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Weltraum-Astronomie Planeten: Merkur - Ceres
Raumsonde MESSENGER Absturz auf dem Merkur 2015
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NASA-Raumsonde "MESSENGER" erkundet Merkur
Absturz auf der unsichtbaren Seite des Merkur

Seit dem 18. März 2011 ist MESSENGER (MErcury Surface, Space ENvironment , GEochemistry and Ranging) die erste Raumsonde, die den Merkur aus einer Umlaufbahn beobachtete. Etwas mehr als vier Jahre und 4'105 Merkurumrundungen später kommt die NASA-Mission nun an ihr Ende: Die Treibstoffvorräte auf dem Orbiter sind erschöpft. Da die Anziehungskraft der Sonne einen solch starken Einfluss auf die Umlaufbahn der Sonde hat, ist ein Absturz auf den Planeten in der Nacht von Donnerstag auf Freitag, 29/30. April 2015, nicht mehr zu vermeiden. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) war wissenschaftlich umfangreich an dieser Mission beteiligt.

Nach Berechnungen der NASA wird der Aufschlag am 30. April 2015 zwischen 21.25 und 21.30 MESZ erfolgen. Wegen des extrem niedrigen Orbits und der damit erschwerten Kontrolle über die Raumsonde ist der Zeitpunkt mit einiger Unsicherheit behaftet und könnte auch einen Merkurumlauf oder sechs Stunden und 18 Minuten später erfolgen, also am 1. Mai 2015 kurz vor vier Uhr MESZ. "Der Absturz wird auf der von der Erde aus zu diesem Zeitpunkt nicht sichtbaren Seite des Merkurs stattfinden", erklärt Prof. Jürgen Oberst vom DLR-Institut für Planetenforschung. "Wenn MESSENGER auf ihrem Orbit nicht wieder ins Blickfeld der grossen 70-Meter-Antennen des NASA-Deep Space Network zurückkehrt und damit kein Signal mehr die Erde erreicht, wird dies die Bestätigung des Absturzes sein." Damit wäre das Ende einer etwa 13 Milliarden Kilometer langen Reise besiegelt. MESSENGER wird dabei dem Merkur eine kleine "Erinnerung" hinterlassen, denn durch die hohe Geschwindigkeit beim Einschlag dürfte nach Berechnungen der Projektwissenschaftler ein Krater von etwa 15 Metern Durchmesser entstehen.

Das DLR ist mit Prof. Jürgen Oberst und Dr. Jörn Helbert im Wissenschaftlerteam der Mission vertreten, das von Prof. Sean Solomon an der Columbia-Universität im US-Bundesstaat New York geleitet wird. Die DLR-Planetenforscher haben vornehmlich die Aufnahmen des Kamerasystems MDIS, die Höhenmessungen des Laser-Altimeters MLA und Daten des Spektrometers MASCS ausgewertet. "Dank der MDIS-Aufnahmen haben wir nun endlich eine globale Abdeckung mit Bildern der Merkuroberfläche", sagt Prof. Oberst. "Damit können exakte Karten und ein Globus des Merkur erstellt werden, vor allem aber lässt sich die geologische Geschichte des Planeten nun sehr viel besser darstellen." Durchgeführt wurde die Mission für die NASA von der Johns-Hopkins-Universität in Maryland.

Merkur zuvor kaum erforscht

Die am 3. August 2004 gestartete MESSENGER-Sonde war überaus erfolgreich und lieferte Daten für zahlreiche wertvolle Ergebnisse. Der innerste Planet des Sonnensystems war bis zu den drei Vorbeiflügen der Raumsonde und schliesslich den Beobachtungen aus der Umlaufbahn noch kaum erforscht. Davor prägten Aufnahmen und Experimente dreier Vorbeiflüge der Raumsonde Mariner 10 in den Jahren 1974 und 1975 unser Bild von diesem gerade einmal 60 bis 70 Millionen Kilometer von der Sonne entfernten Planeten. Damals konnte nicht einmal die Hälfte des Merkur fotografiert werden. Ursprünglich hätte die Mission MESSENGER auch nur ein Jahr dauern sollen, sie wurde von der NASA aber zweimal verlängert.

256'000 Bilder zur Erde gefunkt

MESSENGER hatte acht wissenschaftliche Experimente an Bord, darunter ein komplexes Kamerasystem, das im Missionsverlauf fast 256'000 Bilder zur Erde funkte. Ferner einen Laser-Höhenmesser zur Bestimmung der Topographie, vier Spektrometer zur Untersuchung der Mineralogie und Chemie der Oberfläche und der Plasma- und Exosphärenumgebung, so wie ein Magnetometer und ein Radiowellenexperiment zur Bestimmung der Massenverteilung im Planeten. Insgesamt übermittelte die Sonde 10 Terabyte an Daten und revolutionierte das Bild vom sonnennächsten Planeten.

Schwefeliger Vulkanismus, ein schwaches Magnetfeld und Eis in tiefen Kratern

Wegen seiner kraterübersäten Oberfläche wurde dem Merkur lange Zeit eine grosse Ähnlichkeit mit dem Mond der Erde attestiert. MESSENGER konnte aber zeigen, dass es in der Entwicklung und Zusammensetzung beider Körper gravierende Unterschiede gibt. Sie sind wahrscheinlich auch dadurch begründet, dass der Merkur bei einem Durchmesser von nur 4'878 Kilometern einen überproportional grossen Kern aus Eisen und Nickel hat, der fast 70 Prozent der Planetenmasse ausmacht, und nur einen gering mächtigen Mantel aus silikatischem Gestein.

