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Unterer Grindelwaldgletscher: Gletschersee Grindelwald
Gletschersee Unterer Grindelwaldgletscher - Neuer Abflussstollen
von Nils Hählen, Tiefbauamt des Kantons Bern, Oberingenieurkreis I

Situation Gletschersee 2009

Auch im Jahr 2009 hielt der Gletschersee auf dem Unteren Grindelwaldgletscher wieder einige Überraschungen bereit:

Der See stieg im Frühling sehr rasch auf ein neues Rekordvolumen von 2.5 Mio. m3 an. Dies war dadurch bedingt, dass der Abfluss unter dem Gletscher verstopft war, und so sämtliches Schmelz-und Regenwasser ins Seebecken aufstieg.

dotErstmals befand sich fast den ganzen Sommer über Wasser im See. In den vorhergehenden Jahren füllte sich der See jeweils nur vorübergehend während einigen Tagen oder wenigen Wochen.

dotIn der zweiten Maihälfte begann ein Teil der Stiereggmoräne zu rutschen. Am 22. Mai 2009 stürzten einige 100'000 m3 Material in den fast randvollen See. Glücklicherweise brandete die daraus entstehende Welle hauptsächlich taleinwärts, so dass der Damm nicht überströmt wurde und eine Überschwemmung im Tal ausblieb.

Der langandauernde Wassereinstau des Gletschers führte dazu, dass sich im Gletscher grosse Hohlraumsysteme bildeten. Beim Damm ist dadurch ein Abflusstrichter entstanden, durch welchen seit Juni 2009 Seewasser auf unbekannten Wegen in die Gletscherschlucht fliesst. Deshalb stieg das Seevolumen im Sommer nicht mehr über 1 Mio. m3 an. Da sich dieser Abflusstrichter jedoch nicht am tiefsten Punkt des Sees befindet, entleerte sich der See nie komplett.

dotAnfang September 2009 führte ein Kälteeinbruch zu einem markanten Rückgang des Schmelzwasserzuflusses in den See. Das verbleibende Wasser versickerte anschliessend durch Spalten und Risse im Eis, so dass sich der See doch vollständig leerte. Ein erneuter Temperaturanstieg anfangs Oktober 2009 füllte den See teilweise. Der See leerte sich jedoch nach wenigen Tagen dank eines erneuten Kälteeinbruchs wieder.

Funktion und Bau des Stollens

Der Stollen hat zwei wichtige Funktionen:

dot Er bildet einen künstlichen Abfluss aus dem Gletschersee:

Reduktion des maximalen Seevolumens durch künstlichen Überlauf und damit Minimierung des Gefahrenpotentials.

dot Er dient als Zufahrt für schwere Baumaschinen.

Die starken Geländebewegungen auf dem Gletscher werden durch die anhaltende Eisschmelze weitergehen. Dadurch können Rutschungen die natürlichen Abflusswege im Gletscher verstopfen und hohe Seeanstiege ermöglichen. Mit dem Stollen wird ein Zugang zum See geschaffen, welcher es erlaubt, verfüllte Abflusswege und nötigenfalls auch den Stolleneinlauf wieder freizulegen.

Mit dem Bau des Abflussstollens wurde Mitte Januar 2009 begonnen. Bereits am 1. Mai 2009 konnte nach rund 640 Meter Stollenvortrieb das Fenster 1 in die Gletscherschlucht durchgeschlagen werden. Am 24. Juni 2009 erfolgte der Durchschlag von Fenster 2 bei Stollenmeter 1330. Die Mineure leisteten während der ganzen Bauphase eine überdurchschnittlich gute Leistung. Mehrmals wurden Wochenleistungen von über 100 Meter Vortrieb erbracht. Dadurch konnte der Felsvortrieb bereits Anfang September statt wie geplant Ende Oktober abgeschlossen werden.

Um die letzten Meter des Stollens zwischen Felswand und Seebecken zu bauen, wurde das Lockermaterial von aussen mit Baggern und Pneuladern abgetragen. Als Zugang für die Baumaschinen wurde dafür ein kurzer, steiler Umgehungsstollen gebaut, welcher oberhalb des Lockermaterials ins Seebecken mündete.

Der Stollen besteht aus zwei Elementen:

Einlauf im Seebecken bis Fenster 2:

In diesem Abschnitt wird das Wasser abgeführt und bei Stollen 2 über einen etwa 110 Meter hohen Wasserfall in die Schlucht geleitet.

Fenster 2 bis Portal beim Kieswerk Gletscherschlucht:

Dieser Abschnitt hat eine reine Erschliessungsfunktion und zwar für den Bau des oberen Stollenteils und um später mit schweren Baumaschinen zum See hochzufahren.

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Künftige Entwicklung

Die Schmelze des Unteren Grindelwaldgletschers wird voraussichtlich in gleicher Art weitergehen oder sich sogar noch etwas beschleunigen. Das Seebecken wird dabei von Jahr zu Jahr grösser. Damit würde auch das Gefahrenpotential von Hochwassern durch Seeausbrüche massiv zunehmen. Detailprognosen zur weiteren Entwicklung, welche über mehrere Jahre hinausgehen, sind sehr schwierig bis fast unmöglich.

Die Bildung des Abflusstrichters beim Damm hat in der zweiten Sommerhälfte 2009 dazu geführt, dass der See nicht mehr sehr hoch angestiegen ist. Die Bildung dieses Abflusstrichters war im vergangenen Jahr und selbst noch bis Ende Mai 2009 nicht vorhersehbar. Trotzdem wird der Stollen durch diesen Abflusstrichter nicht überflüssig.

