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Vulkan Soufrière Hills Jede Schicht eine Naturkatastrophe 2013
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Vulkan Soufrière Hills auf der Karibikinsel Montserrat

Jede Schicht eine Naturkatastrophe - 3D-Analyse von vulkanischen Ablagerungen

Seit 1995 ist der Vulkan Soufrière Hills auf der Karibikinsel Montserrat beinahe ununterbrochen aktiv. Immer wieder fliessen dort Pyroklastische Ströme ins Meer, mehrmals rutschten sogar ganze Hänge in die Küstengewässer. Vom britischen Forschungsschiff RRS JAMES COOK aus untersuchten im Jahr 2010 Geophysiker des GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel diese Ablagerungen erstmals mit einem neu entwickelten 3D-Seismik-System. Die Ergebnisse der Analysen präsentieren sie jetzt zusammen mit britischen Kollegen in mehreren internationalen Fachzeitschriften.

Eine komplette Stadt versunken in Vulkanasche - bei diesem Bild denken vielen Menschen zunächst an das antike Pompeji. Doch auch in der jüngsten Vergangenheit haben Vulkane Menschen aus ihren Häusern vertrieben und ganze Städte verschüttet. Ein Beispiel ist die Hafenstadt Plymouth auf der Karibikinsel Montserrat. 1995 brach der im Zentrum der Insel gelegene Vulkan Soufrière Hills nach einer rund 300-jährigen Ruhephase aus. In den folgenden zwei Jahren ergossen sich mehrmals Pyroklastische Ströme, 500 Grad Celsius heisse und bis zu 100 km/h schnelle Glut- und Aschelawinen, über die Stadt und ihre Umgebung. 1997 gaben die Behörden Plymouth endgültig auf. Die gesamte Südhälfte der Insel Montserrat ist seitdem Sperrgebiet. Der Soufrière Hills ist bis heute sehr aktiv.

Diese lang anhaltende Folge von Eruptionen bietet Wissenschaftlern aber auch die Chance, mehr über das Verhalten von Vulkanen und daraus resultierende Gefahren zu lernen. Diesem Ziel diente beispielsweise eine Expedition des britischen Forschungsschiffs RRS JAMES COOK im Mai 2010. In ihrem Verlauf wurden vulkanische Ablagerungen vor der Ostküste der Insel kartiert. Einige dieser Ablagerungen sind während der jüngsten Ausbruchsphase entstanden, andere schon vor mehreren tausend Jahren.

Bei der Kartierung kam erstmal für derartige Untersuchungen das am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel weiterentwickelte P-Cable Seismik System zum Einsatz. Es kann hoch aufgelöste, dreidimensionale Abbilder des Untergrunds erstellen.

Speziell dazu war ein Geophysiker-Team des GEOMAR unter Leitung von Prof. Dr. Christian Berndt auf der JAMES COOK eingeschifft. Die Ergebnisse der Vermessungen präsentieren die Kieler Forscher jetzt gemeinsam mit ihren britischen Kollegen in einer Reihe von Publikationen, die seit Jahresbeginn in mehreren internationalen Fachzeitschriften erschienen sind. Dank der 3D-Technik konnten wir ein deutlich besseres Verständnis davon entwickeln, wie sich vulkanisches Material im Meer ablagert und welche Prozesse sich dabei abspielen", fasst Professor Berndt die Einzelanalysen zusammen.

