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ILLEGALE DROGEN

Stimulanzien in den Städten, Cannabis in der Politik

Die jüngsten Zahlen zum Konsum illegaler Drogen in der Schweiz zeichnen ein relativ stabiles Bild mit Prävalenzen, die oft im europäischen Mittelfeld liegen. Der Verbrauch von Stimulanzien in den grösseren Schweizer Städten ist jedoch hoch und der Handel mit Kokain und Ecstasy floriert mit reineren oder höher dosierten Produkten als früher. Politisch ist besonders beim Cannabis etwas in Bewegung gekommen. Die Legalisierungswelle in Nordamerika geht weiter und regt auch die Debatte hierzulande an.

Konsum: ein widersprüchliches Bild

Mehr als jede/r zehnte 15-jährige Schüler/in in der Schweiz gibt an, im letzten Monat Cannabis konsumiert zu haben. Diese Prävalenz ist bei den Jungen (2018: 13.7%) grösser als bei den Mädchen (8.7%) und hat sich seit 2014 kaum verändert. Der Anteil der 15-jährigen Schüler/innen, die mindestens einmal im Leben Cannabis konsumiert haben, geht seit 16 Jahren ständig zurück: von 45.9% bei den Jungen und 36.9% bei den Mädchen im Rekordjahr 2002 auf 27.2% bzw. 17.3% (2018). Auch wenn sich die Lage verbessert hat, bleibt festzuhalten, dass noch immer viele Jugendliche früh mit dem Cannabiskonsumbeginnen.

Die jüngsten repräsentativen Umfragewerte wurden 2017 im Rahmen der Schweizerischen Gesundheitsbefragung (SGB) erhoben. Sie ergeben, dass der Cannabiskonsum im Vergleich zu 2012 zugenommen hat. 2017 gaben 4% der Wohnbevölkerung im Alter zwischen 15 und 64 Jahren an, dass sie im letzten Monat Cannabis konsumiert haben, während es 2012 noch 2.9% waren. Dabei gilt zu berücksichtigen, dass 2016 «legales» CBdcannabis auf den Markt gekommen ist und diesen Anstieg teilweise erklären könnte. Bei Kokain und Ecstasy ist seit rund 15 Jahren ein Anstieg zu verzeichnen, bislang aber in mässigen Bahnen: 2017 gaben 0.9% der Bevölkerung an, im letzten Jahr Kokain konsu-miert zu haben, während es bei Ecstasy 0.7% waren. Mindestens doppelt so viele Männer wie Frauen berichten vom Konsum illegaler Drogen, der bei den Jugendlichen und jungen Erwachsenen (15 bis 24 Jahre) am weitesten verbreitet ist.

Diese Zahlen zeigen, dass die Schweiz im europäischen Vergleich eher durchschnittliche Konsumraten aufweist, die bei Cannabis und Kokain höher sind als in Deutschland, aber tiefer als in Frankreich und Italien.

Eine weitere Methode zur Messung des Konsums illegaler Drogen besteht in der Abwasseranalyse. Fünf Schweizer Städte sind an einem europäischen Projekt beteiligt, das den Stand und die Entwicklung des durchschnittlichen Prokopf-Konsums in mehreren städtischen Zentren miteinander vergleicht. Die Datenerhebung 2018 ergibt, dass die Schweizer Städte beim Konsum von Kokain und Ecstasy Spitzenwerte aufweisen, nicht aber bei den Amphetaminen. Im Vergleich zum Vorjahr blieb der Konsum insgesamt eher stabil.

Kokain und Ecstasy: florierende Märkte

Der letzte Weltdrogenbericht weist bei der Produktion von Kokain in Südamerika mit knapp 2000 Tonnen pro Jahr einen Rekordwert aus. Die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EMCDDA) stellt eine Verdoppelung der beschlagnahmten Mengen in Europa sowie eine grössere Reinheit beim gehandelten Kokain ohne Preisanstieg fest. Ähnliche Trends sowie Rekordzahlen bei den Beschlagnahmungen wurden kürzlich auch in der Schweiz festgestellt. Sie zeigen, wie sich Kokainhandel und -Nachfrage diversifiziert haben.

