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Markt: Kampf um Kundschaft

Die Anzahl verkaufter industrieller Zigaretten sank von 2017 bis 2018 wiederum leicht (von 9,57 Milliarden auf 9,2 Milliarden Stück). Umgekehrt hat die Einfuhr von Tabak für Zigaretten zum selber drehen zwischen 2014 und 2018 um 18% zugenommen und auch der Shishakonsum nimmt zu.

Für Tabakprodukte zum Erhitzen wurden auch im vergangenen Jahr grosse Marketinganstrengungen unternommen, so beispielsweise mit der umstrittenen Gratisabgabe von Erhitzern durch Philip Morris. Der Produzent beziffert den Marktanteil seines Produktes IQOS in der Schweiz auf 2.5%.

Bei den rauchlosen Tabakprodukten hat sich der Markt verändert: Im Mai 2019 hat das Bundesgericht entschieden, dass Snus auch innerhalb der Schweiz legal verkauft werden darf. Darauf sind mehrere Produzenten mit aggressivem Marketing neu im Schweizer Markt eingestiegen. Marktzahlen sind nicht erhältlich.

Auch bei den E-Zigaretten sind keine Marktzahlen erhältlich. Es ist aber davon auszugehen, dass die Verkaufszahlen nach der faktischen Freigabe des inländischen Verkaufs von nikotinhaltigen E-Liquids durch das Bundesverwaltungsgericht im 2018 gestiegen sind. Die Freigabe hat auch zum Einstieg von Juul und Japan Tobacco im Schweizer E-Zigarettenmarkt geführt. Die Diskussion um die Juulepidemie unter Jugendlichen in den USA hat in der Folge zu einer «Selbstbeschränkung» des Verkaufs von E-Zigaretten an nur über18-Jährige durch die Vertreiber geführt.

Inzwischen scheint die Diskussion um die Krankheits- und Todesfälle nach dem Konsum von E-Zigaretten in den USA den Absatz in der Schweiz gebremst zu haben. Hinweise deuten darauf hin, dass diese Fälle durch Vitamin ehaltige Liquids aus dem Schwarzmarkt verursacht wurden. Aus heutiger Sicht können vor allem rauchlose Tabakprodukte und Nikotinverdampfer weiterhin als wahrscheinlich weniger schädliche Produkte für einen Teil der Rauchenden als Ausstiegshilfen dienen, aber sie dürften nicht durch breite Werbung zusätzlich gefördert werden.

Mehrheit möchte eigentlich aufhören – und meint aber auch, eine Reduktion tut's schon
Nach der Befragung «Lifestyle und Gesundheit» möchten rund 60% der Rauchenden mit dem Rauchen aufhören. Eine Mehrheit glaubt aber, dass die Reduktion der Anzahl der gerauchten Zigaretten pro Tag auch die Risiken linear reduziert. Doch bereits ein täglicher, wenn auch geringer Konsum, schadet der Gesundheit überproportional.

Gesellschaftliche Kosten von 5 Milliarden Franken pro Jahr

Eine Studie hat im September 2019 neue Zahlen zu den gesellschaftlichen Kosten des Rauchens vorgelegt: Alleine das Rauchen (ohne Konsum von anderen Tabakprodukten und Passivrauch) führt jährlich in der Schweiz zu direkten medizinischen Kosten von 3 Milliarden Franken. Auf die Behandlung von Krebserkrankungen entfallen 1,2 Milliarden Fran-ken, auf Herzkreislaufkrankheiten 1 Milliarde Franken und auf Erkrankungen der Lunge und der Atemwege 0,7 Milliarden Franken. Die 3 Milliarden Franken entsprechen 3.9% der gesamten Gesundheitsausgaben der Schweiz im Jahr 2015. Die Produktionsverluste durch den Tabakkonsum betrugen 2 Milliarden Franken. Sie sind die Folge von Ausfällen wegen Krankheit, Invalidität bzw. Tod vor der Pensionierung.

Politik: Doch noch Werbeverbote? - Die Bevölkerung will mehr

Tabakproduktegesetz: Nach dem heftigen Widerstand der Wirtschaft und einiger Parteien in der Vernehmlassung hat der Bundesrat am 30. November 2018 eine abgespeckte Version des Tabakproduktegesetzes in die parlamentarische Beratung geschickt. Snus sowie nikotinhaltige Liquids für E-Zigaretten sollen neu ins Gesetz aufgenommen werden. Gleichzeitig ist vorgesehen, auch Tabakerhitzer und E-Zigaretten dem Passivrauchgesetz zu unterstellen. Hingegen wurde das Verbot von inhalationserleichternden Zusätzen sowie Verbote von Werbung, die oft von Jugendlichen gesehen wird, fallengelassen. Einzig das nationale Abgabealter von 18 Jahren ist im Entwurf verblieben. Unter Druck des Skandals um das Sponsoring der Schweizer Präsenz an der Weltausstellung in Dubai und der Einreichung der Initiative «Zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung»

nahm der Ständerat im September 2019 doch wieder einige Werbeverboten ins Gesetz auf, damit es möglicherweise mit dem WHO-Rahmenübereinkommen zur Eindämmung des Tabakgebrauchs kompatibel ist. Die neue Zusammensetzung des Nationalrats nach den Wahlen könnte es ermöglichen, dass diese Werbeverbote auch im Nationalrat durchkommen.

