Wenn Physikerinnen netzwerken Am 11. Februar 2020 wird der Internationale Tag der Frauen und Mädchen in der Wissenschaft begangen. An diesem Tag laden die Basler Physikerinnen zu einer Podiumsdiskussion mit Gästen aus Industrie und Forschung ein. Ziel ist es, Strategien für eine Erhöhung des Frauenanteils in den Wissenschaften zu diskutieren. Auf dem Programm stehen auch eine Ausstellung über berühmte Naturwissenschaftlerinnen und Vorführexperimente, um besonders Schülerinnen zu begeistern. Uni News hat im Vorfeld mit den beiden Initiatorinnen gesprochen. Angefangen hat alles beim Kaffee. Als einzige Professorinnen am Departement Physik der Universität Basel trafen sich Prof. Dr. Ilaria Zardo und Prof. Dr. Jelena Klinovaja regelmässig zu einem Erfahrungsaustausch. Bald entstand die Idee, alle Studentinnen und jungen Forscherinnen des Departements miteinzubeziehen. Geboren war das Frauennetzwerk in der Physik, das nun seit rund zwei Jahren aktiv ist und neben Lunch-Talks auch soziale Aktivitäten anbietet. Diese Gender-Initiative war dann auch integraler Bestandteil des bewilligten Antrags zum Nationalen Forschungsschwerpunkt (NFS) SPIN. Das im Aufbau befindliche Zentrum für Quantencomputing hat sich ein ambitioniertes Programm für Chancengleichheit auf die Fahnen geschrieben, das Frauen in den unterschiedlichsten Phasen ihrer akademischen Laufbahn unterstützen und fördern soll. Weniger als 30% Frauen Die Aktivitäten rund um den Internationalen Frauentag haben die beiden Professorinnen zusammen mit den Nachwuchsforscherinnen in der Physik entwickelt: «Wir möchten eine fachübergreifende Diskussion anstossen und darauf aufmerksam machen, dass Frauen noch immer eine Minderheit im akademischen Betrieb sind - weltweit sind weniger als 30% der Forschenden Frauen», sagt Ilaria Zardo. «Vor allem in den naturwissenschaftlichen und technischen Fächern wird sich dieses Problem zukünftig noch verschärfen, wenn wir hier nicht gezielt gegensteuern.» Zardo spricht davon, wie wichtig es für sie war, mit einer Doktormutter arbeiten zu können. Auf ihrem Schreibtisch steht ein Foto von ihrem Ehemann und den zwei Kindern. Die Familie sei für sie eine Selbstverständlichkeit, und doch sei ihr bewusst, dass viele junge Frauen im Zweifel über eine mögliche Karriere sind. Die Frage einer Schülerin «Wie ist es möglich, gleichzeitig Professorin und Mutter zu sein?» habe sie schockiert, aber auch motiviert: «Ich denke, niemand würde einen Mann fragen, ob er zugleich Professor und Vater sein kann.» Was es braucht: Mehr Vorbilder Auch Jelena Klinovaja findet, dass es noch zu wenig Vorbilder gibt. Mit 32 Jahren ist sie die jüngste Associate Professorin an der Universität Basel und weiss aus eigener Erfahrung, wie nervenaufreibend es sein kann, zugleich jung und in der Minderheit zu sein. Daher sind die Lunch-Talks auch von grossem persönlichen Interesse für sie: «Ich habe diese Form des ungezwungenen Austauschs während meiner Postdoc-Zeit in Harvard kennengelernt», so Klinovaja. «Auch in Basel laden wir gezielt Frauen aus unterschiedlichen Bereichen ein - also nicht nur aus der Forschung, sondern auch aus Wirtschaft und Industrie. Es ist inspirierend zu sehen, wie jede Einzelne über Erfolge und Herausforderungen spricht. Ausserdem schafft das ein Bewusstsein dafür, dass wir alle unsere eigene Geschichte und unseren ganz eigenen Charakter mitbringen.» Direkte, aktive Diskriminierung hätten sie nicht erfahren, sagen die beiden. Die Zusammenarbeit am Departement Physik sei sehr kollegial. Gleichwohl sei der Weg in die Wissenschaft nicht immer einfach gewesen. Kommentare wie «Ein Mann hätte sich hier aber anders verhalten» sind beiden Frauen bekannt. «In einem männlich dominierten Umfeld muss man auf solche Situationen vorbereitet sein», so Zardo. Dennoch sei es für sie nie in Frage gekommen, sich an die männliche Kultur anzupassen. «Man kann sich schnell daran gewöhnen und die dortigen Führungsmuster übernehmen. Doch ich habe mich dem bewusst widersetzt und finde es enorm wichtig, dass wir auch in diesem Sinn als Vorbilder für eine weibliche Führungskultur dienen.» «Beide Preise gewonnen» Auch Klinovaja hat sich schon früh durchgesetzt. Während ihrer Schulzeit nahm sie regelmässig an Olympiaden im Bereich Mathematik und Physik teil. Üblicherweise gab es damals jeweils einen Preis für das beste Resultat und für das beste Mädchen. «Und dann habe ich beide Preise gewonnen, und das war irgendwie seltsam», erinnert sie sich mit einem Schmunzeln. «Das hatten die Veranstalter offenbar nicht so geplant.»
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