Aktuell bereitet sich Rosetta darauf vor, sich dem Kometen 67P/Tschurjumow-Gerasimenko anzunähern, um am 14. Februar 2015 in nur sechs Kilometern Entfernung an seiner Oberfläche vorbeizufliegen. Am 3. Februar 2015 verliess Rosetta ihre bisherige Orbitposition, 26 Kilometer vom Kometen 67P/Tschurjumow-Gerasimenko entfernt, und beendete damit ihre aktuelle Begleitphase. Ab sofort beginnt für die Mission eine neue Flugphase, die den Rest des Jahres andauern wird. Bis zum 7. Februar 2015 hatte sich die Rosetta-Sonde zuerst auf eine Entfernung von circa 140 Kilometern zum Kometen begeben, um ihm dann- am 14. Februar 2015 um 13:41 Uhr MEZ- in einem Sturzflug wieder entgegenzufliegen. Die geringste Distanz wird Rosetta auf der grösseren Hälfte des Kometen, über seiner Region "Imhotep", erreichen. "Der für die kommende Woche geplante nahe Vorbeiflug wird uns einzigartige wissenschaftliche Beobachtungen, wie z.B. hochauflösende Messungen der Kometenoberfläche in verschiedenen Wellenlängenbereichen, ermöglichen und uns Gelegenheit geben, Proben der innersten Kometenatmosphäre zu entnehmen- sie buchstäblich zu fühlen und zu riechen", erklärte Dr. Matt Taylor, ESA-Projektwissenschaftler der Rosetta-Mission im Vorfeld der Annäherung. Bei ihrem Vorbeiflug wird Rosetta die aktivsten Regionen des Kometen passieren, was den Wissenschaftlern neue Einblicke in die Beziehungen zwischen der Quelle der beobachteten Aktivität und der Atmosphäre, der sogenannten Koma, verschaffen wird. Dabei werden sie sich vor allem auf die Zonen konzentrieren, in denen Gas und Staub aus der Kometenoberfläche austreten, und darauf, wie diese Komponenten sich in grösseren Entfernungen zum Kometen entwickeln. Wir wissen bereits, dass 67P/Tschurjumow-Gerasimenko auf seiner Oberfläche lediglich 6% des Sonnenlichteinfalls reflektiert und daher besonders dunkel ist. Da sich die Sonne während des Vorbeiflugs direkt hinter der Sonde befindet, kann man möglichst schattenfreie Aufnahmen erhalten. Somit kann Rosetta die Reflektivität des Kometenkerns im wandelnden Einfallswinkel des Sonnenlichts erforschen, wovon Wissenschaftler sich detailliertere Einblicke in die Staubpartikel der Oberfläche erhoffen. "Nachdem Rosetta ihren engsten Vorbeiflug abgeschlossen hat, beginnt eine neue Missionsphase, in der sie weitere Vorbeiflüge mit Abständen zwischen 15 und 100 Kilometern vollziehen wird", so Sylvain Lodiot, Flugbetriebsleiter der Rosetta-Mission. Auf Grundlage von Prognosen zur steigenden Kometenaktivität war es für diesen Zeitpunkt der Mission von vornherein geplant, von Umkreisungen in stabilen Orbits zu Vorbeiflügen zu wechseln. Darüber hinaus können durch die unterschiedlichen Vorbeiflugdistanzen die individuellen Anforderungen der elf Bordinstrumente der Sonde berücksichtigt werden, um die bestmöglichen wissenschaftlichen Ergebnisse für diese Mission zu erzielen. Im Laufe einiger ihrer nahen Vorbeiflüge wird sich Rosetta geradezu im Gleichschritt mit der Kometenrotation bewegen, sodass es ihren Instrumenten möglich sein wird, detaillierte Beobachtungen einzelner Fixpunkte auf der Kometenoberfläche anzustellen. Im Gegensatz dazu werden die Vorbeiflüge aus grösserer Distanz die Weitwinkelperspektive des Kometenkerns und seiner wachsenden Koma in einem grösseren Zusammenhang erfassen. "Wir befinden uns nun in der wichtigsten wissenschaftlichen Phase der Mission und werden im kommenden Jahr mit der hochauflösenden Kartierung des Kometen fortfahren", so Matt Taylor. "Wir werden aus verschiedenen Entfernungen Gas-, Staub- und Plasmaproben entnehmen, während die Kometenaktivität steigt und im späteren Verlauf des Jahres wieder nachlässt." Am 13. August 2015, wenn sich Rosetta und der Komet in zirka 186 Millionen Kilometern Entfernung von der Sonne zwischen den Umlaufbahnen von Erde und Mars befinden, werden sie ihren geringsten Abstand zur Sonne (Perihelion) erreichen. Während des Monats vor dem Periheldurchgang wird es zum Höhepunkt der Kometenaktivität kommen. Das ist die Zeit, für die das Team die bislang eingehendsten Untersuchungen der Staub- und Gasfontänen des Kometen, der sogenannten Jets, geplant hat. "Wir hoffen, Rosetta durch einen dieser Jets hindurchsteuern zu können, um einen realistischen, tiefgehenden Eindruck der Kometenausgasungen zu erhalten", so Dr. Matt Taylor. Nachdem der Periheldurchgang abgeschlossen ist und die Kometenaktivität langsam wieder abnimmt, wird das Missionsteam entscheiden, ob und wann Rosetta wieder eine feste Flugbahn im Orbit des Kometen einnehmen wird und wie lange die Sonde nach 2015 realistischerweise noch funktionstüchtig bleiben wird.
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