Stiftung Sucht Schweiz ist ein nationales Kompetenzzentrum im Suchtbereich. Sie betreibt Forschung, konzipiert Präventionsprojekte und engagiert sich in der Gesundheitspolitik. Das Ziel der Stiftung ist, Probleme zu verhüten oder zu vermindern, die aus dem Konsum von Alkohol und anderen psychoaktiven Substanzen hervorgehen oder durch Glücksspiel und Internetnutzung entstehen. Das Dienstleistungsangebot von Sucht Schweiz ist nur möglich dank regelmässigen Geldspenden.

Quelle: Text Sucht Schweiz, 13. Februar 2018, Auszug aus «Suchtpanorama 2018», Kapitel Internet

nach oben

Suchtpanorama 2018: Publikation
RAOnline Download
Quelle: Sucht Schweiz
Schweizer Suchtpanorama 2018
Dossier
29 Seiten
1,5 MB PDF-File PDF Download

nach oben

Kinderschutz Vorsicht in Chaträumen
Sicherheit im Netz Links
Suchtprävention: Informationen und Links
Externe Links
Sucht Schweiz
top
zurueck