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Zum Verhindern von gefährlichen Seeausbrüchen ist der Stollen aus folgenden Gründen unerlässlich:

Der Abflusstrichter liegt an einer ungünstigen Stelle. Obwohl sich das Gelände dort sehr stark absenkt, besteht keine Gewähr für einen konstanten Abfluss. Gerade wegen der starken Absenkung rutschen die Geröll- und Felsflanken nach, was zu einer Verstopfung des Trichters führen kann.

Der Abflusstrichter liegt im direkten Ablagerungsbereich der Schlosslawine sowie der Eisabbrüche vom Challifirn. Es ist davon auszugehen, dass der Trichter im Frühling bei der Schneeschmelze noch stark mit Schnee und Eis verfüllt ist und somit kein Wasser abzuleiten vermag. Gerade in dieser Zeit fällt jedoch sehr viel Schmelzwasser an, was rasch zu hohen Seepegeln führen kann.

Der Abflusstrichter hat eine beschränkte Abflusskapazität. In diesem Sommer wurde mehrmals beobachtet, dass der Abflusstrichter nicht alles Wasser abzuführen vermochte, wenn es einen sehr grossen Schmelzwasseranfall oder starke Niederschläge gab. In solchen Fällen ist der See jeweils vorübergehend angestiegen.

Bedeutung des Stollens

Der Stollen wird im kommenden Sommerhalbjahr einen zuverlässigen Überlauf für den Gletschersee bilden. Der Einlauf des Stollens liegt auf 1'373 m ü.M. Der tiefste Punkt des Dammes liegt über 20 Meter höher auf 1'395 m ü.M. Damit kann das Seevolumen von maximal 1,2 Mio. m3 ohne Stollen auf rund 120'000 m3 reduziert werden. Spontane Seeausbrüche sind auch bei diesem Volumen weiterhin möglich; die daraus entstehenden Hochwasser sollten jedoch schadlos durch die Lütschine abgeleitet werden können.

Die Gletscherschmelze wird weitergehen und damit vergrössert sich das Seebecken trotz Stollen. Falls sich in den nächsten Jahren kein zuverlässiger, natürlicher Abfluss aus dem See einstellt, muss der Einlauf des Stollens in einigen Jahren tiefer gelegt werden, um ein für das Tal ungefährliches Seevolumen beizuhalten können. Es ist auch davon auszugehen, dass in den kommenden Jahren ab und zu der Stolleneinlauf oder Abflusswege auf dem Gletscher durch Baumaschinen freigelegt werden müssen, um den Wasserabfluss zu gewährleisten. Insgesamt ist der Stollen aber auch mit den neuen Erkenntnissen aus diesem Sommer immer noch die beste Lösung für das Problem Gletschersee auf dem Unteren Grindelwaldgletscher und sollte dem Tal für die kommenden Jahre genügend Sicherheit vor Seeausbrüchen bieten.

Funktionen des Stollens

- Künstlicher Abfluss für Gletschersee

- Reduktion Seevolumens und damit Minimierung Gefahrenpotential

- Erschliessung für schwere Baumaschinen

- Starke Geländebewegungen werden anhalten.

- Rutschungen können Stolleneinlauf und natürliche Abflusslöcher verstopfen und dadurch wieder hohe Seeanstiege ermöglichen.

- Die Zufahrt mit Baumaschinen durch den Stollen ermöglicht die Freilegung von Abflusswegen.

Natürlicher Abflusstrichter:

- Geländeabsenkung kann Rutschungen auslösen, durch welche Geröll Abfluss verstopfen kann.
Abflusstrichter hat beschränkte Abflusskapazität. Es wurde mehrmals beobachtet, dass der Abflusstrichter nicht alles Wasser abzuführen vermochte.

- Bei Schneeschmelze dürfte Trichter noch stark mit Schnee und Eis verfüllt sein und kann damit kein Wasser ableiten.

Stollen bietet zuverlässigen Abfluss:

- Einlauf ist best möglich geschützt vor Rutschungen und Stürzen.

- Stollen reduziert Seevolumen von 1.2 Mio. m3 im nächsten Sommer auf ca. 120‘000 m3.

- Stollen ermöglicht Eingriffe mit Baumaschinen beim See.

- Unter vorherrschenden Rahmenbedingungen weiterhin beste Lösung.

Quelle: Text Kanton Bern, 10. November 2009
Der 2009 fertiggestellte Abflussstollen hat im Verlauf des Jahres 2010 den Wasserpegel der Gletschersees stark abgesenkt. In den darauf folgenden Jahren hat das Wasser aus dem Gletschersee ohne weitere menschliche Eingriffe selbständig seinen Weg talwärts gefunden. Der Wasserspiegel des Gletschersees hat sich kontinuierlich weiter abgesenkt. Das Auslaufbauwerk konnte daher lediglich während eines Jahres seine geplante Funktion erfüllen. Die Fenster des Auslauftunnels befinden sich heute weit über dem Gletschersee. Die beiden Löcher im Fels wirken wie ein Mahnmal für ein Bauwerk, das eine bedrohliche Naturgefahr kurzfristig zu beseitigen half.
Text: RAOnline 2020

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Links
Externe Links
Der Kanton Bern dokumentiert die Entwicklung
beim Gletschersee unterhalb des Unteren Grindelwaldgletschers auf einer eigenen Website.
In der Website sind Live-Bilder der VAW vom Gletschersee integriert.
Gletschersee Grindelwald
Gemeinde Grindelwald
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