Eine Auswirkung dieses Phänomens besteht darin, dass jene Personen, die sich wegen einem Drogenproblem bei der Notfallaufnahme von 26 europäischen Spitä-lern des Sentinellamonitoringsystems melden, als konsumierte Droge am häufigsten Kokain nennen. In Grossbritannien hat sich die Zahl der kokainbedingten Todesfälle in den letzten Jahren verdoppelt. In der Schweiz lässt sich insbesondere ein Anstieg bei den kokainbedingten Behandlungsnachfragen und Verzeigungen feststellen.

Bei den Ecstasy-Pillen stellt die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EMCDDA) fest, dass die Menge des Wirkstoffs MDMA gestiegen ist. Auch dieses Phänomen lässt sich in der Schweiz nachweisen, insbesondere mit den Drug-Checking-Projekten in Zürich, Bern, Basel, Genf und seit Kurzem auch in Luzern. Der steigende Wirkstoffgehalt birgt das Risiko einer Überdosis, die unter anderem zu Übelkeit, Halluzinationen und Bewusstlosigkeit führen kann.

Politik im Ausland: immer wieder Cannabis

Die politischen Entwicklungen zu illegalen Drogen betreffen weiterhin hauptsächlich Cannabis. Das Parlament des bevölkerungsmässig sechstgrössten US-Bundesstaates Illinois hat 2019 die Produktion und den Verkauf von Cannabis an Erwachsene legalisiert. Bereits elf Bundesstaaten sowie die Hauptstadt Washington DC haben den Status von Cannabis geändert. Damit lebt rund ein Viertel der Usamerikanischen Bevölkerung in Gegenden, in denen die über 21-Jährigen legal an Cannabis kommen. Auch Kanada hat Cannabis vor etwas mehr als einem Jahr legalisiert. Die kanadische Gesetzgebung sieht zwei Regulierungsebenen vor:

1. Die Produktion, die unter die Kontrolle der Bundesbehörden fällt;

2. Vertrieb und Verkauf, welche unter die Kontrolle der Provinzen fallen. Dabei haben sich bei der Regulierung bereits äusserst grosse Unterschiede zwischen den Provinzen ergeben. Die einen beschränken sich auf die Regulierung eines privaten Markts, während andere, etwa Quebec, ein nicht Gewinn orientiertes Staatsmonopol schaffen, das sich an gesundheitspolitischen Kriterien orientiert.

In Europa hat sich die Regierung von Luxemburg zwei Jahre gegeben, um Cannabis zu legalisieren und zu regulieren. Die Niederlande werden in mehreren Städten versuchs-weise eine Legalisierung der Cannabis-Produktion einführen. Bislang mussten sich die Coffeeshops auf dem Schwarzmarkt versorgen. In Lateinamerika erwägen die Regierungen von Mexiko und Kolumbien die Legalisierung und Regulierung von Cannabis. Damit würden sie Uruguay, dem ersten Land der Welt folgen, das diesen Schritt 2014 getan hat.

Erstmals seit einem halben Jahrhundert hat die UNO die Risiken von Cannabis einer wissenschaftlichen Prüfung unterzogen. Diese hat zur Empfehlung geführt, einerseits den Status von Cannabis zu ändern und seinen medizinischen Nutzen anzuerkennen, andererseits Cannabidiol (CBD) von den internationalen Drogenabkommen auszunehmen. Jetzt ist es an den Mitgliedsstaaten, diese Empfehlungen zu übernehmen und umzusetzen.

Schweiz: Cannabis auch hier

In der Schweiz besteht rund um die Möglichkeit, Cannabis zu therapeutischen Zwecken einfacher erhältlich zu machen, ein relativ breiter Konsens. Weniger eindeutig sieht es bei den Abgabeversuchen für Erwachsene aus, die von verschiedenen Städten und gewissen Kantonen gefordert werden. Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrats hat für den Gesetzesvorschlag des Bundesrats zusätzlich die Bestimmung beantragt, dass die Probanden die Teilnahme am Versuch ihrem Arbeitgeber respektive ihrer Ausbildungsstätte melden müssen. Dies hätte aber eine abschreckende Wirkung und würde die Versuche de facto undurchführbar machen. Danach folgte der Antrag, den Entwurf als Ganzes abzulehnen. Dieser Empfehlung leistete das Plenum aber nicht Folge.