Die Wissenschaftler haben ausserdem entdeckt, dass grosse Flächen der Nordhalbkugel von Vulkanismus geprägt sind, der stellenweise ungewöhnlich viel Schwefel enthält. Ausserdem konnten sie bestätigen, dass sich in den tiefen Kratern des Nordpols, in die nie ein wärmender Sonnenstrahl dringt, tatsächlich Wassereis befindet. Die Geophysiker im Team waren überrascht, dass das Magnetfeld nur ein Hundertfünfzigstel der Stärke der Erde hat und viel schwächer ist als angenommen. MESSENGER reiht sich ein in die Raumfahrtgeschichte als eine der bedeutendsten Missionen zur Erforschung der erdähnlichen Planeten in unserem Sonnensystem.

Globale Karten, Topographie, Form: ein neues Bild des Merkur

Mit insgesamt 35 Millionen Laserpulsen des Instruments MLA (Mercury Laser Altimeter) konnte die Topographie der nördlichen Hemisphäre bis zum Äquator vermessen werden (wegen der exzentrischen Umlaufbahn der Sonde war dies für die Südhalbkugel nicht möglich). Ferner konnte anhand von Aufnahmen der Silhouette des Planeten gegen den dunklen Hintergrund des Alls von den DLR-Wissenschaftlern ein Modell der globalen Gestalt des Merkur erstellt werden. Die globale Form des Planeten war vor der MESSENGER-Mission nur grob bekannt. Wie alle Planeten, rotiert der Merkur. Für den Planeten waren jedoch die Parameter der Rotation bislang mit Unsicherheiten behaftet. Die besten verfügbaren Modelle stützten sich bisher auf Radarbeobachtungen, die von der Erde aus durchgeführt wurden.

Merkur befindet sich in einer gebundenen Rotation, während er zweimal die Sonne umkreist rotiert er exakt dreimal um seine Achse. Die Rotation ist jedoch nicht perfekt gleichförmig, sondern schwankt wegen der exzentrischen Umlaufbahn des Planeten und entsprechender Störungen durch die Sonne.

Die Beobachtung dieses Effekts mit MESSENGER lieferte wichtige Hinweise zum inneren Aufbau des Merkur, etwa zur Grösse des Planetenkerns. Mit Hilfe der MESSENGER Daten hat das DLR-Team ein neues Rotationsmodell des Merkur erstellt, und hier insbesondere die Rotationsperiode und die Lage der Rotationsachse im Raum neu bestimmt, sowie die Librationsbewegung - das "Schlingern" - des Planeten um seine Rotationsachse neu charakterisiert. Insbesondere konnten die DLR-Planetenforscher und ihre amerikanischen Kollegen mit den Stereo-Bilddaten der Kamera digitale Geländemodelle mit bis zu 50 Metern Auflösung errechnen. Damit konnten neue Oberflächenstrukturen wie zum Beispiel alte, schon stark erodierte, Einschlagsbecken von vielen hundert Kilometer Durchmesser entdeckt werden. Ebenso wurden tektonische Verwerfungen mit den Geländemodellen aufgedeckt.

Der Merkur auf der Erde: Das DLR-Hochtemperaturlabor PEL

Die Temperatur der Oberfläche des Merkurs variiert zwischen minus 173 Grad Celsius in der Nacht und bis zu 450 Grad Celsius am Tag, da es keine Atmosphäre gibt, die diese Extreme ausgleichen könnte.

Für Vergleichsstudien hat das DLR das weltweit einmalige planetare Emissivitätslabor (PEL) aufgebaut, dessen Ergebnisse im MESSENGER-Wissenschaftsteam genutzt werden. In diesem Labor können Gesteinsproben bis auf Merkurtemperaturen und sogar darüber hinaus aufgeheizt und dann ihre spektralen Eigenschaften vermessen werden. Unter den hohen Temperaturen verschieben sich die spektralen "Fingerabdrücke", die zur Identifikation von Gesteinen und Mineralen verwendet werden. Die Labormessungen werden mit den mehr als drei Millionen Spektralmessungen der Merkuroberfläche verglichen, die von MESSENGER im sichtbaren Licht und dem nahen Infrarot aufgezeichnet wurden. Allerdings gestaltete sich die Auswertung der Daten schwierig, denn es zeigte sich durch Labormessungen im PEL, dass höchstwahrscheinlich durch die hohen Temperaturen kaum spektrale Signaturen in den von MESSENGER abgedeckten Wellenlängen messbar sind. Proben im Labor haben bis zu 90 Prozent ihrer Signaturen verloren wenn man sie Temperaturen von über 350 Grad Celsius aussetzte. Zudem half das PEL-Labor die ungewöhnliche Struktur sogenannter "Hollows" näher zu verstehen. Dabei handelt es sich vermutlich um Konzentrationen von Sulfiden, die sich auf dem Merkur unter den hohen Temperaturen zersetzen und damit Material verlieren.

Quelle: Text Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), April 2015
Flugbahn und Zeitplan der MESSENGER-Mission

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MESSENGER-Seite der Johns-Hopkins-University Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
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