Die Kenntnis dieser Prozesse ist für die Gefahrenabschätzung überaus wichtig. Denn Vulkane bedrohen Menschen nicht nur, wenn sie ihr Material direkt über bewohntem Gebiet abladen. Im Laufe seine Existenz sind immer wieder Teile des Soufrière Hills abgebrochen und im Osten und Süden der Insel ins Meer gerutscht. Einige der älteren Erdrutsche hatten ein Volumen von über fünf Kubikkilometern und bewegten sich mehr als zehn Kilometer weit ins Meer. Sie erzeugten höchstwahrscheinlich auch Tsunamis", erklärt Professor Berndt. Doch selbst kleinere vulkanische Hangrutschungen haben das Potential Tsunamis zu generieren. So löste ein Pyroklastischer Strom, der in Folge eines teilweisen Kollapses des Vulkangipfels entstand, im Jahr 2003 einen Tsunami aus, der an der Ostküste Montserrats 15 Meter erreichte und auf der Nachbarinsel immerhin noch einen Meter hoch war und einige Fischerboote zerstörte.

Mit Hilfe der 3D-Seismik konnten die Kieler Forscher nun die verschiedenartigen Ablagerungen am Meeresboden und ihre zeitliche Reihenfolge deutlicher voneinander trennen, als das mit bisherigen Methoden möglich gewesen wäre. Ausserdem konnten sie die Grenzschichten zwischen den einzelnen Ablagerungen und dem Meeresboden genau betrachten. Überrascht hat uns zum Beispiel, dass Pyroklastische Ströme, die bis ins Meer gelangt sind, den Untergrund dort kaum erodiert haben. Das ist ein deutlich anderes Verhalten, als wir es an Land kennen", erklärt der Geophysiker Jens Karstens vom GEOMAR. Im Gegenteil hierzu können die grossen Hangrutschungen höchst erosiv sein, was möglicherweise zu einer schnelleren Abbremsung und somit geringeren Tsunamihöhen als bisher angenommen führen könnte", ergänzt sein Kollege Dr. Gareth Crutchley.

Die Einzelerkenntnisse, die die Forscher über das Verhalten vulkanischer Ablagerungen im Meer gewonnen haben, helfen nicht nur die Geschichte des Soufrière Hills besser zu entschlüsseln. Mit unseren 3D-Daten können wir auch geologische Computermodelle eichen, mit denen man in Zukunft das Gefahrenpotential von Inselvulkanen besser abschätzen kann", erklärt der Leiter der Arbeitsgruppe Professor Berndt. So gesehen hat sich unser Seismik-System als sinnvolles Werkzeug der Vulkanforschung bewährt".

Originalarbeiten:

Crutchley, G.J., J. Karstens, C. Berndt, P.J. Talling, S.F.L. Watt, M.E. Vardy, V. Hühnerbach, M. Urlaub, S. Sarkar, D. Klaeschen, M. Paulatto, A. Le Friant, E. Lebas, F. Maeno (2013): Insights into the emplacement dynamics of volcanic landslides from high-resolution 3D seismic data acquired offshore Montserrat, Lesser Antilles. Marine Geology, Vol. 335, http://dx.doi.org/10.1016/j.margeo.2012.10.004

Karstens, J., G.J. Crutchley, C. Berndt, P.J. Talling, S.F.L. Watt, V. Hühnerbach, A. Le Friant, E. Lebas, J. Trofimovs (2013): Emplacement of pyroclastic deposits offshore Montserrat: Insights from 3D seismic data. Journal of Volcanology and Geothermal Research, Vol. 257, http://dx.doi.org/10.1016/j.jvolgeores.2013.03.004

Quelle: Text GEOMAR, Mai 2013

Wissenschaftler vermuten, dass es in der Vergangenheit Glutwolken gab, welche mit Geschwindgikeiten bis zu 1'000 km/h die Vulkanflanken hinunter schossen.

Pyroklastische Ströme entstehen, wenn heisse Gase im Magma eingeschlossen werden und sich am Ende des Vulkanschlots eine mehrere Dutzend Meter hohe Wölbung, den Lavadom, bildet. Die Gas durchsetzte Lavamasse fliesst nach einer Expolsion des Lavadoms rasen schnell talwärts.

Pyroklastisch setzt sich aus den beiden griechischen Wörtern «Pyr» und «klastos» zusammen. «Pyr» heisst «Feuer» und «klastos» bedeutet «zerbochen».

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