Die Eidgenössische Kommission für Suchtfragen (EKSF) hat zu Cannabis neue Empfeh-lungen abgegeben. Wie schon die ehemalige Eidgenössische Kommission für Drogenfragen 1999 und 2008 empfiehlt auch die EKSF die Legalisierung von Cannabis mit einem strengeren, wirksameren Regulierungsmodell als demjenigen für Alkohol und Tabak. Überdies hat die EKSF zehn Jahre nach der letzten Revision das Betäubungsmittelgesetz einer Prüfung unterzogen und empfiehlt eine grundlegende Überarbeitung des Gesetzes oder aber seine Abschaffung zugunsten von einschlägigen Bestimmungen in anderen Gesetzestexten (Heilmittelgesetz, Lebensmittelgesetz usw.).

Bei Cannabis trägt überdies ein Bundesgerichtsentscheid zur weiteren Verwirrung bei der Anwendung des Betäubungsmittelgesetzes bei. Demnach soll der Besitz von weniger als zehn Gramm Cannabis bei Minderjährigen nicht mehr strafbar sein. Erwachsene, die Cannabis konsumieren, werden aber weiterhin gebüsst oder strafrechtlich verfolgt.

Bei einer Umfrage in der Schweizer Bevölkerung fiel lediglich ein Fünftel (19.9%) der Antworten zugunsten der geltenden Cannabisgesetzgebung aus. 18.7% wünschen einen restriktiveren Ansatz, während knapp 53% weniger Restriktionen möchten. 25.9% wollen eine Regulierung wie für Alkohol, 20.4% eine strengere Regulierung als Alkohol und 6.5% wollen lediglich den straffreien Konsum von Cannabis.

Eine Studie im Kanton Waadt liefert neue Kenntnisse zum illegalen Cannabis-Markt. So lässt sich in den Beschlagnahmungen der Polizei illegaler Cannabis nachweisen, der mit legalem CBdcannabis vermischt ist. Der Cannabis-Markt ist von allen illegalen Drogen der komplexeste, bestehen doch lokale Produktion und Import nebeneinander, aber auch überaus vielfältige Akteure, die von bisweilen gewalttätigen kriminellen Organisationen bis hin zum Hobby-Hanfbauern gehen. Aufgrund der Schätzungen für die Waadt kann davon ausgegangen werden, dass in der Schweiz jährlich rund 40 bis 60 Tonnen Cannabis konsumiert werden. Damit ist der Cannabis-Markt bei Weitem der grösste illegale Drogenmarkt, auch wenn der Umsatz zweifellos kleiner ist als für Kokain.

2020: erwartete Änderungen

Neben Cannabis für medizinische Zwecke stehen zwei weitere Themen auf der Traktandenliste des neu gewählten Parlaments:

Die wissenschaftlichen Versuche mit dem Cannabis-Verkauf an Erwachsene in gewissen Städten. Ist das Parlament bereit, den Versuch zu wagen, wie es etwa in der Waadt der Fall ist? Oder wird es sich dagegenstellen, möglicherweise indem es die Versuche undurchführbar macht? Angesichts der Entwicklungen im Ausland und der Empfehlungen von Fachleuten im Inland scheint es an der Zeit, dass auch unser Land vorwärts macht und eine Cannabis-Regulierung entwickelt, welche die Volksgesundheit, gerade die der Jüngsten, schützt und den Schwarzmarkt eingrenzt. Dabei muss insbesondere vermieden werden, dass ein legaler Markt entsteht, der unzureichend reguliert ist, wie dies in gewissen US-Bundesstaaten, aber auch bei uns mit dem CBdcannabis der Fall ist.

Das Postulat Rechsteiner, das eine Standortbestimmung für die schweizerische Drogenpolitik fordert. Dazu wurden im vergangenen Jahr bereits verschiedene Arbeiten ausgeführt, die zur Feststellung führen könnten, dass das aktuelle Betäubungsmittelgesetz (BetmG) unbefriedigend ist, gerade was Cannabis angeht, aber nicht nur. Am aktuellen Gesetz wird etwa der zu geringe Stellenwert der Schadensminderung bemängelt. Das
Postulat Rechsteiner könnte also dazu führen, dass das BetmG einer längst fälligen Revision unterzogen wird, die es nicht nur kohärenter machen, sondern auch den heutigen Herausforderungen anpassen würde.

Quelle: Text Stiftung Sucht Schweiz, 4. Februar 2020

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Alkohol, Tabak, illegale Drogen, Geldspiel, Medikamente, Internet

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