In den Kantonen bewegt sich dafür bereits heute etwas: Mit den Kantonen Thurgau, Solothurn, Genf und Wallis haben weitere Kantone das Abgabealter für Tabakprodukte auf 18 Jahre erhöht. Immer mehr Kantone (TG, BL, BS, GE, VS) führen nun auch für E-Zigaretten eine Alterslimite von 18 Jahren ein oder diskutieren entsprechende Gesetze (BE).

Die Bevölkerung hat genug von Tabakwerbung

Laut der Erhebung «Lifestyle und Gesundheit»waren im Jahr 2018 64% der Bevölkerung für ein generelles Werbeverbot für Tabakprodukte (nur 20% sprachen sich dagegen aus), und 63% für ein Sponsoringverbot (21% dagegen). Gar 78% sprachen sich auch für ein Rauchverbot auf Spielplätzen aus sowie eine Mehrheit für eine Erhöhung des Preises pro Päckli auf 10 Franken.

Kein Wunder, dass in den letzten Jahren eine Art Bottom-up-Bewegung in Gang gekommen ist: Proteste gegen den Dubai-Deal, Volksinitiative «Kinder ohne Tabak», Kampagne #fillthebottle gegen Zigarettenstummel, Einschränkungen durch Unternehmen (Jobs nur für Nichtraucher; Bahnhöfe) und immer mehr Gemeinden (z.B. rauchfreie Spielplätze).

Andere Länder gehen unterdessen noch weiter, wie Frankreich, Grossbritannien und Australien, die die Zigarettenpreise weiter anheben oder immer mehr Länder die neutrale Einheitspackungen eingeführt haben. In den USA plant die «Food and Drug Administration», den Nikotingehalt der Zigaretten zu senken, hat aber gleichzeitig Snus und IQOS als risikoreduzierte Produkte auf dem amerikanischen Markt zugelassen.


Wie weiter? Zigarette unattraktiver machen und Produkte nach Risiken regulieren

Es ist ungewiss, ob der Nationalrat den (für einen umfassenden Schutz eigentlich noch ungenügenden) Zugeständnissen des Ständerates im Sinne der Prävention folgen wird. Solange wird sich die Zivilgesellschaft weiterbewegen (müssen). Dies mit den möglichen Mitteln: Initiativen, Protesten, Aktionen und wenn nicht anders möglich mit Konsumverboten. Letztere sollten eigentlich der letzte Ausweg sein. In einer Gesellschaft, welche die individuelle Freiheit hochhält würde es besser akzeptiert, wenn das bis heute aggressive Tabakmarketing beendet und damit die jungen Menschen weniger zum Rauchen animiert würden, oder wenn weitere Massnahmen wie in Grossbritannien oder Australien ergriffen würden (Preiserhöhungen, Einschränkung der Erhältlichkeit etc.). So würde die Raucherquote wie in den meisten Industrieländern automatisch sinken. Auch die Schweiz sollte deshalb schnellstens die von der Bevölkerung gewünschten Werbeverbote und preislichen Massnahmen umsetzen sowie die Einheitspackung einführen, die sich international schrittweise etabliert und das Rauchen nachweislich unattraktiver macht.

Die immer neuen Produktekategorien machen den Markt laufend unübersichtlicher (es gibt längst nicht mehr einfach «nur» Zigaretten). Gleichzeitig begünstigen sie den Nikotinkonsum – denn so lange nicht genau geklärt ist, ob diese Produkte wirklich viel weniger schädlich sind, haben die Anbieter einen Kommunikationsvorsprung gegenüber dem Gesetzgeber und der Prävention und können die Konsumierenden von ihrer Sicht der Dinge überzeugen. Es dauert Jahre, bis die unabhängige Forschung nachweisen kann, wie gross die Risiken wirklich sind. Mit der Regulierung der neuen Produkte kann aber nicht so lange zugewartet werden. Die Produkte sollten nach Risikopotenzial unterschiedlich reguliert werden, was im Fall der Schweiz allerdings heissen würde, vor allem die klassischen Zigaretten massiv unattraktiver zu machen. Die sehr liberalen Voraussetzungen für den Handel mit Zigaretten in der Schweiz behindern sowohl den Rauchstopp als auch den vollständigen Umstieg auf risikoreduzierte Produkte für Menschen, die den Rauchstopp im Moment nicht schaffen. Zudem stellt sich die Frage, ob der Rauchausstieg genügend gefördert wird: Haben wir genügend einfach zugängliche und ausgebildete Rauchstoppfachleute und -Zentren? Müssten Substitutionsprodukte nicht von den Krankenkassen bezahlt werden? Grossbritannien könnte hierzu ein Vorbild sein.

Quelle: Text Stiftung Sucht Schweiz, 4. Februar 2020

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Alkohol, Tabak, illegale Drogen, Geldspiel, Medikamente, Internet

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Quelle: Sucht Schweiz
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