Schweizerische Eidgenossenschaft
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Die Schweizerische Nationalbank |
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Der Euro und die schweizerische Geldpolitik |
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Auszug aus dem Referat von Thomas J. Jordan , Präsident des Direktoriums der Schweizerischen Nationalbank, beim Europa Forum am 2. Mai 2016 in Luzern |
Die Geldpolitik zwischen fixen und flexiblen Wechselkursen
Die Schweiz hat sich im Jahr 1973, als das gegen Ende des Zweiten Weltkriegs in Bretton Woods geschaffene Festkurssystem zusammenbrach, grundsätzlich für flexible Wechselkurse entschieden. Der Entscheid hat sich langfristig als richtig herausgestellt. Fixe und flexible Wechselkurse haben jedoch beide ihre Vor- und Nachteile.
Fixe Wechselkurse haben den Nachteil, dass ein Land keine eigenständige Geldpolitik betreiben kann. Die Geldpolitik kann also nicht auf Preisstabilität im eigenen Land ausgerichtet werden; sie kann auch kaum auf die Konjunktur Rücksicht nehmen oder spezielle Umstände berücksichtigen, wie sie in Krisen häufig sind. Die Geldpolitik wird letztlich an die Zentralbank des Staates delegiert, an dessen Währung die eigene Währung gebunden wird. Dies führt auf längere Sicht zu vergleichsweise grossen Schwankungen der Produktion und der Inflation.
Flexible Wechselkurse schaffen die Voraussetzung dafür, dass ein Land eine eigenständige Geldpolitik betreiben kann. Sie haben jedoch den Nachteil, dass die Wechselkurse nicht nur nominal, sondern auch real stark schwanken können. Die Währung kann damit – mitunter auch über längere Zeiträume- stark über- oder unterbewertet sein.
Die Probleme fixer und flexibler Wechselkurse haben immer wieder dazu geführt, dass Zentralbanken nach Kompromissen Ausschau gehalten haben. So hat die Nationalbank seit dem Abschied vom Festkurssystem zweimal vorübergehend eine Wechselkursuntergrenze eingeführt, um die Aufwertung des Frankens zu stoppen: das erste Mal im Oktober 1978 gegen
über der Deutschen Mark und zuletzt im September 2011 als Mindestkurs gegenüber dem Euro.
Das Instrument des Mindestkurses
Mit der Ankündigung eines Mindestkurses verpflichtet sich eine Zentralbank, diese Wechselkursuntergrenze nötigenfalls mit Devisenkäufen durchzusetzen. Der Aufwertung der eigenen Währung soll also eine Grenze gesetzt werden. Die Idee des Mindestkurses besteht nicht darin, den Wechselkurs feinzusteuern. Vielmehr soll den Märkten in einer Phase extremer Verunsicherung eine Leitplanke gesetzt und eine übertriebene Aufwertung reduziert werden.
Der Mindestkurs ist indessen kein Instrument, das dauerhaft eingesetzt werden kann. Dies gilt insbesondere für ein Land wie die Schweiz, das im langfristigen Durchschnitt niedrigere Inflationsraten aufweist als die meisten anderen Länder und dessen Währung sich über die Jahrzehnte nicht nur nominal, sondern auch real kontinuierlich aufgewertet hat.
In normalen Zeiten reagiert eine Zentralbank auf eine starke, das Ziel der Preisstabilität gefährdende Aufwertung der eigenen Währung mit einer Senkung des Referenzzinssatzes. Die Reduktion der Zinsen macht Anlagen in der betreffenden Währung weniger attraktiv, so dass sich die Währung am Devisenmarkt abschwächt. Wenn die nominalen Zinssätze jedoch an ihre Untergrenze stossen, muss die Zentralbank unkonventionelle Massnahmen ergreifen, um eine unerwünschte Straffung der monetären Bedingungen zu vermeiden. Ein Mindestkurs ist eine solche unkonventionelle Massnahme.
Zusammengefasst ist ein Mindestkurs also in erster Linie als temporäres Instrument geeignet und das in Situationen, in denen die Devisenmärkte extrem verunsichert sind, die eigene Währung gegenüber den meisten Währungen stark überbewertet ist und die nominalen Zinssätze an ihrer Untergrenze liegen, so dass der Wechselkurs nicht mehr über eine Zinssenkung beeinflusst werden kann.
Der Euro
Die EU der wichtigste Aussenhandelspartner der Schweiz ist. Innerhalb der EU sind es wiederum vor allem die Länder der Eurozone, die für uns von besonderer Bedeutung sind. Die Ausfuhren in die Eurozone machten im Jahr 2015 rund 44% der gesamten Ausfuhren aus. Bei den Einfuhren war der entsprechende Anteil noch grösser. Zwar ist der Exportanteil seit dem Jahr 2000 um rund 10 Prozentpunkte gefal-len. Es findet also eine verstärkte Diversifikation unseres Aussenhandels vor allem in Richtung Schwellenländer statt. Die Euroländer bleiben aber zusammengenommen der weitaus grösste Abnehmer von Schweizer Produkten im Ausland .
Die besondere Bedeutung der Eurozone für den Schweizer Aussenhandel hat zur Folge, dass das Wechselkursverhältnis zum Euro eine wichtige Grösse ist, sowohl für unsere Wirtschaft als auch für die Geldpolitik der Nationalbank. Einerseits beeinflusst der Wechselkurs den Preis ausländischer Güter in der Schweiz und damit auch die am Landesindex der Konsumen-tenpreise gemessene Teuerung. Andererseits wirkt der Wechselkurs auf den Preis von Schweizer Gütern in der Eurozone, was sich über Produktions- und Beschäftigungseffekte ebenfalls in unserer Teuerung niederschlagen kann.
Daher ist natürlich auch die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) für die Schweiz von speziellem Interesse. Dies ist in den letzten Jahren erneut deutlich geworden. Auf der ei-nen Seite hat die expansive Geldpolitik der EZB die wirtschaftliche Erholung in der Eurozone gefördert und zum Zusammenhalt der Eurozone beigetragen. Das hat die Nachfrage nach Schweizer Produkten gestützt. Auf der anderen Seite hat die Abschwächung des Euros die Schweizer Produzenten gegenüber ihren europäischen Konkurrenten in eine schwierigere Lage gebracht und der Schweizer Geldpolitik Probleme bereitet.
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